Folgen der griechischen Pein
Griechenland tanzt den Finanz-Sirtaki: Antworten auf neun Fragen, die die Kärntner interessieren.
Jetzt ist es also fix: Griechenland erhält 110 Milliarden Euro auf drei Jahre, um den Staatsbankrott abzuwehren. Österreich beteiligt sich mit 2,28 Milliarden. Experten geben in der WOCHE Antworten auf die wichtigsten Fragen:
1. Welche Folgen wären zu erwarten gewesen, wenn die EU nicht geholfen hätte?
„Durch die enge Verflechtung der europäischen Wirtschaft wäre es wohl zu einem Zusammenbruch gekommen“, ist Volkswirt Gottfried Haber überzeugt. „Unabhängig davon, ob Griechenland den Euro hat oder nicht.“ Meinrad Höfferer, Leiter der Außenhandelsstelle der Wirtschaftskammer, ergänzt: „Es hängen auch öffentliche Projekte daran. Können diese nicht mehr finanziert werden, verlieren Firmen Aufträge.“
2. Kann man Griechenland nicht aus der Eurozone ausschließen?
Völkerrechtlich ist das nicht möglich. Eine eigene griechische Währung hätte aber auch Auswirkungen auf Österreich. Haber erklärt: „Die Währung wäre sofort in den Keller gerasselt, und damit wären die offenen Forderungen, die Euro-Unternehmen – auch in Österreich – an Griechenland haben, deutlich weniger wert.“
3. Der Euro ist gegenüber dem Dollar gesunken. Ist das ein Vorteil für den Export?
Prinzipiell ja. „Grund zum Jubeln ist das aber keiner“, so Höfferer. Der Grund: Österreichische Unternehmen exportieren hauptsächlich in Euro-Länder. Die wichtigsten Märkte sind Deutschland und Italien.
Deshalb überwiegen die negativen Effekte durch einen schwankenden Eurokurs gegenüber dem Dollar oder dem Yen. Höfferer: „Die Planbarkeit für Unternehmen geht verloren.“ – Durch die nun beschlossene Hilfe ist aber zu erwarten, dass sich der Euro wieder stabilisiert.
4. Wie steht es um Importe?
Importe aus Asien oder den USA, auch Öl, werden durch einen schwachen Euro teurer. Haber: „Es kommt zu einem Vermögenseffekt – auch Urlauber können sich in Nicht-Euro-Ländern weniger leisten.“
5. Woher kommen die zwei Milliarden, die Österreich zur Finanzhilfe beisteuert?
Die öffentliche Hand wird sie mit einem Kredit finanzieren. Aufgrund der besseren Kreditwürdigkeit Österreichs, als sie Griechenland hat, wird die Refinanzierung günstiger. „Österreich wird an die Griechen einen höheren Zinssatz weiter- verrechnen“, so Haber.
6. Besteht die Gefahr, dass Griechenland das zugeschossene Geld nicht zurückzahlt?
Theoretisch ja. Aber es ist die EU gefordert, darauf zu achten, dass Griechenland das angekündigte Sparpaket schnürt und es auch rigoros einhält.
7. Kann es einen Domino-Effekt in anderen Ländern geben, die finanziell ähnliche Probleme haben?
„Die Hilfe für Griechenland bricht mit dem Maastricht-Vertrag, keinem Staat zu helfen“, erklärt Haber. Diese Drohung ist jetzt nicht mehr glaubwürdig. „Deshalb wird man wohl bei anderen Ländern schärfer auf die Maastricht-Kriterien achten, um ein zweites Griechenland zu verhindern.“ Das kann im Übrigen auch für ein österreichisches Sparpaket und Steuererhöhungen gelten.
8. Welche Effekte hat die Griechen-Hilfe auf Österreich?
Durch die nun steigende Kreditnachfrage könnten Zinsen steigen – auch für Unternehmen und Häuslbauer. Auch Risikoprämien tragen dazu bei. Haber gibt aber Entwarnung: „Wir sprechen von Steigerungen im Zehntel-Prozentbereich.“ Allerdings: Mit steigenden Zinsen ist in diesem und vor allem im nächsten Jahr ohnehin zu rechnen.
9. Müssen Griechenland-Urlauber heuer mit Preissteigerungen rechnen?
Baut ein Staat seine Schulden ab, stagniert die Wirtschaft und die Inflation sinkt. Das lässt eher sinkende Preise vermuten. „Obwohl im Tourismus die Preise in der Regel über dem Niveau der Inflation steigen“, so Haber. Man darf aber nicht außer Acht lassen, dass Griechenland die Steuern erhöhen wird. Ob Preise steigen – es ist von einer Erhöhung der griechischen Mehrwertsteuer von drei, vier Prozent die Rede –, hängt vom Steuersatz ab, der schließlich beschlossen wird.
Gerd Leitner
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