LehrlingRundSchau
Schwerer Start in Eigenständigkeit

- Arbeiten, aber das Leben kaum leisten können: Die Teuerung erzeugt negative Bilder in der Zukunftsplanung vieler Lehrlinge.
- Foto: kaarsten/panthermedia
- hochgeladen von Oliver Wurz
Die steigenden Kosten für Miete, Energie und Lebensmittel machen vor allem Lehrlingen zu schaffen.
LINZ-LAND. Sein eigenes Geld verdienen, weg aus Obhut und Bevormundung der Eltern: Eine Lehre und der damit verbundene Eintritt in die Arbeitswelt ist auch gleichbedeutend mit einem großen Schritt in Richtung Eigenständigkeit. "Der monetäre Anreiz sowie der frühe Zugang zu finanzieller und zugleich emotionaler Unabhängigkeit sind prägend für Jugendliche", weiß auch Sascha Reischl von Zukunft Jugend. Doch wie steht es tatsächlich um die neu erworbene Freiheit von Lehrlingen?
Treibstoff, Lebenskosten und Miete
Die aktuelle Teuerungswelle und die Energiekrise lassen derzeit die Kosten und Preise in fast allen Bereichen durch die Decke gehen. Vor allem für Lehrlinge rückt dadurch der Traum von der Abnabelung vom Elternhaus – aufgrund des vergleichbar niedrigen Gehalts/Lehrlingsentschädigung – oftmals in die Ferne. "Treibstoff, Lebenskosten und Miete machen sowohl den Start in ein eigenständiges Leben, genauso wie den Aufbau von Vermögen, für die jungen Leute immens schwer", bestätigt Ferdinand Herndler von der Schuldnerhilfe OÖ Oberösterreich. Hinzu kämen noch klassische Bereiche, wie geringes Bewusstsein über Auswirkungen von Kaufentscheidungen, schnell verfügbares Geld, teure Verträge, die günstige Käufe vortäuschen, oder wenig Ansparungen für Notfälle, die junge Menschen in die finanzielle Bredouille bringen können.
Nach der Decke strecken
Um auch als Auszubildender eigenständig über die Runden kommen zu können, rät Herndler zu einer bewussten und aktiven Auseinandersetzung mit seiner individuellen, persönlichen Finanzsituation. "Man sollte Handlungsspielräume als solche wahrnehmen und auch nutzen, also kaufen, was ich mir leisten kann", so der Experte. Zudem solle man Abhängigkeiten vermeiden: "Finger weg von Fremdfinanzierungen und Ratenkäufen, wo diese nicht unbedingt notwendig sind. Und weniger auf andere und ihre finanzielle Situation schauen. Genau diese Themen behandeln die Finanzbildungsangebote der Schuldnerhilfe. Am intensivsten im Finanzführerschein", so Herndler.
Belastung für Psyche
Voll arbeiten und sich dennoch das Leben kaum leisten zu können, schlägt auch auf die Psyche: "Die aktuelle Lage ist für junge Menschen am Anfang ihrer beruflichen Karriere eine große Belastung. Die Teuerungen erzeugen negative Bilder in der Zukunftsplanung, was nicht selten Resignation auslöst, obwohl in diesem Alter Zukunftsplanung – wie berufliche Karriere, Familienplanung, Wohnraumschaffung – das Lebensthema sein sollte", warnt Herndler.
Politik in der Pflicht
Der Schuldnerberater nimmt auch die Politiker in die Pflicht: "Die Politik muss jungen Menschen aktuell mehr denn je positive Perspektiven anbieten. So bräuchte es gezielte Unterstützung von finanziell schlechter gestellten Personen, damit diese durch die Teuerungswelle nicht in Verschuldung und in Folge Überschuldung schlittern." Zudem fordert man bei der Schuldnerberatung eine Stärkung des Konsumentenschutzes. "Je mündiger und gut informiert jemand ist, umso sinnvollere Kaufentscheidungen trifft diese Person", so Herndler.



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