Helden sind wir alle, wenn dahinter Humanität steht.
Was macht ein Veranstalter wie das Wiener Konzerthaus, um dem Publikum neue Musik schmackhaft zu machen. Er setzt dieses an die erste Stelle eines Konzertes und lässt danach ein glanzvolles Stück aus der Konzertliteratur zur Aufführung bringen. So auch dieser Tage, als die Bamberger Symphoniker eine beindruckende Vorstellung in Wien präsentierten.
Wenn Sie gestatten, beginne ich mit der „leichteren“ Kost: „Heldenleben“ von Richard Strauss. Was ist ein Heldenleben? Ist es jemand, der militärisch von Sieg zu Sieg eilt, wie Alexander der Große, oder ist es jemand, der sich zeit seines Leben für Daniederliegende einsetzt, wie Mutter Theresa. Oder ist es jemand, dem Alltägliches zugeschrieben wird, wie einer Krankenschwester, einem engagierten Lehrer, einem humanen Chef. Diese Gedanken gehen mir durch den Kopf, als das Orchester stürmisch an meiner Fantasie rüttelt. Die Tondichtung mag von Fachleuten mit allerlei Deutungen versehen werden, wirklich wichtig sind die Gefühle und Empfindungen des Auditoriums im Konzert. Sehr martialisch mit Trommelwirbel, Pauke und großer Trommel kommt des Helden Widersacher unter die Räder. Des Helden Friedenswerke leitet das Orchester mit sanften Tönen im Pianissimo ein, um dann prächtig mit voller Kraft ins Finale zu gehen. Ich bin offen für den Heldenmythos, wenn er in humanistische Bahnen gelenkt wird. Doch manchmal bricht schnell eine Heldendämmerung ins Leben. Die Helden sind danach keine Helden mehr, sie verschwinden im Nichts, in die Bedeutungslosigkeit.
Die Bamberger musizieren subtil, mit Freude und Elan. Dirigent Jonathan Nott führt des Orchester solide, lässt viele Nuancen zu - man hört die Ensemble-Gruppen sehr deutlich. Einfach eine professionelle Leistung, die den Auftritt im Wiener Konzerthaus rechtfertigt. Auch Intendant Matthias Naske sieht und hört es mit Wohlgefallen.
Zum ersten Teil des Konzertes stelle ich ein Zitat aus dem Programmheft voran: „Im sogenannten „Klagflächenstil“ sind sämtliche hergebrachten Kategorien von Harmonik, Melodik, und Rhythmus endgültig außer Kraft gesetzt…“ Der nach Österreich geflüchtete Ungar György Ligeti ist Schaffer von atonaler Musik, und er ist davon überzeugt, mit seiner Notensetzung neue Wege zur Partitur zu beschreiten. Das Ehrenmitglied der Wiener Konzerthausgesellschaft zieht mit seinen Werken in die Hallen der größten Künstler ein. Im aktuellen Konzert aus Anlass seines 10. Todestages wird Ligetis Schöpfung mit dem rund 300 Jahre früher geborenen Komponisten Henry Purcell („Composer for the violins“ am Hof von William III.) verwoben. Vierstimmige Fantasien für Streicher bringt das Ensembles „Sirus Viols“ zu Gehör. Die jungen Damen und Herren an den Violas de Gambas spielen mit Bravour und ernten dafür viel Applaus.
Insgesamt kann den Abend als Erfolg gesehen werden, denn Freunde des Atonalen kamen genauso auf ihre Rechnung wie die Anhänger der klassischen Notensetzung. Die Bamberger schaffen es geschickt, zwischen den Musikstilen zu vermittelten. Vielen Dank dafür.
Next: Wiener Symphoniker am 21.6. unter dem Dirigat von Robert Trevino und Alice Sara Ott am Klavier. Programm: Peter Iljitsch Tschaikowsky, Franz Liszt und Antonín Dvořák
Next Abos: All that Jazz, The Art of Song, world – Mannigfaltiges Spektrum der Kulturen, «Im Klang» mit den Wiener Symphonikern und viele andere mehr.
Next Great Voices: Beczala und Yoncheva am 19.6.2016
Infos und Tickets: www.konzerthaus.at
Reinhard Hübl
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