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Zeitreisen in die Jugendjahre des Films

In diesem liebevoll eingerichteten Kinosaal lässt Georg Kügler Filmklassiker aus der Pionierzeit wieder auferstehen. | Foto: BRS/Diabl
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Frühe Werke der Filmgeschichte mit ihrer besonderen Bildsprache haben im Cinematograph seit 30 Jahren eine Bühne. Irgendwann soll ein Kulturklub das Werk von Georg Kügler weiterführen. 

LINZ. Wer glaubt, alte Filme sind Georg Küglers größte Leidenschaft, der irrt. Noch mehr faszinieren den 66-jährigen Linzer alte Eisenbahnen. Vor seiner Pensionierung war er Dampflockfahrer bei der Achenseebahn in Tirol. Seiner zweitgrößten Leidenschaft aber verdankt Linz eine einzigartige kulturelle Institution, in der die Tradition der frühen Filmkunst hochgehalten und für alle erlebbar gemacht wird: der Cinematograph.

35 Sitzplätze auf mehr als hundert Jahre alten Sesseln bietet das Programmkino.  | Foto: BRS/Diabl
  • 35 Sitzplätze auf mehr als hundert Jahre alten Sesseln bietet das Programmkino.
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Stummfilme im Kino wie damals

Es ist ein Kino wie damals. 35 Stühle stehen in Reih und Glied vor einer kleinen Leinwand, daneben ein Klavier für Live-Vertonungen – alles aus der Zeit, also Anfang des 20. Jahrhunderts. Etwas jünger sind nur die beiden Tonfilmapparate aus dem Jahr 1947, mit denen Kügler die 35-Millimeter-Filme im klassischen Überblendbetrieb zeigt. Jeder Akt ist auf einer eigenen Rolle, die er händisch wechselt. Damit keine Pause entsteht, braucht man zwei Maschinen. "Um billiges Geld gekauft, um teures eingebaut", schmunzelt Kügler. Der Vorteil ist, dass man an den robusten Maschinen noch alles selber reparieren kann. 

"Wunderbare ästhetische Bilder"

Etwa 30 Filme stehen pro Jahr auf dem Programm, hauptsächlich Stummfilme, aber auch frühe Tonfilme aus den 1930er-Jahren. "Ich habe mir gedacht: Filmbücher gibt es wie Sand am Meer, sehen kann man die Sachen aber nirgends und dem muss man entgegenwirken", sagt Kügler. An den Stummfilmen fasziniert ihn vor allem die "wunderbar ästhetische Bildsprache". Technisch sind sie sehr scharf, denn die alten Kameras hatten noch keine Tiefenschärfe. Gerade bei den etwas jüngeren Stummfilmen, also ab 1918, sei wirklich jedes Bild durchkomponiert. "Das würde auch als Postkarte funktionieren", schwärmt er.

Klavierspielen kann Kügler nicht, das übernehmen Profis von der Bruckneruni. | Foto: BRS/Diabl
  • Klavierspielen kann Kügler nicht, das übernehmen Profis von der Bruckneruni.
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Die Reise zum Mond

Seine Lieblingsfilme sind expressionistische Kunstwerke, wie der "Faust" von Friedrich Wilhelm Murnau aus dem Jahr 1926, "Der Golem" von Paul Wegener und Carl Boese von 1920 und natürlich "alles von Georges Méliès". Der französische Filmpionier hat zwischen 1896 und 1913 hunderte Filme gedreht, darunter frühe Science Fiction, wie "Die Reise zum Mond" von 1902. Diese Kostbarkeiten bekommt der Cinematograph aus verschiedenen Archiven, meist aus Kopenhagen oder dem Bundesarchiv in Berlin. Kügler bestellt sie und eine Spedition übernimmt den Transport. 

Die Maschinen sind robust und können selbst repariert werden. | Foto: BRS/Diabl
  • Die Maschinen sind robust und können selbst repariert werden.
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Das passende Haus

Klar, dass so ein Kino nicht an einem beliebigen Ort eingerichtet werden kann. Der Cinematograph befindet sich an der Oberen Donaulände in einem mehr als 300 Jahre alten Steinhaus. Ursprünglich war es ein Spitalsgebäude des Stifts Wilhering, dann das Haus eines Baders. Vor 30 Jahren hat Kügler es gekauft und liebevoll restauriert. Der kleine Rahmen passt perfekt. „Wenn man alte Filme spielt, darf man sich nicht erwarten, dass da Hunderte von Leuten kommen“, sagt er. Trotzdem ist der Cinematograph und das angeschlossene Café mit alten Sitzmöbeln nicht schlecht besucht. Das Publikum reicht von Älteren bis zu Studenten. Manchmal werden auch Sondervorstellungen gebucht, für Geburtstagsfeiern oder von Firmen. Fünf Tage pro Woche, fünf Monate im Jahr ist Vorstellungsbetrieb. Das Café schließt nur während der Film läuft, denn schließlich muss Kügler die Filmrollen wechseln.

Das Steinhaus ist mehr als 300 Jahre alt und wurde von Georg Kügler vor 20 Jahren liebevoll restauriert. | Foto: BRS/Diabl
  • Das Steinhaus ist mehr als 300 Jahre alt und wurde von Georg Kügler vor 20 Jahren liebevoll restauriert.
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Reise in die Vergangenheit

Die alten Möbel für Kino, Café und die anderen Räumlichkeiten hat er über die Jahre zusammengekauft. So ist auch sein Büro eine kleine Reise in die Vergangenheit, mit der tickenden Wanduhr, dem alten Sofa und der beeindruckenden Schreibmaschine. Als altmodisch sieht er sich nicht. Vieles gefällt ihm einfach besser. Trotz seiner Leidenschaft für den frühen Film, interessiert sich Kügler auch für zeitgenössische Werke. Er ist regelmäßiger Besucher der Linzer Programmkinos und natürlich auch beim Crossing Europe Filmfestival anzutreffen. Nur mit Blockbustern wie dem neuen James Bond kann er wenig anfangen.

Das ganze Ambiente lässt eine längst vergangene Zeit wiederauferstehen. | Foto: BRS/Diabl
  • Das ganze Ambiente lässt eine längst vergangene Zeit wiederauferstehen.
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Kulturclub soll übernehmen

Früher ließ sich mit dem Kino sogar etwas Geld verdienen. Heute ist es zwar kein Geschäft mehr, aber solange es sich finanziert, lässt Kügler es weiterlaufen. Seit 30 Jahren betreibt er das Projekt mehr oder weniger alleine. Doch er denkt bereits an die Zukunft. Es gibt einen eigens gegründeten Kulturclub, der den Cinematograph irgendwann übernehmen soll. Wer sich dafür interessiert, ist herzlich eingeladen, mitzuwirken. Nun beginnt aber erstmal die neue Kino-Saison. 

Die Jugendjahre des Films

Das Vorjahres-Programm zu "125 Jahre Film" fiel dem Lockdown zum Opfer. Ab 3. November heißt es deshalb "125+1 Jahre: Die Jugendjahre des Films". Gezeigt werden etwa "Tillys geplatzte Romanze" von 1914, "Cabiria", ein stummer Historienfilm von 1914 oder "Razzia in St. Pauli" aus dem Jahr 1932. Mittwoch bis Samstag beginnt die Vorstellung um 19.30 Uhr, jeden Sonntag gibt es um 9.30 Uhr ein Frühstück im Café und anschließend den Film.

Im Frühjahr plant Kinodirektor Georg Kügler eine große Retrospektive mit den Werken von Sergei Eisenstein.

Informationen zum Programm finden Sie hier.

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