"Geld abhängig von Leistungsfähigkeit"
Dem Soziologen Paul Kellermann wird bei der aktuellen Diskussion über die Universität Klagenfurt zu wenig „gesamtgesellschaftlich“ gedacht.
Klagenfurt. In der Diskussion um die künftige Ausrichtung der Universität Klagenfurt mahnt Soziologe Paul Kellermann, „nicht zu einseitig, sondern gesamtgesellschaftlich zu denken.“ Er erinnert auch an das ursprüngliche Profil der Uni – sie sollte „die Lehre wissenschaftlich stützen und zur kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung des Landes beitragen“. Dass „im Universitätsrat Studierende kein Stimmrecht haben und die meisten Mitglieder wirtschaftsorientiert sind“, hält er nicht für richtig.
Kellermann merkt auch an, dass „kein arbeitsteilig entwickelter Staat ohne wissenschaftlich qualifiziertes Personal bestehen kann. Eine Entwicklung in Kultur, Wirtschaft, Politik, Medizin und Technologie fände nicht statt.“
Mehr erwerbslose Psychologen
In der Diskussion um die Abschaffung der Publizistik verweist Kellermann auf die Erwerbslosenzahlen – „wenn schon Erwerbslosigkeit ein Argument gegen ein Studium sein soll“. So hat das AMS Kärnten im Jänner 2011 bei den Psychologie-Absolventen einen Zuwachs von 56,2 Prozent bei den Erwerbslosen (von 32 im Jahr 2010 auf 50), bei den Publizistik-Absolventen sind es „nur“ 10,5 Prozent (von 38 auf 42). „Über die Psychologie wird aber nicht diskutiert.“
Den Vorschlag von SPÖ-Vorsitzenden Peter Kaiser, zuerst zu studieren und die Gebühren im Nachhinein zu bezahlen, bezeichnet Kellermann als „nur halb gedacht: Es wird vergessen, dass Studierende Lebenskosten haben und sie ja schon zahlen, indem sie während des Studierens auf Einkommen verzichten. Wenn sie als Akademiker später überdurchschnittlich verdienen, zahlen sie überdurchschnittlich Steuern.“ Kellermann: „Nach Kaisers Vorschlag würden die Studierenden doppelt zahlen.“
Der Soziologe verweist auch auf OECD-Berechnungen, wonach „der österreichische Staat 2006 etwa 55.500 Dollar in einen Hochschulabschluss investierte und im Gegenzug durch Steuern und Beiträge etwa drei Mal so viel einnehmen konnte. So eine tolle Rendite möchte man gerne haben!“
Mit Sorge betrachtet Kellermann Uni-Rektor Mayrs Aussage, der in der letzten WOCHE meinte, dass „je kürzer jemand studiert, desto mehr kann sie oder er in die Tiefe gehen“. Kellermann: „So ist das ja nicht wirklich. Es geht nicht darum, kurz zu studieren, sondern wissenschaftlich zu qualifizieren.“ Der Soziologe hält es „für unvernünftig, Leistungsfähigkeit von Geld (Kaufkraft) abhängig zu verstehen, statt Geld von der Leistungsfähigkeit“.
Autorin: Sandra Glanzer
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