Wenn das Kind vor den Eltern geht
Eine Fehlgeburt, ein Unfall, eine Krankheit oder die Entscheidung freiwillig aus dem Leben zu scheiden - innerhalb von Sekunden ändert sich damit das Leben der Angehörigen und Zurückgebliebenen. Astrid Panger will mit der "Plattform verwaister Eltern" Mut zu einem neuen, aber anderen Leben machen.
"Das Leben geht weiter", solche Sätze kann und will Astrid Pranger nicht mehr hören, denn mit dem Moment, wo die Nachricht vom Tod überbracht wird, ist nichts mehr so wie vorher. "Die Eltern gehen normalerweise ihren Kindern voraus. Es ist das schlimmste was passieren kann, wenn man das Kind früher verliert", schildert Panger aus ihrer Erfahrung mit den trauernden Eltern, die meist daran zu scheitern drohen und ihr ganzes Dasein in Frage stellen.
Leben zu lernen
Vor vier Jahren wurde schließlich die "Plattform verwaister Eltern" gegründet, die Eltern und Angehörigen rasche und effiziente Hilfe anbietet. Es dauert einige Tage, Wochen oder Monate bis die Eltern und Familienmitglieder die Tragweite der Tragödie erkennen, bis dahin gibt es nur das "funktionieren" und der Versuch den Alltag zu bewältigen. "Man kann verwaiste Eltern nicht vertrösten" und daher sind Floskeln wie ,Zeit heilt Wunden' unangebracht, weil das überhaupt nicht stimmt. Mit dem Tod des Kindes kann man Leben lernen anfangen - bewältigen wird man es nie", macht Panger, die Leiterin der Plattform, auf die Narbe des Lebens aufmerksam.
Schweigen ist falscher Zugang
Wer kennt die Situation nicht - man begegnet der Mutter oder dem Vater, die um ihr Kind trauern und wechselt die Straßenseite und neigt den Kopf ohne ein Wort zu verlieren. Schließlich will man auch nichts falschen sagen und schon gar nichts falsches machen. Doch die Klagenfurterin, die selbst Mutter zweier Söhne ist, sagt, dass Schweigen, genau der falsche Zugang ist: "Die Eltern stehen mit dem Tod alleine da und hinzu kommt es, dass sich Freunde und Bekannte von ihnen abwenden. Es reicht, wenn man sagt, dass man sprachlos oder erschüttert ist. Nichts zu sagen tun viel mehr weh."
Ein Expertenteam, das aus Psychologen, Therapeuten, Mitarbeiter des Kriseninterventionsteams, Seelsorgern, Kooperationspartnern wie Bestattungsinstituten oder Krankenhäusern besteht, sorgt sich um das Wohl der Eltern, vorrausetzung ist allerdings, dass dich die Eltern selbst bei der Plattform melden. "Es nützt nichts, wenn uns die Nachbarin auf den Fall aufmerksam macht. Die Eltern müssen selbst den Schritt machen, wenn sie bereit sind", so Panger, die den Menschen mit der Plattform Nähe und Verlässlichkeit zeigen möchte.
Männer trauern anders...
In der Zusammenarbeit mit den betroffenen Elternteilen wurde Panger auf die unterschiedliche Handhabung der Trauer zwischen Männern und Frauen aufmerksam. Während Männer Trost in der harten, körperlichen Arbeit suchen und die Trauer über das Tun erleben, benötigen Frauen Gespräche über das Erlebte, oft auch mit anderen Betroffenen. "Man darf die Trauer ohnehin nicht bewerten, denn hier gibt es kein richtig oder falsch", schließt die 46-Jährige.
Zur Sache:
Plattform Verwaiste Eltern
Leiterin: Astrid Panger
Infos: Kumpfgasse 4, Klagenfurt, 0676 / 8772 2132
Die Hilfe ist kostenlos. Die Betreuer besuchen Betroffene auch zu Hause.
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