Patrick Dykstra & Mark Fletcher
"Mit Walen zu schwimmen, macht süchtig"
Als Binnenland ist Österreich nicht mit einem Ozean gesegnet. Der Filmverleih Polyfilm bringt dessen Bewohner dennoch zu uns. In der Dokumentation "Patrick and the Whale" nähert sich der amerikanische Unterwasser-Fotograf Patrick Dykstra der Pottwaldame Dolores an. Zu sehen ist der Film ab dem 8. September. Die BezirksZeitung traf Dykstra und Regisseur Mark Fletcher zum exklusiven Interview.
WIEN/MARGARETEN. Er: ein durchschnittlich großer Mann. Sie: das größte Raubtier der Erde. Können sie trotzdem Freunde werden? Einen Versuch ist es wert, dachte sich Patrick Dykstra und begab sich auf eine Reise durch den Ozean vor dem karibischen Inselstaat Dominica.
Der amerikanische Unterwasser-Fotograf hegte bereits als Teenager eine Faszination für Wale. Als er damals eine lebensgroße Nachbildung eines Blauwals im „Smithsonian“-Naturkundemuseum sah, war es um ihn geschehen: „Ich konnte einfach nicht glauben, dass es auf der Erde ein Lebewesen gibt, das so groß ist. Ich wollte nicht mein Leben verbringen, ohne diese unglaublichen Tiere einmal in ihrem natürlichen Habitat zu sehen.“
Sanftmütig gegenüber Menschen
Gesagt, getan: Mittlerweile kann Dykstra jede Menge Erfahrung mit den beeindruckenden Meeressäugern vorweisen. Vor allem Pottwale haben es ihm angetan. Er wollte ihre Art zu kommunizieren verstehen und wortwörtlich in ihre Welt eintauchen. In der Dokumentation “Patrick and the Whale“ kann man ihn bei seinen Annäherungsversuchen beobachten. Bei diesen ist er so erfolgreich, dass er sich mit dem Walweibchen Dolores anfreundet.
Angst, den mächtigen Lebewesen so nah zu kommen, empfand er dabei nie: „Obwohl sie riesige, fleischfressende Raubtiere sind, sind sie unglaublich sanftmütig gegenüber Menschen. Das gilt für alle Walarten, auch für Killerwale“, erklärt er und ergänzt: „Es ist unbeschreiblich, mit Pottwalen zusammen zu sein. Ich fahre jedes Jahr mehrere Monate lang hinaus, weil es ein Gefühl ist, das süchtig macht. Man kann es mit nichts anderem ersetzen.“
Ein Mann, eine Mission
Dykstra ist jedoch nicht nur darauf aus, tierische Freundschaften zu schließen. Er hat eine Mission: eine speziell entwickelte Kamera am Unterkiefer eines Wales anzubringen, um noch mehr über die Lebens- und Nahrungsgewohnheiten der Meeressäuger in Erfahrung zu bringen.
Kein leichtes Unterfangen, wenn man bedenkt, dass Pottwale bis zu 20 Meter lang und 55 Tonnen schwer werden können. Fühlt sich der Wal plötzlich bedroht, ist das ein großes Risiko. Dolores könnte die Richtige sein. Allerdings war der Ruf der Natur stärker: Sie schloss sich einem Männchen an, noch bevor Dykstra zur Tat schreiten konnte und ließ ihn entmutigt zurück.
„Es war ein jahrelanges Ziel von mir. Diese Kamera zu entwerfen, zu bauen und zu modifizieren. Das alles geschah mit der Vorstellung, dass Dolores vorbeikommen und mich wieder herumschubsen und hochheben würde, so wie sie es in der Vergangenheit getan hatte. Dann wäre es sehr einfach gewesen, eine Kamera genau dort zu platzieren, wo man sie haben wollte, weil es ihr nichts ausmacht, berührt zu werden.“ Doch der Fotograf hat einen Plan B in der Tasche, denn Dolores ist nicht das einzige Weibchen, zu dem er einen guten Draht hat.
Außergewöhnlich selbstlose Tiere
Fast wäre der Film, den man jetzt im Kino sehen kann, nur eine Traumvorstellung geblieben. „Wenn das Tier sich entscheidet, nicht das zu tun, was man will, hat man keinen Film. Und das wäre in unserem Fall fast passiert. Zum Glück haben die Wale eine Menge interessanter Dinge getan, auch wenn es nicht das war, was wir von ihnen erwartet hatten. Aber das gehört dazu, man weiß einfach nie, was man bekommt", so Dykstra.
Er betont, dass es für Mark Fletcher eine große Aufgabe war, aus dem Filmmaterial die Geschichte zu bauen, welche die Wale erzählen möchten. „In jeder Sequenz versuchten uns die Wale etwas zu sagen. Es scheint, dass sie uns zeigen wollten, wie schön ihre Beziehungen sind. Sie empfinden so viel Liebe füreinander: wenn einer in Schwierigkeiten gerät, würden sie alle füreinander sterben, um ihn zu retten. Das Level der Selbstlosigkeit ist einfach außergewöhnlich“, beschreibt Fletcher.
Er ist als Produzent und Autor für zahlreiche, prämierte Tierdokumentationen bekannt und möchte das individuelle Leben verschiedenster Tierarten aus ihrer Perspektive zeigen. „Die Message der Wale an uns ist: Hört auf, so selbstsüchtig zu sein! Kümmert euch auch um andere Menschen und Tiere.“
Wahrheit auf positive Art erzählen
Auch der Umwelt- und Tierschutz spielt in dem Film eine große Rolle, sollte ihm aber keinen negativen Beigeschmack verpassen: „Die Sichtweise, mit der Menschen die Natur und Umwelt betrachten, muss sich grundlegend ändern. Ich hoffe, dass der Film in dieser Hinsicht zumindest einen kleinen Anstoß gibt. Wir hatten die Wahl, ob wir einen Film machen wollen, der sehr traurig ist und zeigt, wie schrecklich die Menschen für den Planeten und die Wale sind. Aber wir wollten lieber versuchen, die Wahrheit auf eine positive Art zu erzählen. Auf eine Weise, welche die Menschen dazu bringt, sich in diese Tiere zu verlieben und sie mehr zu schätzen.“
Dykstra ist sich auf jeden Fall sicher, Dolores eines Tages wiederzusehen. Sie wurde im Juli vor Dominica gesichtet, er verpasste sie um eine Woche. Es sei wie eine Liebesgeschichte, schmunzelt Fletcher. „Diese Geschichte wiederholt sich in meinem Leben immer und immer wieder: Ich bin in ein Mädchen verliebt, sie hat einen anderen, es klappt nicht“, lacht Dykstra.
Zur Sache
- Neben Patrick Dykstra und Mark Fletcher war ein großes Team an der Produktion des Films beteiligt, zum Beispiel Gail Jenkinson (Unterwasserfotografie), Walter Köhler (Produzent sowie Gründer und CEO seiner Produktionsfirma Terra Mater Studios) oder Wolfgang Knöpfler (Produzent und Dokumentarfilmer, unter anderem bei Terra Mater Studios).
- Kinos: "Patrick and the Whale" wird im Filmcasino sowie im De France (1. Bezirk), Village Cinemas Wien Mitte (3. Bezirk), Apollo - Das Kino (6. Bezirk), Votiv Kino (9. Bezirk), Cineplexx Wienerberg (10. Bezirk), Hollywood Megaplex Gasometer (11. Bezirk), Cineplexx Auhof Wien (14. Bezirk), Lugner City Kino (15. Bezirk), Cineplexx Millennium City (20. Bezirk) und Cineplexx Donauzentrum (22. Bezirk) gezeigt
Könnte dich auch interessieren:
Du möchtest selbst beitragen?
Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.