Psychosomatik - die Wechselwirkung von Körper und Geist

- Univ.-Prof. Dr. Christoph Pieh
- hochgeladen von Heinz Riedmüller
Psychosomatische Erkrankungen stellen MedizinerInnen vor zusätzliche Herausforderungen: neue Diagnose- und Heilungsformen sind notwendig. Das Thema bewegt und mobilisiert - 200 ZuhörerInnen füllen das Audimax der Donau Universität bis auf den letzten Platz.
Das hohe Interesse an diesem MINI MED-Vortrag zeigt, dass es viele Menschen gibt, die mit nicht herkömmlich diagnostizier- und heilbaren Schmerzen oder Krankheitssymptomen konfrontiert sind.
Univ.-Prof. Dr. Christoph Pieh, Referent an diesem Abend, überrascht gleich eingangs: "Psychosomatische Erkrankungen gehören zu den häufigsten Krankheitsformen." Anhand von Beispielen schafft er Einblick, erklärt, wie bzw. warum psychosomatische Krankheiten entstehen und worauf Ärzte und Betroffene achten müssen. Und ergänzt: "bereits 40% der Bevölkerung sind zumindest einmal im Leben betroffen; überwiegend Frauen (+10%), die öfter traumatische Erlebnisse oder hormonellen Störungen erfahren als Männer“.
Bei der Diagnose "Psychosomatische Störung" handelt es sich meist um den körperlichen Ausdruck einer psychischen Erkrankung - die Psyche macht den Körper krank. "Dazu muss man verstehen, dass es den philosophischen Ansatz des Körper- und Seele-Dualismus gibt, die Kommunikation der beiden miteinander: auch medizinisch betrachtet eine Grundhaltung, die jeder Arzt bei seiner Diagnose berücksichtigen sollte: die MIteinbeziehung aller körperlicher und seelischer Komponenten."
Wechselwirkung
Der Begriff Psychosomatik setzt sich aus Psyche und Soma (griechisch f. Körper) zusammen. „Psychische Erkrankungen, z.B.depressive Störungen, können uns körperlich verändern, so wie sich eine körperliche Erkrankung, z.B. Krebs, auf die Psyche auswirken kann. Durch die Wechselwirkung von Psyche und Körper entsteht die Erkrankung: wenn die Nebenniere eines Menschen stressbedingt zuviel Cortisol produziert wird das Immunsystem geschwächt, Krankheitserreger haben leichtes Spiel. Ein Arzt, der nur die "biomedizinische" Lehre vertritt, verschreibt ein Medikament und das war es. Dass die Krankheit stressbedingt entstehen konnte, bleibt dabei unberücksichtigt. Beim neuen, "biopsychosozialen" Ansatz wird abgeklärt, ob nicht auch eine psychische Komponente vorliegt: Jobverlust, Trennungen oder Todesfälle verursachen dieselben Schmerzen wie z.B. der Stich einer Nadel in den Finger. Mithilfe von Computertomographie-Aufnahmen konnte erwiesen werden, dass seelischer und körperlicher Schmerz dieselben Gehirn-Areale anspricht."
Psychosomatischen Medizin bedeutet, anhand von Gesprächen mit dem Patienten und dessen klinischem Befund die richtige Diagnose zu stellen und geeignete Behandlungsformen zu finden. Oft in Form einer Kombination aus Medikamentierung und Gesprächstherapie. "Wir müssen einerseits psychische Erkrankungen öffentlichkeitswirksam entmystifizieren. Andererseits soll in der Ärzteschaft eine Sensibilisierung für psychosomatische Erkrankungen geschaffen werden. Beim Medizinstudium bleiben psychosomatische Krankheitsformen unberücksichtigt."
Univ.-Prof. Dr. Pieh schließt seinen Vortrag mit dem wohl wichtigsten Satz des Abends - "Psychosomatische Medizin bedeutet, nicht dem Körperlichen weniger, sondern dem Seelischen mehr Aufmerksamkeit schenken!"
Zur Person
Univ.-Prof. Dr. Christoph Pieh ist Leiter des Zentrums für Psychosomatische Medizin und Supervision im Department für Psychotherapie und Biopsychosoziale Gesundheit an der Donau Universität Krems.
Nachfolgend finden Sie wertvolle Links, u.a., wohin Sie sich wenden können, wenn Sie bei sich oder in Ihrem Umfeld eine Psychosomatische Erkrankung vermuten.
Medizinische Institutionen: www.gesundheit.gv.at
Informationen: www.gesundheit.gv.at/psychosomatik-erkrankungen
MINI MED: www.minimed.at
MINI MED - Programm Krems:www.minimed.at/programme
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