Ein Weg aus der Vergessenheit
Die Geschichte der Villa Pollak
Nicht immer war der Atzgersdorfer Park ein Naherholungsgebiet. Einst ruhte hier eine prunkvolle Villa, in der die Familie Pollak lebte.
WIEN/LIESING. Als Naherholungsgebiet macht der Stadtpark Atzgersdorf eine gute Figur. Fragt man nach seiner Geschichte, so lautet die Antwort wohl zumeist, dass das Areal bis vor Kurzem noch als Campingplatz genutzt worden war.
Kaum etwas lässt anmuten, dass sich hier einmal eine prunkvolle Villa befunden und eine Familie gelebt hat. Einzig ein alter, vom Verfall bedrohter Zierbrunnen ist übrig geblieben.
Die Villa Pollak entsteht
1888 erwarb der böhmisch-jüdische Industrielle Gustav Pollak das 30.000 Quadratmeter große Areal, auf dem sich eine Mühle und ein Herrenhaus befanden. Er eröffnete hier eine Gerberei und Lederwarenfabrik. Das Herrenhaus, das sich an der heutigen Breitenfurter Straße 267 befand, ließ er in eine Wohnvilla umbauen.
Die Inneneinrichtung der Villa stammte vom Jugendstilarchitekten Josef Hoffmann, der bereits Pollaks Palais in der Prinz-Eugen-Straße im dritten Bezirk ausgestattet hatte. 1926 ließ Pollak die Fabrik stilllegen und zog mit seiner Frau Anna in die Wohnvilla.
Als Pollak im Jahre 1933 verstarb, verkaufte seine Witwe das Palais im dritten Bezirk. 1938 folgte der Verkauf der Villa. Angesichts der damaligen politischen Lage ist es nicht auszuschließen, dass dies unter dem Druck der Nationalsozialisten geschah. Im Jahre 1941 nahmen sich Pollaks Witwe, Sohn und Schwiegertochter das Leben.
Pollaks Tochter Franziska wurde 1944 in Auschwitz ermordet. Eine Frau namens Vera Pollak, die nach Amerika geflüchtet war, meldete sich als Pollak-Erbin. Aus heutigen Quellen geht nicht klar hervor, ob sie sich als Tochter oder Enkelin Pollaks gemeldet hatte. Sie konnte bis zu ihrem Ableben 1990 keine Rückgabe erreichen.
Nach dem Krieg
Die Villa Pollak wurde im Jahre 1968 abgerissen, an ihrer Stelle wurde der Campingplatz Wien Süd errichtet, der bis 2021 bestehen blieb. Inzwischen kennt man das Areal als Teil des Atzgersdorfer Stadtparks.
Gerade liegt der Kulturkommission ein Antrag von Ernst Paleta von Pro23 vor, eine Gedenktafel zu errichten. Diese soll ein "Mahnmal gegen Menschenvernichtung, Terror, Hass und Krieg" sein, denn das Schicksal der Familie sei beispielhaft für diese Zeit.
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