Gewaltprävention
"Viele Gefährder verharmlosen ihre Tat"

Sensibilisierung durch Präventionsarbeit führt dazu, dass von Gewalt Betroffene sich früher Hilfe holen. | Foto: stock.adobe.com/sebra
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  • Sensibilisierung durch Präventionsarbeit führt dazu, dass von Gewalt Betroffene sich früher Hilfe holen.
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Seit beinahe einem Jahr ist das Gewaltpräventionsprogramm in Kraft. Seitdem müssen Gefährder eine sechsstündige Beratung zur Gewaltprävention bei der Caritas absolvieren. 

KÄRNTEN. Seit 1. September 2021 müssen Männer oder Frauen, gegen die ein Betretungs- und Annäherungsverbot ausgesprochen wurde, eine sechsstündige Beratung absolvieren. In Kärnten wird diese über die Caritas in Klagenfurt und Villach angeboten. "Die Gefährder – es sind zu 90 Prozent Männer – müssen sich spätestens fünf Tage nach Ausspruch des Betretungsverbots bei uns melden und innerhalb von 14 Tagen eine Erstberatung absolvieren. Bei der verpflichtenden Beratung geht es darum, ihnen die Konsequenzen ihrer Gewalthandlungen vor Augen zu führen", schildert Männerberater Karlheinz Weidinger. Denn oft übernehmen die Männer keine Verantwortung dafür. "Viele Männer kommen mit Verharmlosungen oder mit Schuldzuweisungen. Sie sehen die Schuld nicht bei sich, sondern bei der Frau oder beim Alkohol oder bei sonstigen Umständen. Ein Drittel ist aber gut ansprechbar."

Verhaltensstrategien

Ziel der sechsstündige Beratung zur Gewaltprävention ist, dass die Gefährder nicht nur die Verantwortung für ihr eigenes Handeln übernehmen, sondern auch lernen, anders mit Konflikten umzugehen, betont Weidinger: "Es geht darum, sich mit dem Übergriff auseinanderzusetzen und zu schauen, was der Mann verändern kann, wenn er in Zukunft wieder in eine ähnliche Situation kommt. Wir erarbeiten mit den Betroffenen Verhaltensstrategien." Die sechs Stunden Beratung sind lediglich ein erster Schritt, räumt der Männerberater ein. Da aber die meisten Männer noch nie in einer Beratung waren, gebe es zumindest die Chance, dass sie ihr Verhalten hinterfragen. "Letztlich kann man nur etwas verändern, wenn man die Verantwortung übernimmt und schaut, was man anders machen kann."

Hilfe für Betroffene

In Kärnten nimmt häusliche Gewalt langsam, aber stetig zu. Hilfe bekommen Betroffene im Gewaltschutzzentrum Kärnten. Wir haben mit Juristin Margot Moser-Lechner über mögliche Gründe für den stetigen Gewaltanstieg, ihre Arbeit und das neue Gewaltpräventionsprogramm gesprochen.

MeinBezirk: Das Gewaltschutzzentrum dient als Anlaufstelle für Opfer von häuslicher und sexueller Gewalt sowie von Stalking. Wie helfen Sie Betroffenen, wenn etwa bei einem Polizeieinsatz ein Betretungs- und Annäherungsverbot ausgesprochen wird?
Margot Moser-Lechner: Wenn wir ein Betretungsverbot von der Polizei bekommen, nehmen wir mit den Opfern Kontakt auf und bieten unsere Hilfe an. Die Beratung ist immer kostenlos, wir haben auch ein sehr hohes Maß an Verschwiegenheit. Das Betretungsverbot gilt 14 Tage und ist mit einem Annäherungsverbot verbunden. Man kann es aber bei Gericht verlängern lassen und bei diesem Antrag unterstützen wir die Betroffenen ebenfalls, wenn sie das wünschen. Wir begleiten auch zur Polizei bei einer Anzeigenerstattung oder zu Gericht, wenn es zu einem Strafverfahren kommt.

Eine von fünf Frauen ist von häuslicher Gewalt betroffen. Viele rufen nicht die Polizei, sondern wenden sich an euch. Wie geht Ihr Team dann vor?
Wir schauen uns jeden Einzelfall individuell an. Wir erstellen mit jeder Person, die zu uns in die Beratung kommt, eine Gefährdungseinschätzung und einen Sicherheitsplan. Die Entscheidung, in welche Richtung weitere Schritte gesetzt werden, treffen die betroffenen Personen selbst. Wenn eine akute Gewaltsituation vorliegt, dann raten wir aber auch, in dieser Situation die Polizei zu rufen, weil nur die Polizei in dem Moment die Gewalt unterbrechen kann.

Im ersten Halbjahr 2021 wurden kärntenweit 378 Betretungsverbote verhängt, im gleichen Zeitraum dieses Jahres waren es 419. Nimmt häusliche Gewalt stetig zu?
Gewalt an Frauen hat es immer gegeben. Ich denke, dass sich Frauen jetzt oft zu einem früheren Zeitpunkt trauen, Hilfe zu suchen und Schritte zu setzen, dass sie vielleicht sogar früher die Polizei rufen. Daher machen wir viel Öffentlichkeitsarbeit, damit bekannt wird, dass man sich bei uns melden kann. Betroffene bekommen innerhalb weniger Tage einen persönlichen Termin in Klagenfurt oder, wenn es notwendig ist, auch sofort eine telefonische Beratung.

Laut dem neuen Gewaltpräventionsprogramm müssen Menschen, gegen die ein Betretungsverbot ausgesprochen wurde, eine sechsstündige Beratung absolvieren. Macht das Sinn?
Die verpflichtenden Beratungen zur Gewaltprävention sind ein erster Schritt. Aber es ist wichtig, dass die Gefährder einmal Verantwortung für ihr Tun übernehmen. Wenn die Bereitschaft dazu da ist, kann man daran anknüpfen. Die Beratungsstelle für Gewaltprävention der Caritas bemüht sich dann ja auch, ein weiterführendes Angebot zu richten, zum Beispiel, dass sie dann zur Männerberatung gehen.

Gibt es Vorschläge, wie man häusliche Gewalt besser eindämmen könnte?
Das Gewaltschutzgesetz funktioniert ganz gut. Was es natürlich braucht, ist eine gesellschaftliche Änderung. Es muss weg von den patriarchalen Machtstrukturen, weg vom Besitzdenken, hin zu einem gemeinschaftlichen Verständnis. Wichtig wäre, dass es bald Gewaltambulanzen und gute gynäkologische Sachverständige in Kärnten gibt, damit auch eine gute Beweissicherung erfolgen kann, wenn etwas passiert.

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