Akademietheater
Wenn einem reichen Banker fad wird...

- Der Kandidat umgeben von "Hofschratzen"
- Foto: Georg Soulek/Burgtheater
- hochgeladen von Reinhard Hübl
…….dann macht er Dinge, die seinem Profil abträglich sind und in ihm einen Reiz zum Übermut auslösen. Es soll ja Firmenleiter geben, die in die Politik gehen und dann massiv scheitern. 100 Jahre ist das Stück „Der Kandidat“ alt. Im Akademietheater wird es ins Jetzt verlegt. Der Regisseur führt uns in eine Welt des Absurden. Er bereitet dem Publikum eine Farce auf, deren tieferer Grund in der Naivität des Kandidaten Russek liegt.
Man ist versucht zu glauben, dass man einen ideologiebefreiten Menschen vor sich hat. Im Pyjama philosophiert er über liberal, rechts, links, konservativ, sozial. Er weiß nicht, wie er sich politisch einordnen soll. Es läuft aus dem Ruder. Eine Rechtsanwältin (auch Spin-Doktorin) versucht, ihn zu ihrem Sprachrohr zu machen. Ein Medienunternehmer pirscht sich heran, will Russeks Tochter heiraten und im Hintergrund die Strippen ziehen. Der Redakteur einer unbedeutenden Zeitung verhabert sich mit dem Kandidaten, will ihm entlocken, was andere noch nicht wissen. Die Drängelei der Meinungsbildner ist beängstigend. Durch die Ahnungslosigkeit des Quereinsteigers sind den Manipulationen Tür und Tor geöffnet. Bald fühlt sich Russek als Volkstribun, betreibt Wählertäuschung. Er überschreitet die Schamgrenze. Die Wertehaltung gleitet ins Bizarre ab. Die populistischen Einflüsterer und Lobbyisten formen und verändern das Bild des Kandidaten.
Russek hält eine Brandrede und glaubt am Ende, 10 Gebote verkünden zu müssen. Völlig entrückt betet er krasse Verhaltens- und Werteregeln herunter und scheint damit glücklich zu sein. Die Macht ist jetzt bei ihm. Erschreckend, wie sich die Ereignisse im Heute wiederfinden.
Die Bühne ist eine illuminierte Scheibe (möglicherweise ein Roulette?), auf der die Protagonisten gekonnt in vielerlei Verrenkungen agieren, darüber platziert ein Spiegel, der manchmal das Publikum sichtbar macht, so als wollte man sagen: Ihr seid betroffen, ihr wählt die Manipulanten, ihr werdet es spüren, was die Politik mit euch macht, ihr versteht nicht die geschickt verschlüsselten angsteinflößenden Botschaften.
In der Groteske spielt Gregor Bloéb den Kandidat Russek als überragende Leitfigur. Die Ehefrau (Petra Morzé) sonnt sich in dem gesellschaftlichen Status und vergnügt sich mit ihrem Liebhaber. Florian Teichtmeister ist der undurchsichtige Medienunternehmer Grübel. Der Redakteur Bach (Sebastian Wendelin) ist eine sprachliche Koryphäe, die sich mit den Wortspenden in ernsthafte Gefahr begibt. Sabine Haupt spielt eine dubiose Rechtanwältin. Alle anderen, die ebenso brillante Leistungen erbringen, fallen leider ein wenig der Platzbeschränkung zum Opfer. In knapp zwei Stunden verwandelt sich ein reicher Fadist zu einem vermeintlichen Hero der Unkultur und zu einer Hure der Politik.
Fazit: Sehr wertvoll und volles Lob vom Publikum.
Umrahmt wird die Aufführung mit psychedelischer Musik.
Next: am 30.11 wird wieder „Der Kandidat“ gespielt. Hingehen!
Die nächste Premiere ist am 23.11. im Vestibül: Rainer Werner Fassbinders „Tropfen auf heiße Steine“.
Das Burgtheater bieten ein Sternstunden-Abonnement an: Sechs flexible Schecks für Ihre persönlichen Sternstunden am Burg¬- und Akademietheater – vielleicht als Weihnachtsgeschenk.
Alles unter: www.burgtheater.at
Reinhard Hübl
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