Alte Ansichten
Von Schrotkugeln und Automobilen
Man geht davon aus, das Klagenfurt in Sachen Industrie nicht viel aufzuweisen hat, das ist aber nicht richtig, Klagenfurt hat(te) einige innovative und kreative Unternehmer.
Im Allgemeinen geht man davon aus, dass Klagenfurt als „Gartenstadt am Wörthersee“ gilt und anders als beispielsweise Graz oder Link keine Industriegeschichte aufzuweisen hat. Das stimmt nur bedingt, denn auch in der Landeshauptstadt findet man innovative und kreative Unternehmer, die mit ihren interessanten Produkten die Zeit prägten. Viele Betriebe bestanden sogar über mehrere Jahrhunderte und wurden teilweise auch erst in den letzten 30 Jahren geschlossen oder aufgekauft. „Bunt und vielfältig ist die industrielle und wirtschaftliche Geschichte der Landeshauptstadt. Wenn sich auch keine großen Industrieanlagen etablieren konnten – was wegen der herrschenden Inversionswetterlage im Winter ohnehin ein Segen ist – so waren es doch immer wieder punktuelle Aktivitäten von innovativen Geistern, die in Klagenfurt Wertschöpfung und Arbeitsplätze schufen. Vieles ist längst Geschichte, andere klingende Namen, vor allem im Bereich des Handels, sind aber schon über Generationen für alle Klagenfurter ein Begriff“, so Johannes Lebitsch von den Nostalgiebahnen Kärnten.
Erster Industrieller
Jener war Freiherr Johann Michael von Herbert, der ab ca. 1750 in Klagenfurt diverse Unternehmungen aufbaute. Nicht von Erfolg gekrönt waren seine ersten Versuche mit einer Weberei bzw. einer Fabrik für Schiffstaue. Erst um 1762 wurde er mit der Produktion von Bleiweiss, als wichtiger Bestandteil von Farben, weit über die Grenzen des Landes hinaus bekannt. Um genügend Verpackungsmaterial für das Bleiweiss zu haben, kaufte er bald auch eine Papiermühle mit der er seine eigenen Papiersäcke herstellte. Im Jahr 1765 besuchte Kaiserin Maria Theresia seine Fabrik, die an der Kreuzung der heutigen Radetzkystraße stand und erhob den Industriellen in den Freiherrenstand. Obwohl er aus zwei Ehen 31 Kinder hatte, starb die Familie noch im 19. Jahrhundert aus.
Schrotkugelerzeugung
Am Wörtherseeufer erbaute Johnann Ritter von Rainer, die noch heute sichtbare Industrieanlage zur Erzeugung von Strotkugeln, die im Volksmund als Schrottenburg bekannt ist. Hier wurde kochendes Blei von der Spitze des Turms nach unten geschüttet, fiel durch verschieden große Siebe und die Bleitropfen landeten in einem Wasserbecken, wo sie schließlich aushärteten. Erzherzog Franz Ferdinand schwor auf Schrot aus Klagenfurt und erlegte damit viele seiner mehr als 500.000 geschossenen Wildtiere. Ebenfalls der Metallverarbeitung widmete sich die Fabrik von Ludwig Moschner, die um 1870 in der Nähe des Klagenfurter Hauptbahnhofes zu finden war. Hier wurden unter anderem Eisenbahnbrücken und Fahrzeugrahmen hergestellt. Über 70 Jahre lang bestand das Werk, bis es im zweiten Weltkrieg durch Bomben zerstört wurde.
Automobilfabrik
In der Villacher Straße, nahe dem Lendkanal hatte der Wagner und Schmied Thomas Bohrer um 1870 seine Werkstätte. Sein Sohn Alfred besuchte im Jahr 1900 die Weltausstellung in Paris und war fasziniert von einem neuen Fortbewegungsmittel, dem Automobil. Er konnte seinen Vater dazu überreden eine eigene „Automobilfabrik“ mit dem Modell „Bohrer“ in Klagenfurt einzurichten, den Motor für den Prototypen, einen Einzylindermotor, hatte er bereits aus Paris mitgebracht. Der Rahmen des Prototyps war aus Eschenholz, das Fahrzeug hatte zwei Gänge und vier PS. Trotzdem konnte sich der Wagen bei Probefahrten über den Loibl- und Wurzenpass gut bewähren. Nach mehrmaliger Adaptierung erreichte der Wagen schließlich Serienreife. Da es zur damaligen Zeit aber noch ein großes Misstrauen gegen diese „neuen Fortbewegungsmittel“ gab, wurde die Produktion des „Bohrers“ nach dem achten Exemplar eingestellt. Der Wagen erhielt das Kennzeichen „F 6“, was darauf hingewiesen hat, dass es das sechste Automobil im Herzogtum Kärnten war. Es war bis nach dem zweiten Weltkrieg in Verwendung. „Dann wurde er auf einem Tennboden vergessen, wo ihn Mitglieder der ‚Nostalgiebahnen in Kärnten“ fanden. Gemeinsam mit den Erben der Familie Bohrer wurde das Fahrzeug aufwändig restauriert und befindet sich heute im betriebsfähigen Zustand im Technikmuseum Historama in Ferlach“, schließt Johannes Lebitsch.
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