Winzern blühen harte Zeiten
Was beim Menschen aufs Gemüt drückt, wächst sich bei Rebstöcken mitunter zum Riesenschaden aus: Das feucht-kühle Klima lässt Winzer des Landes um ihren Ertrag zittern. Rebschutz-Experte Erhard Kührer beschreibt die Gefahren.
REGION (sg). Warm und trocken - so könnte die Witterung dem Wein während der Blütezeit zu einer idealen Entwicklung verhelfen. Doch weil kein Winzer imstande ist, Wolken per Knopfdruck zu vertreiben, stehen die Reben 2010 statt der idealen drei bis fünf Tage gleich zwei Wochen in voller Blüte. Ein Umstand, der Pilzen, wie dem falschen Mehltau (Peronospora) oder der Graufäule (Botrytis) Türe und Tore öffnet. „Exakt zwei Wochen später als im Vorjahr hat die Blüte eingesetzt“, beobachtete Erhard Kührer. Als Lehrer und Forscher an der Kremser Weinbauschule und Leiter des Rebschutzdienstes steht er in intensiven Kontakt mit den Weinbauern der Region. Daher weiß er, wie sehr die Winzer unter der Verrieselung der Traubenanlagen (auch Geschein genannt) leiden: „Durch die unterschiedliche Entwicklung der Reben brechen Einzelblüten weg.“ Und dies wirke sich ungünstig auf den Ertrag aus, darum seien gerade die Spritzungen vor und nach der Blütezeit so essentiell für den Erfolg. „Winzer müssen die Entwicklung im Weingarten darum genau beobachten und auch das Klima im Auge behalten“, informiert Kührer.
Die Blätter: gelb vor Stress
Von den Sonnenstunden, über Bodentemperatur bis zu den Windverhältnissen zeichnet der Klimagarten der Weinbauschule alle Klimaverhältnisse darum ganz genau auf.
Kührer muss daher kein Prophet sein, um eine weitere Gefahr vorherzusagen: „Durch die häufigen Niederschläge wird die Photosynthese gestört. So entsteht Stress und in weiterer Folge Chlorose, auch Gelbsucht genannt.“ Die Folgen sind gelbe Blätter und eine gestörte Entwicklung der Trauben. „Ein Boden, der nicht nackt, sondern begrünt ist, kann Chlorose eindämmen“, weiß Kührer. Auch wenn es aufgrund von Dauerregen und Fröstelattacken schwer zu glauben ist: Auch das heurige Klima liegt im langjährigen Mittel. „Die vergangenen zehn Jahre waren sehr mild, darum empfinden wir 2010 als besonders rau“, ist Kührer überzeugt. Die Verteilung der Niederschläge konzentrierte sich heuer ausgerechnet auf die sensible Blütezeit. Kührer: „Wenn schwierige Situationen wie diese eintreten, dann ist des Winzers Fingerspitzengefühl beim Rebschutz ganz besonders gefordert.“
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