Unterwegs im Norden der Stadt
Annabichl entlang der St.Veiter Straße
Stadteinfahrten sind im übertragenen Sinn heute das, was früher die Stadttore waren. In den damaligen Zeiten war dieser Ort klar markiert. Mit dem Wachstum der Städte an der Peripherie, mit neuen Gewerbeflächen und Ampeln, sind die räumlichen Grenzen fließend geworden.
Die Zentren unserer Städte, so hat Roland Barthes vor einem halben Jahrhundert geschrieben, seien „durch Fülle gekennzeichnet“. In ihnen sammeln und verdichten sich die Werte der Zivilisation – das Geld mit den Banken, die Ware mit den Kaufhäusern, die Spiritualität mit den Kirchen. „Ins Zentrum gehen heißt, die soziale ‚Wahrheit‘ treffen, heißt an der großartigen Fülle der ‚Realität‘ teilhaben.“ Zur Wirklichkeit der Städte gehören aber auch ihre Ränder, die Peripherie, an der die urbane Dichte zerfranst.
Die St.Veiter Straße, die durch Annabichl ins Stadtzentrum führt, ist eine von mehreren Stadteinfahrten in Klagenfurt. Die St.Veiter Straße wird durch die Feldkirchner Straße etwas entlastet, die ebenso den Zufahrtsverkehr vom Norden aufnimmt. Die Straße durch Annabichl ist in einem hohen Maß von Künstlichkeit charakterisiert: Leuchtreklamen, Form- und Farbgebung der Baukörper, Blickfänger auf Einkaufsparkplätzen und Tankstellenanzeigen bestimmen das Bild. Nach den drei Gärtnereien, die sich nahe dem 1901 errichteten Zentralfriedhof Annabichl links und rechts der St.Veiter Straße gruppieren, weitet sich das Blickfeld stadteinwärts etwas, Bäume säumen die Einfahrtsstraße, beleuchtete Fahrrad- und Fußgängerwege weiten den Raum.
Ein ehemaliges Verkaufsraumgebäude eines Autohändlers wurde nach den Plänen der Architekten Weingraber & Prohart im April 2001 in ein modernes Firmengebäude mit 430 m2
Verkaufsfläche und semitransparenter Fassadengestaltung umgebaut, das schon von Weitem auf sich aufmerksam macht. Es entstand ein neuer Marktplatz für Back- und Konditorwaren, Fleisch-, Wurst-, Milch- und Käsespezialiäten. Die 60 Quadratmeter große, vortrefflich gestaltete Terrasse öftnet sich nach Westen hin zum Fahrrad- und Gehweg mit einem breiten Zebrastreifen, der hin zum neuen MED-PORT 9020 führt. Dieser beheimatet gleich mehrere medizinische Schwerpunkteinrichtungen, einer Apotheke und Nahversorgern mit Haltestellen für den öffentlichen Verkehr.
Raum für Socializing
Im Verbund bilden die Gebäude, die im selben Jahr errichtet wurden, durch dem Zebrastreifen und den Verkehrsinseln, die als Brücke fungieren, eine Piazza, ein Zentrum in Annabichl. Hier kann das soziale Leben im Ortsteil neue Formen ausprobieren und annehmen. Die große Sitzterrasse vor dem Verkaufsraum der Cafe-Bäckerei lädt ein zum Einüben von "sprezzatura" und "bella figura" und ist im Frühjahr, Sommer und bis hinein in den Spätherbst stark frequentiert. Diese menschlichen Dimensionen sind unerlässliche Bedingungen für spontane Kontakte im vorstädtischen Raum, die durch die Geh- , Lauf- und Radwege, die unmittelbar vorbeiführen, verstärkt werden.
Das alles schwächt den Durchzugsverkehr ein wenig ab und wird durch die hohe Frequenz an Besucherinnen und Besuchern für den Ortsteil immanent wichtig. Man trifft Leute beim Einkauf, im Cafe, Flanierende auf der Terrasse, den SPÖ-Stadteilvorsitzenden, Angestellte, Arbeiterinnen und Arbeiter beim Frühstück.
Die Ansprüche der Annabichlerinnen und Annabichler an ihren Lebensraum verändern sich stetig. Das Bedürfnis nach mehr halb-öffentlichen und öffentlichen Freiräumen wächst, wie in allen größeren Städten.
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