Film über Burschenschaften: Einen Schmiss vom Traum entfernt
Eine Mariahilfer Produktionsfirma dreht den Kurzfilm "Fux" über einen Jugendlichen, der einer Burschenschaft beitreten will.
MARIAHILF. Laurin reibt sich nervös die Hände. Er steht mitten im Raum, ist unauffällig gekleidet, nur die abgenutzten Sneakers stechen ins Auge. Mit leiser Stimme fängt er an zu singen. "Von der Weser bis zur Elbe, von dem Harz bis an das Meer stehen Niedersachsens Söhne, eine feste Burg und Wehr." Dann verstummt er wieder. "Probier es noch einmal, aber jetzt noch ein bisschen unsicherer", so die Anweisung. Laurin fängt wieder an zu singen. Der Liedtext ist jetzt nur mehr schwer hörbar. "Sehr gut, danke!"
Laurin ist 15 Jahre alt. Er nimmt am Casting für den Kurzfilm "Fux – Bist du ein Teil oder ein Stück?" in den Räumen der Mariahilfer Produktionsfirma "Industrial Motion Art" teil – einem Film über eine Burschenschaft. Gesucht wurden junge Männer zwischen 15 und 20 Jahren mit "europäischem Aussehen".
Paul, der Außenseiter
Laurin bewirbt sich für die Rolle der Hauptfigur Paul, einem Außenseiter, der sich nichts sehnlicher wünscht, als Teil der pennalen Burschenschaft "Civita" zu sein. Doch bis es so weit ist, muss er noch Lieder und Fechtkampf lernen sowie alkoholgetränkte Abende überstehen. Doch je mehr sich Paul anstrengt, desto mehr stößt er an seine Grenzen. Denn wie viel ist er bereit, von sich aufzugeben, um dazuzugehören?
Nächste Szene. Laurin sitzt im roten Filmsessel. "Nicht wundern, ich werde jetzt ein ziemliches Arschloch sein", sagt sein Konterpart Max. Er hat Paul im Film den Eintritt in die Burschenschaft ermöglicht.
Laurin muss ihm den Begriff des Bierjungen erklären, den Brauch des Wetttrinkens in Burschenschaften. "Der Klang des Glases beim Anstoßen gilt als Startsignal", beginnt Laurin zaghaft zu erklären. Dann zögert er. Max fordert ihn mit einer rotierenden Handbewegung auf, weiterzureden. "In der vereinfachten Version fassen die Gläser 0,2 oder 0,3 Liter. Es können aber auch größere Gläser verwendet werden, bis zur Karaffe", so Paul. Dann stellt ihm Max ein Glas hin. Szene beendet. Laurin verlässt den Raum. Ob er die Rolle bekommt, erfährt er in den kommenden Wochen.
"Fux" ist das erste große gemeinsame Projekt von Drehbuchautorin Olivia Lauren Requat und Regisseurin Lisa Hasenhütl. Warum ein Kurzfilm über Burschenschaften? "Dafür gibt es zwei Gründe. Erstens habe ich in meinem Bekanntenkreis selbst jemanden, der in einer Burschenschaft ist", sagt Requat. Und zweitens hat sie oft an den Demos gegen den Akademikerball teilgenommen und sich stets gefragt: "Was sind das für Menschen, die da in der Hofburg sitzen?" Doch das Thema Burschenschaft sei nur der Rahmen der Geschichte. "Eigentlich geht es um Freundschaft und Zugehörigkeit", sagt Hasenhütl. "Wenn man so jung ist, will man einfach wo dazugehören."
Fakten statt Fiktion
Für den Inhalt des Films hat Olivia Lauren Requat viele Stunden im Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes verbracht und Gespräche mit ehemaligen Burschenschaftern geführt. "Das Thema gibt so viel her, da muss man sich nicht viel ausdenken", so Requat.
Das Ziel ihres Projekts: "Wir wollen Burschenschaften mit dem Film nicht als böse darstellen, sondern bewirken, dass sich die Zuschauer mit dem Thema auseinandersetzen." Gedreht wird im September.
Ein Doppelinterview mit Olivia Lauren Requat und Lisa Hasenhütl lesen Sie hier.
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