Ur-Margaretner
Leo Graf geht mit 97 Jahren noch in die Kletterhalle
- Mit 97 Jahren blickt Leo Graf auf ein spannendes Leben zurück: die Kriegsgefangenschaft, die Nachkriegszeit, zahlreiche Klettertouren und die Arbeit bei den damals frisch gegründeten Grünen.
- Foto: Nathanael Peterlini/MeinBezirk
- hochgeladen von Nathanael Peterlini
Am 8. Dezember feiert Leo Graf seinen 98. Geburtstag. MeinBezirk hat den Ur-Margaretner porträtiert. Der ehemalige Postbedienstete erzählt vom Klettern, der Arbeit bei den Grünen und seinem künstlichen Gebiss.
WIEN/MARGARETEN. Das Frühstücken hat für Leo Graf Ritualwert. Dafür nimmt er sich Zeit, das ist ihm wichtig: "Dann esse ich halt wenig zu Mittag oder später." Beim Treffen mit MeinBezirk bestellt er sich Semmel und Schwarzbrot, dazu Marmelade, Eier, Butter, Schinken und eine Melange.
Ungesund wird das ausgiebige Frühstücken nicht sein – immerhin feiert Leo Graf am 8. Dezember seinen 98. Geburtstag. "Geboren bin ich irgendwo in Favoriten. Aufgewachsen bin ich dann im Franz-Domes-Hof am Gürtel. Ich bin ein Ur-Wiener, ein Gemeindebaukind", erzählt Graf. Fürs Sprechen lässt er sich Zeit, zwischendrin nimmt er einen herzhaften Bissen von seiner Semmel: "Mit vollem Mund spricht man nicht", betont er nach dem Schlucken.
Bewegte Jugend
Sein Leben startete auf Hochtouren. Mit 15 Jahren wurde er einberufen, mit 18 Jahren – bei Kriegsende im Jahr 1945 – kam er aus der Gefangenschaft zurück: "Leichter wurde es in Österreich nicht. Ich stellte bald fest, dass es im Gefangenenlager mehr zu essen gab, als hier." Der nächste Schlag folgte 1949: Binnen weniger Wochen starben seine Mutter und sein Vater: "Mit 23 war ich Vollwaise", sagt er mit nachdenklichem Blick. Das Gute in Österreich zu dieser Zeit: Jobs gab es ohne Ende. Er arbeitete in allen möglichen Bereichen: Er war Holzfäller, Automaten-Reparateur, Kupferschmied. Er macht eine Kaupause, seinen nächsten Bissen widmet er einer Scheibe Schwarzbrot: "Mein künstliches Gebiss ist zehn Jahre alt – kann ich allen empfehlen. Nie mehr Zahnweh und ich kann mir selbst in den Arsch beißen", grinst Graf.
Irgendwann begann er, als Postbediensteter zu arbeiten – der Beruf begleitete ihn bis in die Pension. "Das Arbeiten war für mich immer eher nur Mittel zum Zweck." Was ihn hingegen sein ganzes Leben begleitete, war das Bergsteigen. Jede freie Minute nutzte er, um Gipfel innerhalb und außerhalb des Landes zu erklimmen. Seine Leidenschaft hat er bis heute nicht aufgegeben: Nunmehr zieht er sich in Kletterhallen einmal pro Woche den Griffen empor.
- Weiterhin geht Leo Graf im Wochentakt in die Kletterhalle.
- Foto: Nathanael Peterlini/MeinBezirk
- hochgeladen von Nathanael Peterlini
Das politische Geschehen in Österreich ließ Graf nie außer Blick. In späteren Jahren entschied er sich dazu, selbst auf Bezirksebene mitzuwirken – bei den Grünen: "Damals war das in Wien noch die 'Alternative Liste'. Ich habe mitgearbeitet, ließ mich aufstellen – und plötzlich war ich Bezirksrat. Damals waren die Grünen noch klein, ich habe miterlebt, wie sie Jahr für Jahr stärker wurden – inzwischen stellen sie sogar den Bezirksvorsteher", schmunzelt er und nimmt einen letzten Bissen Brot. Das bestellte Frühstücksmenü war für Leo Graf dann doch etwas zu viel. Schinken und Eier packt der Margaretner ein, die Marmeladenschale löffelt er sorgfältig aus: "Wegschmeißen tue ich nichts."
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