FORUM FROHNER
DIE ZEICHNUNG ENTSTEHT IM KOPF. FROHNER ALS ZEICHNER.

- Bildausschnitt: Adolf Frohner, Das Gespräch, 1977, Grafit auf Papier, Privatbesitz © Adolf Frohner gemeinnützige Privatstiftung, Foto: Christian Redtenbacher
- hochgeladen von Christina Werner
Adolf Frohner (1934-2007) ist vor allem für seine expressive Malerei und Bildhauerei sowie für seine Zeichnungen bekannt. Die Anzahl der Arbeiten auf Papier, also grafische und zeichnerische Werke, übersteigt jene der Malerei jedoch bei weitem und demonstriert damit die Gewichtung der Zeichnung innerhalb seines Œuvres. Zeichnen war für Frohner eine Möglichkeit zur Ideenfindung und Differenzierung, aber auch ein Instrument zur permanenten Selbstreflexion.
„Die Ausstellung gibt einen umfassenden Überblick über das zeichnerische Werk Adolf Frohners und skizziert seine Position als Vertreter einer klassischen Moderne. Wir wollen den Besucher:innen einen Einblick in die Herangehensweise des Künstlers eröffnen, für den der Dialog zwischen den Ausdrucksformen charakteristisch ist. Wir freuen uns, dass wir zeitgleich den dritten Band des Werkverzeichnisses von Adolf Frohner herausbringen, der ebenso der Zeichnung gewidmet ist. Mit der Schau und der Publikation würdigen wir auch das 15-jährige Bestehen des Forum Frohner“, betonen die Kurator:innen der Ausstellung Dieter Ronte und Elisabeth Voggeneder.
Experimente mit dem Genre Zeichnung
Typisch für Frohner ist der experimentelle Umgang mit dem Medium. In seinen Zeichnungen kombiniert er Grafit, Kohle, Buntstift, Tuschfeder oder Kreide. Verschiedene Materialien führt er in der Collage zusammen. Frohners Strich reicht dabei von der geführten Linie zur spontanen Setzung, von der zarten Strichlierung zur massiven Spur. Immer wieder verlässt er den klassischen Malgrund Papier und macht die Leinwand oder Holzplatte zum Bildträger der Zeichnung.
Von den frühen Skizzen bis zu Schlüsselwerken
Die Ausstellung gibt einen Einblick in die Entwicklung der Zeichnung als autonomes Medium. Sie folgt einer Chronologie, beginnend bei den bis dato unbekannten ersten Skizzen aus den 1950er-Jahren. Aus Frohners fruchtbarster Schaffenszeit, den 1960er-Jahren, sind Schlüsselwerke zu sehen, wie etwa der Zyklus „Reflexionen zu Adalbert Stifter“. Mit der Serie „Metamorphosen“ führt die Schau in die 1980er-Jahre. In dieser Phase verliert die Zeichnung für Adolf Frohner an Bedeutung, an ihre Stelle tritt die Gouache. Dennoch zeigt der Künstler in den 1990er- und 2000er-Jahren gerade in der Zeichnung seinen virtuosen Strich.
Vom Selbstporträt bis zum Abstrakten
Entlang dieser chronologischen Linie verdichtet sich die Ausstellung rund um thematische Zentren in Frohners Zeichnung. 1956 entsteht eine Serie von Selbstporträts, die Frohner als begabten Interpreten des Gesehenen ausweisen. Selbstbewusst blickt der junge Künstler aus dem Bild.
Ende der 1950er verändert sich die Herangehensweise in seinen Zeichnungen maßgeblich. Frohner orientiert sich nicht mehr an der äußeren Welt, sondern an ihrer künstlerischen Interpretation. Es zeigt sich seine Auseinandersetzung mit der klassischen Moderne, speziell mit der Zerlegung des Motivs, wie sie der Kubismus vorgeführt hat. Diese Methodik erprobt Frohner an diversen Objekten und an der menschlichen Figur.
Die 1960er-Jahre sind Frohners produktivster Abschnitt. Er entwickelt seine typische Handschrift im Zeichnerischen. Auffallend ist ein ständiges Wechseln zwischen Abstraktion und Figuration, zwischen Idee und Empirie. Beispielhaft dafür stehen Kompositionen von abstrakten Linien wie etwa „Ohne Titel“ (1965), eine Annäherung an Gesehenes wie „Präfiguration“ (1965) oder die Arbeit „Frau mit geöffneter Brust“ (1966), ein Hauptwerk dieser Periode. Das Reale bildet die Reibungsfläche für eine Linie, die das visuelle Gegenüber in eine Idee überführt. Er findet zu einer eruptiven, abstrakten Haltung, die Anklänge an Informel und Tachismus zeigt. Er spielt mit der Komposition zwischen Fläche und linearen Verdichtungen und löst das Gesehene in lineare Strukturen auf.
Überzeichnetes Frauenbild
Frohner überzeichnet die weibliche Figur, deformiert sie und steigert sie in ihrer Expressivität. Er zeichnet ein Frauenbild, das mit pornografischen Posen spielt und durch die Überzeichnung ins Hässliche reizt. Die Serie „Mitzi O.“ ist dafür ein sprechendes Beispiel. Frohner, der Kunst stets als Instrument des Aufdeckens und Sichtbarmachens versteht, will mit seinem Frauenbild ein geeignetes Vehikel für seinen Widerstand gegen das Verdrängen finden. Tabuthemen wie Sexualität und Gewalt finden in den 1970er-Jahren vermehrt Eingang in eine Bildwelt, die zum Hinsehen zwingt.
Die Metamorphosen
In den 1970er-Jahren etabliert sich Frohner als Künstler. Themen aus der Antike, der christlichen Ikonografie und der Literatur fließen Ende des Jahrzehnts in seine Kompositionen ein. Die „Metamorphosen“ (1981/82) bezeichnen einen Höhepunkt in seinem Schaffen. Ausgehend von einem Plakat zu seiner Ausstellung im Wiener Museum moderner Kunst 1981, das eine Arbeit von 1968 zeigt, variiert Frohner das Thema der weiblichen Halbfigur in einer Reihe von 49 Überarbeitungen in spielerischer Manier. Dabei überwiegen zeichnerische Überkritzelungen, Farbsetzungen und Collagierungen, die das Motiv unter immer neuen Gesichtspunkten zeigen. Mit einer umfangreichen Serie von Gouachen auf Papier transformiert Frohner das zeichnerische Medium in eine malerische Form.
Existenzielle Fragestellungen
Die Blätter aus den letzten Schaffensjahrzehnten, den 1990er- und 2000er-Jahren, demonstrieren Frohners Meisterschaft im Linearen. Es entstehen wenige, aber herausragende Blätter zwischen Figur und Abstraktion, die Seinsfragen thematisieren. Die Zeichnung wird Teil eines malerischen Herangehens.
Der Grundton aller Perioden ist die Auseinandersetzung mit existenziellen Fragestellungen des Menschseins, etwa anhand der Analyse des menschlichen Kopfes, ein Leitmotiv der Schau. Damit skizziert die Ausstellung Frohners Position als Vertreter einer klassischen Moderne.
Mit signifikanten Beispielen zeigt die Schau zudem die Bezugspunkte zwischen Malerei und Zeichnung auf. Dies verdeutlicht die Herangehensweise des Künstlers, für den der Dialog zwischen den Ausdrucksformen charakteristisch ist.
DIE ZEICHNUNG ENTSTEHT IM KOPF. FROHNER ALS ZEICHNER: ERÖFFNUNG Samstag, 15. Oktober 2022, 11 Uhr, Eintritt frei bis 13 Uhr DAUER 15. Oktober 2022 – 26. März 2023 ORT FORUM FROHNER, Minoritenplatz 4, 3500 Krems-Stein ÖFFNUNGSZEITEN Di – So und Mo, wenn Feiertag 11 bis 17 Uhr; Schließtage: 24. + 25. Dezember, 01. Jänner INFORMATON T +43 2732 908010 office@kunstmeile.at http://forum-frohner.at
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