Menschen im Gespräch
Ein Sprachrohr für Arbeitssuchende

Brigitte Hofer ist Sprecherin des ÖGB OÖ Themenforum Arbeitslosigkeit. | Foto: ÖGB OÖ
  • Brigitte Hofer ist Sprecherin des ÖGB OÖ Themenforum Arbeitslosigkeit.
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Brigitte Hofer hat sich zum Ziel gesetzt, die Lebenssituation arbeitsloser Menschen zu verbessern.

LINZ. Das Themenforum Arbeitslosigkeit (TFAL) des ÖGB Oberösterreich fängt Menschen auf Arbeitssuche auf und bietet neben Unterstützung auch aktive Mitarbeit an. Sprecherin Brigitte Hofer dazu im Gespräch:

Warum ist es so wichtig, dass sich die Gewerkschaft für Arbeitslose einsetzt?
Brigitte Hofer:
Weil arbeitslose Menschen – die sehr oft auch während ihrer Arbeitslosigkeit Gewerkschaftsmitglied bleiben – in ihrer meist verzweifelten Situation nicht alleine gelassen werden dürfen. Sie brauchen auch – und gerade – in dieser Zeit einen verlässlichen Partner, der bei Problemstellungen hilft und sich für ihre spezifischen Anliegen einsetzt.

Was bietet das Themenforum Arbeitslosigkeit den Menschen an?
Wir als TFAL sehen uns als Sprachrohr für unsere arbeitslosen Kollegen. Wir bieten an, uns zu kontaktieren, ihre Anliegen zu formulieren und zu transportieren und bei Rechtsfragen an die entsprechenden Stellen weiterzuleiten. Darüber hinaus laden wir Arbeitslose auch ein, sich aktiv an unseren Aktionen zu beteiligen.

"Lange Arbeitslosigkeit nagt immens am Selbstwertgefühl eines Menschen." 

Sie haben viel mit Langzeitarbeitslosen zu tun – wo liegen deren größten Probleme?
Eines der größten Probleme liegt in der fehlenden Wertschätzung arbeitsloser Menschen durch die Gesellschaft. Viele fühlen sich an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Lange Arbeitslosigkeit nagt immens am Selbstwertgefühl eines Menschen. Der wirtschaftliche und finanzielle Überlebenskampf arbeitsloser Menschen ist natürlich ebenfalls ein wesentliches Problem.

Was braucht es, um die Lage älterer Arbeitsloser zu verbessern?
Initiativen wie die „Aktion 20.000“ waren vorbildhaft, um Langzeitarbeitslose wieder vernünftig an ein Erwerbsleben heranzuführen. Die Wirtschaft ist leider vielfach einfach nicht willens, älteren Menschen noch eine Chance zu geben. Unter dem Motto „zu alt für die Arbeit und zu jung für die Pension“ werden immer mehr Menschen auf die Straße gesetzt und dem Staat übergeben. Hier fehlt oftmals die soziale Verantwortung der Unternehmen.

Wie kann Arbeitslosen der hohe Druck genommen werden?
Arbeitslosigkeit muss von der Gesellschaft akzeptiert und nicht kriminalisiert werden. Jeder, der schon selbst einmal arbeitslos war, weiß wie schwer diese Zeit auf der Psyche lastet. Zuallererst müssten Betroffenen ihre dramatischen Existenzängste genommen werden. Dazu würde eine Arbeitslosenunterstützung die ein würdiges Überleben garantiert, eine unschätzbare Basis darstellen. 

"Sinnvolle Umschulungen in Branchen mit höherem Personalbedarf wären sicher zielführender."

Was wünschen Sie sich vom Arbeitsmarktservice?
Vom AMS wünschen wir uns ausreichend Zeit für die Beratungsgespräche und die Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Einzelnen. Oftmals müssen wir auch sehen, wie das Arbeitslosengeld für die Betroffenen relativ leicht für einen gewissen Zeitraum entzogen wird – wir sehen darin aber keinen arbeitsmarktpolitischen Lenkungseffekt, sondern nur eine weitere Verschärfung der Lebensumstände. Hingegen wären verstärkt sinnvolle Umschulungen in Branchen mit höherem Personalbedarf sicher zielführender.

Was wünschen Sie sich von den Unternehmen?
Hier bräuchte es einen regelrechten Paradigmenwechsel. Nur jung, dynamisch, erfolgreich – aber mit großer Berufserfahrung, – das ist ein Anforderungsprofil an Arbeitnehmer, welches nicht der Realität entsprechen kann. Modelle, in denen in Betrieben Jung und Alt zusammenarbeiten, könnten durchaus zufriedenstellend verlaufen.

Wie können Angehörige oder Freunde helfen?
Jeder von uns kann in seinem beruflichen oder privaten Umfeld achtsam sein und im Optimalfall Arbeitssuchende vermitteln. Manche Unternehmen wenden sich nicht an das AMS mit Stellenangeboten, sondern an die Medien – hier kann jeder jedem helfen.

Positionspapier zu "AMS-Algorithmus"

"Arbeitslosigkeit kann auch krank machen – weiß das ein Computer?", fragt das ÖGB OÖ Themenforum Arbeitslosigkeit (TFAL) in einem Positionspapier zum geplanten AMS-Algorithmus, der ab 2020 zur Ermittlung der Arbeitsmarktchancen von Arbeitslosen eingeführt wird. Darin heißt es unter anderem:

"Mit 1.1.2020 (...) wird ein Computer die „Bewertung“ der arbeitslosen Menschen übernehmen und sie in drei Gruppen/Segmente einteilen. Die Frage der Gleichbehandlung und Diskriminierung wird dabei genauso außer Acht gelassen, wie eine ausreichende Evaluierung der Testphase!" Und weiter: "Menschliche Parameter fallen dabei völlig durch den Rost. Die Rechenresultate von Algorithmen werden nicht hinterfragt (...) Sie sind nicht intelligent im Sinne, Situationen ein – und Folgen abzuschätzen. Die zugeteilten BeraterInnen des AMS – die meist unter Zeitdruck stehen – werden die Ergebnisse des CPU in den seltensten Fällen korrigieren. Dabei wird eine Fehlbeurteilungsquote durch den CPU von etwa einem Fünftel (Quelle: Synthesis)."

Auch die Arbeiterkammer OÖ geht in ihrer ersten Einschätzung davon aus, dass nachteilige Folgen für die Betroffenen angenommen wird. TFAL verlangt daher "eine Arbeitsmarktpolitik, die die Menschen nicht ausgrenzt, sondern gerade hier stark fördernd eingreift."

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