Wenn der Nachbar zum Freund wird

- Die vier jungen Gründer, unter ihnen Valentin Schmiedleitner (ganz links) wollen Nachbarn untereinander besser vernetzen.
- Foto: Helena Wimmer
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"Frag nebenan" will mit einem Online-Netzwerk die Nachbarschaft in Linz beleben.
Auf Facebook verfolgen wir jeden Schritt unserer ehemaligen Schulkollegen. Was der Nachbar macht, der unter uns wohnt und der jeden Tag so freundlich grüßt, wissen wir aber nicht. "Frag nebenan" will das ändern. Das Online-Netzwerk ist soeben in Linz gestartet. Ziel ist es, Nachbarn untereinander zu vernetzen – ganz real. "Das Internet ist dafür nur ein Mittel zum Zweck", sagt Valentin Schmiedleitner, der "Frag nebenan" gemeinsam mit drei Freunden in Wien gegründet hat. Schmiedleitner ist in Leonding in einem gemeinschaftlichen Wohnprojekt aufgewachsen. "Ich kannte die Vorteile einer guten Nachbarschaft. Nach dem Studium habe ich gemerkt, dass der Kontakt zu den Nachbarn in der Stadt einfach fehlt. Das geht auch anderen so. Wir haben damals eine Umfrage gemacht, laut der sich 60 Prozent der Wiener mehr Kontakt zu ihren Nachbarn wünschten."
Plattform wächst schnell
Oft scheitert der Kontakt aber an der passenden Gelegenheit. Die vier Jungunternehmer entwickelten daher eine Online-Plattform, mit der sie im Mai 2014 im siebten Bezirk in Wien starteten. Inzwischen wurde "Frag nebenan" stetig ausgeweitet und hat allein in Wien 32.000 Nutzer. Seit Mai können sich auch in Graz, Leoben und Kapfenberg Nachbarn vernetzen, seit September in Linz, Salzburg, Klagenfurt und Innsbruck. "In Linz gibt es bereits mehr als 200 Nutzer aus dem ganzen Stadtgebiet. Damit wächst die Plattform schneller als zum Beispiel in Salzburg. Es scheint, als wären die Linzer sehr offen und das freut mich natürlich ganz besonders", so Schmiedleitner.
Reale Nachbarschaft ausbauen
"Frag nebenan" vernetzt Nachbarn, die im Umkreis von 750 Metern wohnen. Das entspricht fünf bis zehn Gehminuten. "Wir wollen mit ,Frag nebenan’ keine Online-Nachbarschaft erzeugen sondern die Nachbarschaft im echten Leben ausbauen", so der Gründer. Die Plattform soll mehr Kommunikationsplattform als Tauschbörse sein: Die Nutzer können Empfehlungen abgeben, etwa für Ärzte oder Restaurants, Dinge tauschen oder verschenken, Nachbarn um Hilfe bitten, Treffen vereinbaren und mehr. "Pro Posting gibt es durchschnittlich 2,5 Antworten. Es ist immer wieder spannend zu sehen, wie viel Wissen, Ressourcen und ähnliche Interessen es in einer Nachbarschaft gibt", sagt Schmiedleitner, der selbst schon oft von seinen Nachbarn profitiert hat – "vom dringend benötigten Dörrapparat über den vorübergehenden Garagenplatz bis zum Hausfest".
Netzwerk mit Mehrwert
Für die Linzer ist die Nutzung gratis. "Frag nebenan" will außerdem ohne störende Werbebanner auskommen. Geld verdient die Plattform mit Hausverwaltungen, lokalen Unternehmen oder der öffentlichen Hand, die sukzessive in das Netzwerk eingebunden werden sollen. "In Wien läuft etwa ein Pilotprojekt mit Installateuren. Gibt es eine Thermenwartung in einer Straße, kann der Installateur in der Nachbarschaft fragen, ob es weitere Interessenten gibt. Davon profitieren beide: Der Installateur bekommt mehr Kunden, diese sparen bei den Anfahrtskosten." Politische Werbung ist verboten, stattdessen soll eine neue Form der Kommunikation zwischen Bürgern und Verwaltungseinheiten ermöglicht und wichtige Infos mit Mehrwert, etwa Straßensperren, Sanierungen etc. an das richtige Publikum kommuniziert werden.
Alle Generationen an Bord
Rund 70 Prozent der Nutzer sind zwischen 30 und 45 Jahre alt, vor allem junge Familien nutzen die Online-Plattform. Aber auch immer mehr Ältere finden den Weg ins Netz. 20 Prozent der "Frag nebenan"-Nutzer sind über 60 Jahre alt. "Viele Ältere sind zunehmend alleinstehend. Dazu sind Nachbarschaften in vielen Häusern verloren gegangen. Weil sie aber wissen, welchen Wert Nachbarschaft hat, wünschen sie sich wieder mehr Austausch und wollen Kontakte knüpfen." Die Gemeinschaft kann den Alltag um ein gutes Stück leichter machen. "Je besser man die Leute in seiner Umgebung kennt, desto besser ist auch die Wohnqualität. Wir wollen den Menschen ein Stück mehr Zuhause schenken", so Schmiedleitner.
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