Interview zur Fastenzeit

Herr Stadtpfarrer, warum sollte man fasten?

Der Wolfsberger Stadtfparrer Christoph Kranicki über den persönlichen Gewinn, den uns das Fasten bringen kann - und warum sich immer mehr junge Menschen dafür interessieren.

Herr Kranicki, warum sollte man überhaupt fasten?
Christoph Kranicki: Das Fasten, also das bewusste Verzichten auf etwas Angenehmes, führt den Menschen zur Freiheit und hilft, die Gewohnheiten zu hinterfragen und das Wesentliche im Leben nicht aus den Augen zu verlieren. Das große Konsumangebot macht den Menschen oft zum Sklaven der Dinge, zum Sklaven der aktuellen Mode, die schnell vergeht. Das Fasten hilft uns, sich dem Geist und dem Unsichtbaren zu öffnen und so Freiräume für Gott im Leben zu entdecken. Besitz und Genuss engen ein, das Fasten aber befreit und schenkt innere Freude.

Neben dem klassischen Fasten in Bezug auf Ernährung gibt es mittlerweile viele verschiedene Formen, zum Beispiel Social-Media-Fasten oder Autofasten. Ist Fasten ein Grundbedürfnis der Menschen?
Jede Weltreligion hat fixe Fastenzeiten und schon das zeigt uns, dass das Fasten nicht gegen den Menschen ist, sondern ihm hilft. Wir sind nicht wie Tiere dem Gier oder Reiz des Augenblicks unterworfen. Wir Menschen sind nicht nur auf das Irdische, sondern vielmehr auf das Spirituelle konzentriert. Diese von Ihnen erwähnten neuen Wege beim Fasten bestätigen das deutlich: Der Glaube hilft uns im Leben, will uns nicht von irgendetwas berauben, sondern vielmehr unseren Geist nähren und stärken. Dazu dient die Fastenzeit - ein großes Geschenk für alle Gläubigen.

Ist Fasten eher ein Thema der älteren Generation oder interessieren sich deiner Erfahrung nach auch junge Menschen dafür?
Nicht nur das Fasten, sondern überhaupt das Gebets- und Glaubensleben erlebt in meinen Augen bei jungen Menschen eine gewisse Renassance. Die jungen Menschen sind sehr vernünftig, sie sehen, wohin der oberflächliche Lauf nach Geld und Erfolg führt. Und deshalb entdecken sie im Glauben einen Raum, wo sie etwas ganz anderes, von Druck befreites und spirituelles erfahren können. Ich staune oft, wie sich die Jugendlichen nach Wurzeln im Glauben sehnen.

Welchen Rat können Sie Menschen geben, die selbst fasten wollen?
Zuerst überlegen, aus welchem Grund man Fasten will. Rein gesundheitliche Gründe scheinen mir oberflächlich und egoistisch zu sein. Aus Liebe zu Gott zu fasten oder bestimmte Anliegen vor Gott tragend, macht das Fasten viel tiefer und sinnvoller. Es gibt wunderbare Bibelstellen, die uns in dieser Zeit begleiten und stärken können. Jesus hat auch gefastet, zum Schluss ist er am Kreuz gestorben, von allem Vergänglichen befreit und am dritten Tag auferstanden - es gibt für mich keine schönere Motivation für das Fasten als diese. So gewinnt man Adel des Geistes - ganz selten in der heutigen Gesellschaft.

Welche Form des Fastens betreibst du denn selbst?
Grundsätzlich faste ich Fleisch jeden Mittwoch und Freitag, das ganze Jahr. In dieser Art und Weise bringe ich alle Anliegen meiner Pfarre und mir anvertrauten Menschen vor Gott. In der Fastenzeit versuche ich zusätzlich generell auf den Fernseher und das Radio im Auto zu verzichten, mehr Stille zu suchen, in der Stille zu beten und so die innere Ruhe zu finden. Das stärkt und bringt große Früchte.