KLAGENFURTER Leben
Wenn der Türmer über Klagenfurt wacht

Der sympathische Klagenfurter Horst Ragusch feiert im nächsten Jahr seinen 60. Geburtstag. | Foto: Bernhard Knaus
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  • Der sympathische Klagenfurter Horst Ragusch feiert im nächsten Jahr seinen 60. Geburtstag.
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Wenn der Nachtwächter abends seine Runden drehte, musste er durch das Singen von Liedversen anzeigen, dass er munter und auf der Wacht war.

Jede Stunde hatte ihren eigenen Text. Die Nachtwache begann mit 19 Uhr abends und endete nach zwölf Stunden. „Hört, ihr lieben Herren, lasst euch sagen, vom Turm die Glock‘ hat sieben geschlagen! Denk der sieben Worte nach, die der Herr vom Kreuze sprach. Menschenwachen, kann nichts nützen, Gott muss wachen. Gott muss schützen. Gib uns eine gute Nacht.“ Mit diesem Vers begann die erste Stunde der Nachtwache. (Den gesamten Text findet man in unserem Online-Beitrag). Einer dieser Nachtwächter, genauer gesagt einer der Gilde der Nachtwächter, Türmer und historischen Figuren ist der Klagenfurter Horst Ragusch. Seit dem Sommer 2021 führt der eigentliche Klagenfurter Stadttürmer Nachtwächterführungen in traditioneller Gewandung in der Klagenfurter Innenstadt durch. Und das mit großem Erfolg und auf äußerst humoristische Art und Weise. Gleich zu Beginn erscheint der gebürtige Klagenfurter mit einer Schüssel selbstgebackenem Brot und verkündet feierlich: „Früher wurde Brot und Salz gereicht, um auszudrücken, dass jemand willkommen war. Ich hab‘ das Salz gleich mit eingebacken, daher gibt es nur Brot“, so Ragusch.

„Folgt mir unauffällig“ – mit diesen Worten beginnt der Nachtwächter seine Führung durch die dunklen Gassen.  | Foto: Bernhard Knaus
  • „Folgt mir unauffällig“ – mit diesen Worten beginnt der Nachtwächter seine Führung durch die dunklen Gassen.
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Die Tour

Die Route führt uns bei Einbruch der Dunkelheit vom Spanheimer Brunnen weiter zum Lindwurm. Von dort zum Wörthersee Mandl und die Renngasse über den Alten Platz bis zum Landhaushof. An jeder Station präsentiert der bald 60-Jährige die interessantesten Fakten und Geschichten über Klagenfurt. Wie soll es anders sein, hat Ragusch sich in jungen Jahren, für ein Geschichte-Studium entschieden. Seine Bachelor-Arbeit verfasste der Klagenfurter zum Thema „Kirchenglocken in Kärnten“. Dass er der Klagenfurter Stadttürmer werden würde, war eigentlich Schicksal. „Ich bin quasi unterm Stadtturm aufgewachsen, da musste ich doch irgendwann Türmer werden“, erzählt er. Ragusch ist als Gastronomenkind geboren worden, seine Eltern führten jahrelang das Lindwurmstüberl (heute Augustin) in der Innenstadt. Zur Schule gegangen ist er traditionell in die Ursulinenschule.

Eine Station in der Nachwächterführung bringt die Gruppe zum Wörthersee Mandl.  | Foto: Bernhard Knaus
  • Eine Station in der Nachwächterführung bringt die Gruppe zum Wörthersee Mandl.
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Sein Turm

Aktuell ist der Klagenfurter Stadtpfarrturm wegen Umbauarbeiten für Besucher gesperrt. In seiner Karriere, als wohlgemerkt einziger Türmer Österreichs, hat der Klagenfurter bereits 810.000 Treppen erklommen. Seit 2017 ist Horst Ragusch für den Tourismusverband Klagenfurt tätig. „Bereits 1.800-mal bin ich die 225 Stufen auf den Turm hinauf und wieder hinunter gegangen, das hält mich fit“, lacht der Türmer. Lift gibt es im Stadtpfarrturm keinen, alle Hilfsmittel, die Ragusch für seine Ausstellungen und Ähnliches benötigt, werden zu Fuß transportiert. Wenn der Turm nicht gerade gesperrt ist, finden im Jahr um die 30 Veranstaltungen statt. „Wir hatten schon Vollmond-Konzerte, Workshops für Schulklassen und diverse Ausstellungen, das alles wird hoffentlich bald wieder möglich sein“, so Ragusch.

Der sympathische Klagenfurter Horst Ragusch feiert im nächsten Jahr seinen 60. Geburtstag. | Foto: Bernhard Knaus
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Die Gewandung

Die traditionelle Aufgabe, die im Mittelalter einem Türmer anvertraut wurde, nämlich vor Feuer und Gefahr zu warnen, übernimmt Ragusch heutzutage nicht mehr. Trotzdem möchte er passend gekleidet sein. Eine Klagenfurter Schneiderin hat ihm seine Gewandung sowohl als Türmer als auch als Nachtwächter genäht. „Traditionell trägt der Türmer als Erkennungsmerkmal drei Federn am Hut, der Nachtwächter trägt nur eine Feder“, so Ragusch, der auch als Austrian Guide tätig ist. Zur Nachtwächter-Ausrüstung gehört auch die helle Barde und die Laterne. „Als nächstes ‚Projekt‘ lasse ich mir eigene Stulpenstiefel anfertigen, um meine Gewandung vollständig zu machen“, erklärt er uns.

Horst Ragusch gehört zur Gilde der Nachtwächter, Türmer und historischen Figuren und ist Austrian Guide und Guide des Mauthausen Komitees. | Foto: Bernhard Knaus
  • Horst Ragusch gehört zur Gilde der Nachtwächter, Türmer und historischen Figuren und ist Austrian Guide und Guide des Mauthausen Komitees.
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Sprachentalent

Horst Ragusch spricht insgesamt fünf Sprachen, Französisch, Italienisch, Englisch, teilweise Slowenisch und Deutsch. Begrüßungen hat er sich fast in jeder Sprache angeeignet. „Die Besucher des Turms fühlen sich willkommener, wenn ich sie in ihrer Muttersprache begrüße, deshalb habe ich mir zumindest die Begrüßungsfloskeln in jeder Sprache angeeignet“, erklärt er uns seine Passion. Vor seiner Tätigkeit als Stadttürmer war der Historiker fünf Jahre beim Friesacher Burgbau beschäftigt.

Führungen

Wer die großartigen Führungen von Horst Ragusch genießen möchte, hat den gesamten Herbst und Winter dazu Gelegenheit. Die Nachwächterführungen finden bis Ende Dezember jeweils donnerstags ab 19 Uhr statt. Die nächsten Termine sind: 18.11. (Benefizführung), 25.11., 2.12., 9.12., 16.12., 23.12. und 30.12.. Auch die Stolpersteinführungen, die am 10.11. und am 10.12. stattfinden werden, sind einen Besuch wert. Alle Führungen beginnen am Herzog-Bernhard-Brunnen. Auch am Stadtpfarrturm wird es demnächst wieder Führungen geben, am 3., 10. und 17.12. jeweils zwischen 17 und 17.30 Uhr kann man die Turmbläser am Turm bewundern.

Das Türmerlied

1. Stunde
Hört, ihr lieben Herren lasst euch sagen vom Turm die Glock‘ hat sieben geschlagen! Denk der sieben Worte nach. Die der Herr vom Kreuze sprach!

2. Stunde
Hört, ihr lieben Herren lasst euch sagen vom Turm die Glock‘ hat acht geschlagen! Nur acht Seelen sprach Gott los. Als die Sintflut sich ergoss.

3. Stunde
Hört, ihr lieben Herren lasst euch sagen vom Turm die Glock‘ hat neun geschlagen! Neun versäumten Dankespflicht. Mensch, vergiss die Wohlfahrt nicht.

4. Stunde
Hört, ihr lieben Herren lasst euch sagen vom Turm die Glock‘ hat zehn geschlagen! Zehn Gebote setzt Gott ein. Gib, das wir gehorsam sein.

5. Stunde
Hört, ihr lieben Herren lasst euch sagen vom Turm die Glock‘ hat elf geschlagen! Elf der Jünger bleiben treu. Gib, das wir im Tode ohne Reu.

6. Stunde
Hört, ihr lieben Herren lasst euch sagen vom Turm die Glock‘ hat zwölf geschlagen! Zwölf, das ist die Zahl der Zeit: Mensch, bedank die Ewigkeit!

7. Stunde
Hört, ihr lieben Herren lasst euch sagen vom Turm die Glock‘ hat eins geschlagen! Ein Gott gibt es auf der Welt. Dem sei alles heimgestellt.

8. Stunde
Hört, ihr lieben Herren lasst euch sagen vom Turm die Glock‘ hat zwei geschlagen! Zwei Wege hat der Mensch vor sich. Herr, den rechten führe mich!

9. Stunde
Hört, ihr lieben Herren lasst euch sagen vom Turm die Glock‘ hat drei geschlagen! Drei ist eins, was göttlich heißt. Vater, Sohn und Heiliger Geist.

10. Stunde
Hört, ihr lieben Herren lasst euch sagen vom Turm die Glock‘ hat vier geschlagen! Vierfach ist das Ackerfeld: Mensch, wie ist dein Herz bestellt!

11. Stunde
Hört, ihr lieben Herren lasst euch sagen vom Turm die Glock‘ hat fünf geschlagen! Fünf der Jungfrauen waren klug. Fünf betörte der Betrug.

12. Stunde
Hört, ihr lieben Herren lasst euch sagen vom Turm die Glock‘ hat sechs geschlagen! Sechs Tage schuf der Herr die Welt. Da war alles wohlbestellt.

Refrain:
Menschenwachen, kann nichts nützen. Gott muss schützen. Gib uns eine gute Nacht!

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