Die Attentate vor der Aufklärung
- Wilhelm Wadl
- hochgeladen von Vanessa Pichler
Was passierte wirklich in den 1970er-Jahren? Wilhelm Wadl und Alfred Elste bringen jetzt Licht ins Dunkel.
Mit Graffiti beschmierte Häuser, die Sprengung von Abwehrkämpferdenkmälern und einem Strommasten, ein Anschlag auf ein Partisanendenkmal: Seit den Hausdurchsuchungen und Sprengstoff-Funden bei Bleiburg ist Südkärntens explosive Volksgruppengeschichte der 1970er-Jahre wieder in aller Munde.
Es hat etwa 20 Sprengstoffanschläge in Kärnten gegeben, die u. a. Partisanendenkmälern, Einrichtungen von Deutsch-Kärntner-Organisationen und Infrastruktureinrichtungen in Kärnten galten. Dramatischer und trauriger Schlusspunkt der Anschlagserie war der Bombenanschlag auf das Völkermarkter Heimatmuseum am 18. September 1979, bei dem ein Mitarbeiter schwer verletzt wurde und zwei jugoslawische Attentäter gefasst werden konnten. Alle vorhergehenden Attentate sind bis heute ungeklärt.
„Verjährt, nicht vergessen!“
„Die Ereignisse sind bald 40 Jahre her und somit strafrechtlich verjährt, aber noch lange nicht vergessen. Gesellschaftlich ist so etwas jedoch jederzeit wieder möglich“, erklärt Wilhelm Wadl, Direktor des Landesarchivs und seit kurzem Vorsitzender der Historikerkommission, die LH Gerhard Dörfler am 22. Juli damit beauftragt hat, Recherchen aufzunehmen, um eine lückenlose Aufklärung der Anschlagserie in den 1970er-Jahren zu schaffen.
„Nach fast 40 Jahren ist es an der Zeit, endlich Klarheit über die Drahtzieher und die Verantwortlichen für die Anschläge zu erlangen“, so Dörfler. Er geht davon aus, dass die Untersuchungskommission bis 2012 zu einem Ergebnis seiner Aufklärungsarbeit kommen werde.
Licht ins Dunkel
Während sich Wadl vorwiegend um die Koordination und den Zugang zu Aktenmaterial kümmert, hat Historiker Alfred Elste die wissenschaftliche Leitung des Projekts über. Elste hat sich in den letzten Jahren als Experte in diesem Bereich erwiesen und genießt sehr hohes Ansehen in Fachkreisen. „Auf Basis unserer zeitlichen Ressourcen werden wir den doch sehr umfangreichen Aktenberg systematisch sichten und aufarbeiten. Natürlich funktioniert wissenschaftliche Recherche anders als kriminaltechnische Aufklärung. Wir können niemanden vorladen oder einvernehmen, aber wir werden die Wahrheit mit historischen Fakten ans Tageslicht bringen“, ist Wadl fest überzeugt. „Hier steht nicht nur ein Täter, sondern das gesamte gesellschaftspolitische Umfeld im Vordergrund.“
Internationale Beteiligung
Laut Wadl gelte es sukzessive tätig zu werden um zu sehen, inwieweit man Zugang zu Archivmaterial bekommt. Eine heikle Sache: „Die Dokumente sind großteils nicht in deutscher Sprache verfasst, das kann gerade bei politisch-ideologischen Inhalten, die einen hohen Interpretationsspielraum erlauben, schwierig werden.“ Außerdem habe man es mit einem geografischen Bereich der Dimension von Wien bis Belgrad zu tun. „Es sind viele Behörden in dieses Projekt involviert, mit denen wir in Kontakt treten müssen. Noch können wir nicht abschätzen, was uns in den Archiven erwartet, es kann jedoch Überraschendes dabei sein“, so Wadl.
„Wir befinden uns hier in einer sehr delikaten Rolle, da viele Personen, die es betrifft, noch am Leben sind. Wir werden uns nur auf sicherem Boden bewegen, was Daten betrifft, die an die Öffentlichkeit gehen sollen, trotzdem werden wir niemanden schonen.
Hintermänner sind nach wie vor dazu aufgefordert, den Schritt in die Öffentlichkeit oder in unsere Kommission zu tun und die damaligen Motive zu erklären. Es gibt genügend Material, das Beteiligte belasten könnte.“
Der Terror:
• Der Fall Vranc Hanin:
Die Hausdurchsuchungen und Sprengstofffunde vom 24. und 25. Juli bestärken die Staatsanwaltschaft sowie die Historikerkommission, den Fall Vranc Hanin näher zu beleuchten. Der 1997 mit 53 Jahren an Krebs verstorbene Sprengmeister steht im Verdacht, den Sprengstoffanschlag auf den Partisanen-Gedenkstein am Kömmel verübt zu haben. Dieses
Attentat sollte den Verdacht auf extremistische Deutsch-Kärntner Hetzer lenken, die zuvor beim „Ortstafelsturm“ zweisprachige Ortstafeln ausgerissen haben. Den Fall brachte Elste ans Tageslicht.
• Der einstige jugoslawische Geheimdienst UDBA war für eine Serie von Anschlägen während der 1970er-Jahre in Kärnten verantwortlich. Am 18. 9. 1979 zünden zwei Agenten im Völkermarkter Stadtmuseum, in dem sich eine Ausstellung über den Abwehrkampf befand, eine Bombe – Höhepunkt einer Bombenserie, die Kärnten in der 1970er-Jahren zu destabilisieren versuchte.
Anja Skribot
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