Konzerthaus
Bravissimo Maestro
musicAeterna of Perm Opera. Verdi-Requiem stand auf der Ankündigung der Elbphilharmonie. Am 2.4. fand dort das Konzert statt. Die deutschen Gazetten überschlugen sich mit Lobeshymnen. Also durften wir im Wiener Konzerthaus ähnliches erwarten.
Wo liegt Perm? Früher in einer verbotenen Zone, heute Tor nach Europa. Wusste ich nicht. Einst düsteres Rüstungszentrum der Sowjetunion inszeniert sich Perm am Ural neuerdings als Kulturmetropole. Doch noch prägen Gebäude aus der Sowjetära das Bild der Stadt, werde ich von Wikipedia belehrt. musicAeterna orchestra wurde 2004 in Nowosibirsk von Teodor Currentzis gegründet und ist seit 2011 das Residenzorchester der Oper Perm. Seit dieser Zeit tritt die Formation eine erfolgreiche Reise um die Welt an.
Teodor Currentzis ist nicht nur ein Musikgigant, sondern auch ein Marketinggenie. Er macht vieles anders. Die Streicher stehen am Podium. Beim Verdi-Requiem erscheinen alle in schwarzen Talaren, Männer wie Frauen. Man fühlt sich in eine orthodoxe Weihestunde versetzt.
Verdis „Messa da Requiem“ ist eine Totenmesse, die Andacht, Demut verlangt und dann Erlösung bringt. Verdi findet verschiedene Stilelemente. In sich gekehrt, dann wieder steigendes Emotions-Crescendo. Currentzis spielt mit gestalterischer Wucht das Leiden von Jesus’ Tod. Beim „Dies irea“ prasselt ein Orkan der Blechbläser, verstärkt durch Trompeten aus der Loge, auf das Publikum nieder. Die Sänger – Zarina Abaeva (Sopran) Varduhi Abrahamyan (Mezzosopran), René Barbera (Tenor) und Tareq Nazmi (Bass) – stehen mehr als bei anderen Dirigenten unter Beobachtung. Während das musicAeterna orchestra und der Chor ein eingespieltes Team sind, brauchen die Solisten eine bestimmte Art von Artikulation, damit sich die Farbenpracht entfalten kann. Während die Mezzosopranistin kaum dem Anspruch dieser Aufführung entsprechen kann, feiert René Barbera ein beachtliches Debüt. Die Schlusssequenz wird von der Empore des Konzerthauses in den Saal geschmettert. Die herrliche Sopranistin legt das „Requiem aeternam“ als Ende einer gnadenvollen Reise an.
Was einen Dirigenten auch auszeichnet: Er verharrt nach dem letzten Klang in Stille - eine gefühlte Minute lang ist im großem Saal des Wiener Konzerthauses kein noch so leises Geräusch zu hören. Erst dann bricht Jubel aus, Standing Ovations. Die Akteure verneigen sich gleichzeitig in alle Richtungen. Auch das ist ein Novum. Ein denkwürdiges Konzert fügt sich in mein Herz.
Wer noch mehr von musicAeterna hören will, hat am 5.9. (Le nozze di Figaro), am 7.9. (Don Giovanni) und am 9.9.(Cosi fan tutte) Gelegenheit dazu.
Infos und Tickets: www.konzerthaus.at.
Reinhard Hübl
Du möchtest selbst beitragen?
Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.
1 Kommentar
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.