Am Predigtstuhl bei Göttweig
„Brückenkopf Krems“ - damals von höchstem Interesse
Der südliche Ausläufer des Göttweiger Stiftsberges ist der Predigtstuhl mit einer Seehöhe von 435 m - also 10 m höher als der Göttweiger. Archäologische Funde beweisen eine 4000 Jahre alte – zumindest phasenweise - Besiedelung des Berges. In die Landkarte und in die Umgebung blickend erkennt man sofort die militärischen Möglichkeiten dieser Anhöhe: der Predigtstuhl bietet gute Beobachtungsmöglichkeiten und gute Verteidigungsmöglichkeiten gegen ein Angreifer aus Richtung Süden entlang der Fladnitz und aus Richtung Südosten von Höbenbach.
Zur Absicherung gegen mögliche Angriffe aus Nordosten und Süden wurde 1904 vom Kriegsministerium der Befehl zur Planung von befestigten Brückenköpfen zur Sicherung der strategisch wichtigen Donauübergänge befohlen. Grundlage für die Planungen waren die Verteidigungspläne für „Kriegsfall R“ / Russland und für „Kriegsfall I“ / Italien. Auf Basis dieser strategischen Papiere entstanden die Projekte für die Brückenköpfe Krems, Tulln, Wien, Pressburg, Komorn und Budapest.
Am 22. August 1914 wurde nach Genehmigung des Kaisers mit dem Bau der Brückenköpfe begonnen. Diese sollten die jeweiligen Donauübergänge gegen feindliche Angriffe schützen und den sicheren Übergang großer (eigener) Truppenkörper über den Strom gewährleisten.
Die drei österreichischen Standorte erhielten „Befestigungs-Baudirektionen“ und es wurde begonnen, jeweils an beiden Donauufern Befestigungsgürtel um die bestehenden Donaubrücken zu errichten.
Bezüglich „Brückenkopf Krems“ wurden Verteidigungsanlagen unter Leitung des „Brückenkopfkommando Krems“ rund um die beiden Donaubrücken (Mauterner Brücke und Eisenbahnbrücke) geplant - für den Predigtstuhl wurden die Stützpunkte „Göttweig-Ost“ und „Göttweig-West“ angeordnet; flankiert von der „Sperre Klein-Wien“ an der Fladnitz und der „Sperre Furth“ am Göttweiger Sattel.
Die politische und militärische Entwicklung zu Beginn des Ersten Weltkrieges ließ aber erkennen, dass weder Russland noch Italien einen Angriff gegen Österreich-Ungarn bis an die Donau im Stande seien. Die vorbereiteten Anlagen wurden daher 1916 demontiert und das brauchbare Material an die Front zu den „kämpfenden Einheiten“ transportiert.
Die ehemalige Wehranlage wurde vom Verschönerungsverein Furth bei Göttweig und von der NÖ Militärhistorischen Gesellschaft unter Mitarbeit vieler Helfer und unter wissenschaftlicher Beratung durch das Bundesdenkmalamt rekonstruiert. Am 8. Juni 2014 fand am Predigtstuhl die Eröffnung als „Verteidigungsweg 1914“ statt. Zu sehen sind an den Hängen des Predigtstuhls noch Stellungen, Steinstufen, Wege, Stützmauern, Steinwälle und Inschriften; ein Gedenkstein erinnert an den Bau und eine Madonna soll nun für göttlichen Segen sorgen.
Führungen am „Verteidigungsweg 1914“ werden über das Tourismusbüro der Gemeinde Furth bei Göttweig ermögicht; im Internet informiert man sich per https://1914.fvvf.at/ und im Abt Dizent Museum in Paudorf sind Originaldokumente und -funde zu sehen.
Mich persönlich interessieren die detaillierten Vorbereitungen: Kampfstellungen, Versorgungsanlagen, Materialseilbahn, eigener Eisenbahnanschluss, Beobachungsposten, Artilleriestellungen, Unterkünftsbaracken, Verbindungsmöglichkeiten, Stellungsskizzen, Entfernungsskizzen usw. usw.
Die „Trailarea Göttweig“ (https://www.trailwerk.at/) mit 13 Strecken wird gerne befahren - für die Trennung von Wanderern und Radfahrern ist bestens gesorgt.
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