Trotz Engpass: Keiner wird hier abgewiesen

(ao). Lokalaugenschein, Montag, 20 Uhr: Die „Juno“ im Hilde-Schärf-Heim ist schon zum Bersten voll. Zwei Mitarbeiterinnen, ein Zivi, ein Praktikant und ein Mathestudent, der soziale Arbeit schnuppern will, machen Dienst. Jugendliche drücken sich den Gang am Betreuerzimmer vorbei. Manche grüßen, andere verschwinden gleich in einem der Zimmer. Alles alte Bekannte, derzeit kein Neuzugang.
13 Betten, zwei Notbetten und eine Couch sind belegt. Noch ein Klingeln: Ein Bursche grüßt und fragt, ob noch ein Schlafplatz frei wäre. Er sei schon vor Tagen „aus der Wohnung geflogen“ und habe „seither bei Freunden gepennt“.
„Eigentlich ist keines der Betten in den Schlafräumen mehr frei, aber in Tagen wie diesen wollen wir niemanden abweisen“, antwortet Juno-Vollzeit-Betreuerin Sybille Spiess.

Tabu: Gewalt, Drogen und Co.
Wo das letzte Notbett aufgestellt wird, ist für die Betreuerin eine logistische Fragestellung, denn manche Gäste brauchen nicht nur Einzelbetreuung, sondern auch ein Einzelzimmer, wie unter anderem das blaue Auge von Benjamin (17) dokumentiert. „In der Juno werden Jugendliche zwischen 12 und 21 Jahren in jeglicher Verfassung und Notlage für maximal 20 Tage pro Monat aufgenommen – Gewalt, Drogen und Alkohol im Haus sind tabu“, erzählt Spiess.
Die vom Verein „Just“ geführte Juno logiert derzeit im ehemaligen Volksheim. Für jeden Neuzugang wird ein Datenblatt ausgefüllt. Bei Minderjährigen müssen die Erziehungsberechtigten oder das Jugendamt verständigt werden und bei der Polizei wird nachgefragt, ob es eine Vermisstenmeldung gibt.

Abhauen und rauswerfen
Die Gründe für die vorübergehende oder oft auch langfristige Obdach- und Obsorgelosigkeit der Kids reichen laut Spiess von „schwerwiegenden Sucht-, Gewalt- und Missbrauchsproblemen der (Stief)Eltern bis zu gescheiterten Heimunterbringungen. Manche sind abgehauen, andere wurden hinausgeworfen und wissen nun nicht wohin.“

Schwere Kindheit mit Folgen
Wie zum Beispiel David (19), der von klein auf in Heimen aufgewachsen ist und mit der Freiheit ab Erreichung der Volljährigkeit, wie so viele, nicht alleine zurechtkommt. Lehrstelle verloren, Wohnung verloren und keine helfenden Hände. Oder der Kosovo-Albaner Duli (18), der die Hinrichtung seines Vaters im Kosovo miterleben musste, von der Mutter verlassen wurde und vor dem gewalttätigen Onkel in Wien geflüchtet ist – Endstation Juno.
Die Mitarbeiter helfen neue Jobs zu suchen. Deshalb gibt es in der 2006 aus einem Projekt der Fachhochschule für Soziale Arbeit in Feldkirchen entstandenen Einrichtung nicht nur Schlafplätze, Fernseher, Brote aus dem Vinzi-Bus, manchmal auch Pizza aus der Küche, sondern neuerdings auch ein Freizeitprogramm am Vormittag von FH-Studenten.

Kleine Wunschliste
1.600 Nächtigungen verzeichnet die Juno jährlich, drei Viertel davon sind Burschen. Wer helfen will: Hotelbettwäsche, Pizzen und Fast Food-Spenden stehen ganz oben auf der Juno- Wunschliste.

Zur Sache:

Adresse: Juno Jugendnotschlafstelle, Platzgasse 18,
% 0650 980 93 43

Träger: Verein JUST Vorsitz, FH Feldkirchen

Geöffnet: Täglich 19 bis 23 Uhr

Schlafplätze: 13 + 3 Notbetten

Adressaten: Obdachlose Jugendliche von 12 bis 21

Andrea Orgonyi
Fotos: Orgonyi