Mit einer Geldanlage Armut "ersparen"
Viktor Leutgeb aus Urfahr unterstützt als Regionalrepräsentant von Oikocredit in Oberösterreich ethisches Investment.
Mehr als eine Milliarde Menschen leben in Armut. Mikrokredite können ihnen helfen, eine stabile Lebensgrundlage auszubauen. Oikokredit stellt Mikro- und Projektkredite zur Verfügung, die speziell auf die Bedürfnisse armer Menschen abgestimmt sind. Der Urfahraner Viktor Leutgeb leitet das Oikocredit-Regionalbüro in Oberösterreich.
STADTRUNDSCHAU: Wie sind Sie mit Oikocredit in Kontakt gekommen?
LEUTGEB: Ich bin der Meinung, dass man sich in der Pension zumindest ein-, zweimal in der Woche sozial engagieren sollte. Als ehemaliger Zentralsekretär der katholischen Jugend und Betriebswirtschaftslehrer habe ich mich viel mit Entwicklungshilfe, aber auch Bankwesen und Spekulationen beschäftigt. Vor drei Jahren habe ich mich dann Oikocredit zugewandt. Daraufhin wurde das Regionalbüro in Oberösterreich gegründet.
Worum handelt es sich bei Oikocredit?
Oikocredit vergibt Mikro- und Projektkredite an Menschen in Entwicklungsländern. Wir haben 35 Büros in der ganzen Welt.
Worin unterscheidet sich diese Geldanlage von einem normalen Investment?
Der Kredit ist absolut zweckgebunden, hat einen hohen sozialen Wirkungsgrad und ermöglicht dem Kreditnehmer den Aufbau einer Existenz. Der Kreditgeber tut Gutes, zeigt soziale Haltung und hat dennoch eine hohe Garantie. Oikocredit gibt es nun seit 35 Jahren, die Ausfallquote beträgt nur 1 Prozent.
Wer sein Geld anlegt, möchte es aber auch vermehren...
Der Geldgeber erhält 2 Prozent. Das klang früher lächerlich, ist im heutigen Vergleich aber gar nicht so schlecht.
Wer veranlagt bei Oikocredit?
Menschen von der Unter- bis zur Mittelschicht, nur wenige Wohlhabende. Es sind vor allem Menschen mit Sozialgefühl, sie sehr bewusst leben und sich mit Gesellschaftspolitik auseinandersetzen.
Was passiert mit meinem Geld, wenn ich es bei Oikocredit veranlage?
Das Geld kommt in das Treuhandkonto von Oikocredit Austria und geht von dort nach Holland, wo es in 35 verschiedene Länder aufgeteilt wird. Menschen können sich bei uns um einen Kredit bewerben und müssen ein strenges Auswahlverfahren überstehen. Der Kreditnehmer muss sich zudem verpflichten, sich weiterzubilden.
Welche Auswirkungen können solche Mikrokredite haben?
Zunächst gibt es Kleinstkredite, von denen sich die Kreditnehmer, die meist Frauen sind, etwa eine Kuh oder eine Nähmaschine kaufen können. Oft schließen sich andere Frauen aus dem Dorf an. Später entsteht der Wunsch, eine gemeinsame Molkerei oder eine Lagerhalle zu bauen. Dann kann ein Projektkredit beantragt werden. Daraus kann wiederum ein Fair Trade-Handel entstehen. Mikrokredite zeigen oft Synergieeffekte für ein ganzes Dorf oder eine Region, die Lebensqualität steigt.
Wie hat sich die Krise auf Oikocredit ausgewirkt?
Die Finanzkrise verunsichert viele. Man merkt, dass die Menschen vorsichtiger werden. Doch bei Oikocredit hat noch kein Anleger je einen Cent verloren.
ZUR SACHE
Oikocredit ist eine internationale Entwicklungsgenossenschaft, die mit der Finanzierung von Mikro- und Projektkrediten einen wirkungsvollen Beitrag zur weltweiten Armutsbekämpfung leistet. Das erforderliche Kapital zur Vergabe der Kredite wird derzeit von rund 45.000 Privatpersonen und Organisationen (393 in Oberösterreich) zur Verfügung gestellt. Dabei handelt es sich nicht um eine Spende, sondern um ein ethisches Investment zur realwirtschaftlichen Anschubfinanzierung. Seit 20 Jahren werden konstant zwei Prozent Zinsen ausgeschüttet.
Infos: www.oikocredit.at
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