"Nichts kann die Phantasie ersetzen"

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"Mr. Heyn" Helmut Zechner über die Zukunft der Bücher und seine vorübergehende Unlust am Lesen.

INNENSTADT. "Bücher wird es ewig geben. Aber vielleicht nicht mehr so viele Menschen, die sie lesen können." Solche Sätze tauchen gerne im Gespräch mit Helmut Zechner auf. Die WOCHE bat ihn einen Steinwurf von seiner Buchhandlung Heyn entfernt, im Landhauspark, zum Sommergespräch.

Diese Frage muss sein: Was lesen Sie gerade?
Helmut Zechner: Ich durfte vorab "Gebete für die Vermissten" lesen, das neue Buch von Jennifer Clement, das im September erscheinen wird. Es ist ein Hammer. Eine unglaubliche Geschichte und man möchte nicht eine Sekunde lang mit den Protagonisten tauschen.

Und Ihre Buchtipps für den Sommer?
"Funny Girl" von Anthony McCarten ist leicht zu lesen, aber handwerklich wirklich ausgezeichnet. Und Krimis gehen im Sommer sowieso immer. Ich empfehle "Krähenmädchen" von Erik Axl Sund. Unglaublich spannend, definitiv nichts für Leute, die zu Alpträumen neigen.

Das kommt wirklich wie aus der Pistole geschossen. Hatten Sie diese Begeisterung für Bücher schon immer?
Eigentlich schon - allerdings mit einer Unterbrechung während meiner Schulzeit. Ich hatte einen Lehrer, der mir das Lesen ziemlich verdorben hat - damals hatte ich es mir echt abgewöhnt. Schuld daran war die Zwangslektüre. Meiner Meinung nach sollte man als Deutschlehrer zeigen, dass es Spaß macht, ein Buch zu lesen - auch, wenn man es für den Unterricht lesen muss. Goethe, Schiller und Fontane in Ehren - aber wenn man das in der Schule durchdrückt, ist es klar, dass den Schülern die Lust am Lesen vergeht.

Bessert sich das mit der Zeit?
Das ist vielleicht ein Wunschdenken von mir - aber ich habe schon den Eindruck, dass sich hier etwas tut. Es kommen immer mehr Deutschlehrer und fragen nach modernen und lesbaren Büchern für ihre Schüler. Der Zusatz "lesbar" ist hier besonders wichtig. Auch Elfriede Jelinek ist modern und sie hat auch nicht umsonst den Literaturnobelpreis bekommen. Aber wenn man mit 16, 17 die Klavierspielerin lesen muss, kann ich verstehen, dass das keine Freude macht.

Als Lehrer kann man also viel dazu beitragen, um Kindern und Jugendlichen das Lesen schmackhaft zu machen?
Als Lehrer ist man trotzdem oft auf verlorenem Posten. Kinder müssen es schon zu Hause mitbekommen, dass Lesen eine tolle Freizeitbeschäftigung ist. Wenn sie das nicht von den Eltern vorgelebt bekommen, wenn sie nicht genug vorgelesen bekommen, dann werden sie sich später auch nicht für Bücher interessieren. Vielmehr als die Kinder sollten die Eltern Leseförderung bekommen.

Ist die Konkurrenz durch Computer und Fernsehen nicht zu groß?
Fünf- und sechsjährige Kinder lesen heute noch immer genau so gern, wie es die Kinder in den Siebzigern getan haben. Die Frage ist dann halt, wie das weitergeht. Das hängt natürlich vom passenden Angebot ab. In diesem Zusammenhang müsste man übrigens Joanne K. Rowling einen Literaturnobelpreis verleihen. Sie hat mit Harry Potter Millionen Kinder auf der ganzen Welt zum Lesen gebracht - sie hat Bücher für sie wieder interessant gemacht.

Sie sehen also nicht generell schwarz, was das Lesen in Zukunft angeht?
Nein - aber es macht sich schon ein bedenklicher Trend bemerkbar. Das Buch "Digitale Demenz" von Manfred Spitzer zeigt das gut auf - die massenhafte Nutzung von Smartphones und Computern verblödet die Menschheit. Wir fahren momentan mit 180 genau auf die Wand zu. Und man hat keinen Plan, wie man stoppen soll. Jetzt wird bei uns das Handyverbot in Schulen diskutiert - wieso eiert man hier so herum und setzt das nicht einfach durch?

Fürchten Sie um die Zukunft des Buches?
Bücher wird es noch tausende Jahre geben - ich glaube sogar, ewig. Der E-Book-Sektor wird stärker, ich schätze, dass E-Books in fünf Jahren einen Marktanteil von rund 15 Prozent haben werden. Aber ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass das Buch ganz ausstirbt. Ja, es gibt eine Konkurrenz - auch durch die virtuelle Welt. Aber das kann niemals ein Buch ersetzen. Das Abenteuer im Kopf, die Phantasie, kann nichts ersetzen. Doch es wird weniger Leute geben, die auch wirklich lesen können.

So schlimm?
Es deutet vieles darauf hin. In den USA wurde in 46 von 52 Bundesstaaten die Schreibschrift in Schulen abgeschafft. Dabei ist erwiesen, dass es sich schon sehr schlecht auf die Merkfähigkeit auswirkt, wenn man allein in Blockschrift statt in Schreibschrift schreibt. Hier müsste der Staat eingreifen - womit wir wieder bei der Bildung wären.

Was sollte passieren?
Als erstes sollten die Verantwortlichen "Digitale Demenz" von Spitzer und "Der talentierte Schüler und seine Feinde" von Andreas Salcher lesen und ihre Schlüsse daraus ziehen. Im Bildungswesen wird seit Jahrzehnten über eine Reform geredet. Das Bildungssystem ist veraltet und ineffizient. Hier müsste etwas ganz Entscheidendes passieren: Bei der Lehrerausbildung sollte viel mehr Wert darauf gelegt werden, ob jemand überhaupt dazu geeignet ist, mit Kindern umzugehen. Ich kann es echt verstehen, dass nicht jeder damit umgehen kann. Auch wenn ich an meine Schulzeit denke - ich hätte mich selbst auch nicht gern als Schüler. Aber am bravsten war ich bei den Lehrern, die mich für ihr Fach begeistern konnten.

Also Leute mit Begeisterung?
Ja - womit wir wieder bei den Deutschlehrern wären. Es kommt unerfreulich oft vor, dass Deutschlehrer nicht gerne lesen - dabei wäre das doch eine Grundvoraussetzung.

Zurück zur Buchhandlung Heyn. Wie geht's den Katzen?
Denen geht es prächtig! Sie sind nicht mehr aus dem Geschäft wegzudenken. Sie wachsen und gedeihen, sie lassen sich von den Kunden streicheln, streifen im Geschäft herum - oder lassen sich bei mir im Büro auf die Computertastatur fallen.

Aber auch abseits davon wird beim Heyn ein ungewöhnliches Programm gefahren. Wie sieht das demnächst aus?
Momentan haben wir Sommerpause, wir haben aber Vorlesestunden für Kinder. Ab September haben wir wieder ein pappevolles Programm. Egyd Gstättner und Erhard Busek stellen ihre neuen Bücher vor - die Lesungen von Martin Walker sowie Gisela Hopfmüller und Franz Hlavac werden auch kulinarisch umrahmt - da werde ich wieder in der Küche stehen.

Das Kochen ist eine große Leidenschaft von Ihnen?
Sagen wir so: Sollten die Bücher tatsächlich von heute auf morgen aussterben, würde ich Koch werden. Ich mache das einfach so gerne - ich hatte sogar schon einmal ein Angebot, ein kleines Lokal in Klagenfurt zu übernehmen. Aber das wäre sich zeitlich nie ausgegangen. Aber das war ja ganz gut: Jetzt kann ich kochen - und ich muss es nicht tun.

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