Tauschkreise: Nachbarschaftshilfe mal anders

- Getauscht wird, was beliebt: etwa kleinere Reparaturen gegen eine Massage oder eine Jeans gegen einmal Rasenmähen.
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Wir alle tauschen jeden Tag viele Dinge gegen Geld. In einem Tauschkreis tauschen Menschen Talente und Dinge, die man für Geld oft gar nicht kaufen kann.
Die Idee, Waren und Tätigkeiten im bargeldlosen Tausch anzubieten ist uralt. Am Beginn der 80er richtete der Arbeitslose Brite Michael Linton den ersten Tauschkreis ein, die Idee verbreitete sich schnell über Europa und Amerika. Auch in Linz und Oberösterreich gibt es inzwischen regional organisierte Tauschkreise, in denen sich Leute zusammengefunden haben, die Waren und Dienstleistungen auf der Basis einer symbolischen Währung tauschen.
Den Wert der Arbeit bestimmt in diesen Systemen vor allem der Zeitaufwand, nicht andere wirtschaftliche Faktoren. "Alle Dienstleistungen sind gleich viel Wert. Pro Stunde erhält ein Teilnehmer zehn Punkte", sagt Claudia Dannerbauer vom Verein VSG Innovative Sozialprojekte, der in Linz den Tauschkreis "Time" betreibt. Mit diesem System hinterfragen die Tauschkreise traditionelle, sozial hinterfragbare Wirtschaftsformen, sie definieren Arbeit neu und bewerten den Menschen primär nach seinen Bedürfnissen und Fähigkeiten und nicht nach seiner Marktkompatibilität.
In einer anonymen Großstadt haben Tauschkreise eine wichtige soziale Funktion und knüpfen auch an das kreative Potential von Randgruppen an. "Ursprünglich war der Tauschkreis für sozial Schwächere und solche Menschen gedacht, die aufgrund ihrer Geschichte von der Gesellschaft ausgeschlossen sind. Wir versuchen, die sozialen Kontakte zu stärken", so Dannerbauer.
Ein Tauschkreis ermöglicht Menschen, die nur schlecht oder gar nicht in den Arbeitsmarkt integriert sind, ihre Talente und Fähigkeiten im Rahmen privater Nachbarschaftshilfe anzubieten, einzusetzen und zu erweitern und im Austausch dafür das Angebot anderer Menschen in Anspruch zu nehmen. Im Idealfall schafft ein solches System auch die Verbindung verschiedener sozialer Gruppen. "Es tauscht sich leichter, wenn man den anderen kennt. Wir setzen dabei auf verschiedene Aktivitäten, wie Gruppentreffen, die fünf bis sechs Mal pro Jahr stattfinden, Infoveranstaltungen, Sommerfeste, Weihnachtsfeiern und ähnliches", sagt Dannerbauer.
Derzeit nehmen rund 80 bis 90 Personen am Tauschkreis "Time" teil. Die Mitglieder sind altersmäßig bunt gemischt und stammen aus Linz sowie dem unteren Mühlviertel. Neumitglieder sind herzlich willkommen, denn je mehr Menschen mitmachen, desto größer ist die Vielfalt des Angebots und der Nachfrage. "Time" bietet außerdem Kooperationen mit anderen Tauschkreisen für ein vielfältigeres Tauschangebot. "Getauscht werden Sach- und Dienstleistungen, von kleinen handwerklichen Tätigkeiten über bügeln bis zu Kleidung oder Lebensmitteln. Diese können im Austausch gegen Punkte anderen Mitgliedern zur Verfügung gestellt werden. Jeder erhält ein sogenanntes Kumpelkonto, auf dem Gutschriften und Lastschriften festgehalten werden. Diese sollten sich die Waage halten."
Infos und Kontakt: www.vsg.or.at
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