40 Jahre Behindertenhilfe Bezirk Korneuburg
"Wir sprechen für uns selbst"
Probleme, Sorgen, Wünsche – die "Selbstvertreter" sind Sprachrohr der Anvertrauten der Behindertenhilfe.
BEZIRK KORNEUBURG | OBERROHRBACH. Mitreden, mitbestimmen, mitentscheiden und mitgestalten können – was für uns alle selbstverständlich ist, gestaltet sich für Menschen mit besonderen Bedürfnissen schwierig. Eigentlich absurd, denn genau sie selbst wissen wohl am besten, was sie brauchen und wollen. Das hat man auch bei der Behindertenhilfe Bezirk Korneuburg erkannt und die "Selbstvertreter" ins Leben gerufen. Gleich einem Betriebsrat vertreten sie die Gemeinschaft nicht nur innerhalb der Organisation, wie etwa den Wohnheimen oder Werkstätten, sondern auch nach außen. Sie sprechen auf Kongressen und bringen ihre Anliegen auf politischer Eben vor.
Wahl & Sprechstunde
Bevor die Selbstvertreter jedoch ihre Arbeit aufnehmen konnten, mussten sie gewählt werden. Wahllokale und -zettel wurden selbst gestaltet, die Anvertrauten der Behindertenhilfe daraufhin zum Urnengang aufgefordert. Christina Lenius, Helmut Reisacher, Manuel Stumm, Martin Kosak und Bernhard Pall sind fünf der acht Selbstvertreter. Gerade arbeiten sie auch daran, eine Sprechstunde, die vorerst einmal wöchentlich im Oberrohrbacher Wohnheim abgehalten werden soll, zu organisieren und zu planen.
Inklusion statt Barrieren
Menschen mit besonderen Bedürfnissen sollen am gesellschaftlichen Leben nicht nur teilhaben, sondern dieses auch selbst mitgestalten können. Das ist Inklusion, ein Anliegen, dem sich auch Behindertenhilfe-Direktor Johannes Hofer verpflichtet fühlt. Gemeinsam mit Wohnhausbetreuer Günther Roth assistiert und moderiert er die Selbstvertreter-Treffen. Was sich dabei klar herauskristallisiert hat: Auf die Sprache kommt es an. "Leichte Sprache", so nennen es die Selbstvertreter, ist notwendig, um teilhaben zu können. Was bedeutet das? "Einfache Wörter, kurze Sätze und klare Formulierungen, damit Texte auch für uns gut verständlich sind", erklärt Helmut Reisacher.
So wurde in den Wohnhäusern bereits die Hausordnung in "Leichte Sprache" übersetzt, ebenso wichtige Verträge und Schriftstücke, die die Anvertrauten selbst betreffen. Und die Selbstvertreter haben Regeln festgelegt, was "Leichte Sprache" ausmacht.
Offizielles Sprachrohr
Dass Menschen, die in Behindertenwerkstätten arbeiten, ein Gehalt und nicht nur ein Taschengeld bekommen, ist eines der Anliegen der Selbstvertreter. "Uns war wichtig, dass sie auch in offiziellen Gremien vertreten sind und sich mit Vorträgen präsentieren", erklärt Hofer. So hat es bereits fünf NÖ-weite Vernetzungstreffen sowie vier Termine bei Landesrätin Barbara Schwarz gegeben. Das Motto: "Wir sprechen für uns selbst!"
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