Commerzialbank Mattersburg
Bedingte Haftstrafen für 8 Angeklagte wegen schweren Betruges
Neuerliche Schuldsprüche im wiederholten Mattersburger Commerzialbank-Prozess. Es blieb beim schweren Betrug um 350.000 Euro Einlagensicherung und bedingten Haftstrafen für insgesamt 8 Angeklagte. Zudem muss der Schaden zurückbezahlt werden. Die Verteidigung brachte sofort Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung gegen das Strafausmaß ein.
MATTERSBURG. Wie berichtet, wurde das erste Urteil vom Landesgericht Eisenstadt aus dem Jahre 2022 vom Obersten Gerichtshof (OGH) aufgehoben. Deshalb standen 8 Beschuldigte neuerlich vor einem Schöffensenat. Bekannten sich, wie bereits bei einer vertagten Verhandlung vom 14. Juni, neuerlich für „nicht schuldig!“
350.000 Euro Schaden
Der Staatsanwalt hielt seine Vorwürfe gegen einen Pensionisten (61) und seiner inzwischen ebenfalls in Rente befindlichen Gattin (57) aufrecht und warf ihnen schweren Betrug vor. Weil das Ehepaar rund 350.000 Euro unberechtigt aus der Einlagen-Sicherung (ESA) erhalten haben soll. Begründet damit, dass die beiden Personen zahlreiche ihrer insgesamt 41 Überbringer-Sparbücher (Typ 1) weitergegeben bzw. aufgeteilt haben. Unter anderem an ihren mitangeklagten Sohn (29) sowie fünf Verwandte und Bekannte, ebenfalls Beschuldigte. Diese „auserwählten“ Personen ließen sich dann von der ESA die Sparguthaben in bar bzw. per Überweisung ausbezahlen und gaben das Geld an das Ehepaar zurück.
Für den als Zeugen geladenen Geschäftsführer der ESA („Einlagen-Sicherung-Austria“) ein glatter Betrug. Denn laut seiner Auffassung ist mit Bekanntgabe des Konkurses der Mattersburger Commerzialbank vom 14. Juli 2020 die Weitergabe von Sparbüchern verboten gewesen. Begründet damit, dass „nach Eintritt des Versicherungsfalles die Einlagensicherung nicht mehr für eine Entschädigung zuständig ist!“ Es sich somit um eine klare Täuschung handelte, „da das in diesem Fall nämlich eine Sache der Insolvenz und nicht der Einlagensicherung gewesen wäre!“
Ganz anders sah das die Verteidigung. Mag. Klaus Ainedter machte klar, dass es sich um eine „berechtigte Auszahlung der Summen gehandelt hat!“ Als Beleg dafür, dass alles mit rechten Dingen zugegangen ist, legte er ein privates Rechtsgutachten vor. Erstellt von einer mehr als profunden Kennerin der Materie, nämlich Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. Susanne Kalss, LL.M., Universitätsprofessorin für Zivil- und Unternehmensrecht an der Wirtschaftsuniversität Wien sowie Vorständin des Instituts für Unternehmensrecht.
Laut Gutachten "keine Täuschung!"
Laut Mag. Klaus Ainedter wurde darin bestätigt, dass „keine Täuschung vorgenommen worden ist!“ Deshalb beantragte er die Gutachterin als Zeugin, zwecks Bestätigung, dass „das hier Gesagte gegen meine Mandantschaft schlicht und ergreifend falsch ist!“ Mit der Begründung, dass das Gutachten nicht zur Wahrheitsfindung beiträgt, wurde der Antrag auf Einvernahme der Expertin vom Schöffensenat abgelehnt. Danach forderte der Staatsanwalt die straf- und tatangemessene Verurteilung aller 8 Angeklagten.
Scharfe Worte des Verteidigers
Ehe Verteidiger Mag. Klaus Ainedter zu einem verbalen Rundumschlag gegen die Richterin ausholte und seinem 40-minütigen Abschlussplädoyer die Überschrift verpasste: „Wenn das System nicht will!“ Um mit barscher Stimme und in scharfen Worten fortzufahren: „Eindrucksvoll sehen wir hier in diesem Verfahren, wie eine Richterin mit voreingenommener Rechtsauffassung ein Schauspiel abhält. Denn ihr Urteil steht bereits fest, nämlich ‚Schuldig im Sinne der Anklage!‘ Die Wahrheitsfindung ist blanker Hohn!“ Und weiter: „Wir haben dieses Privatgutachten eingeholt, weil es darin zu keiner Lüge kommt. Aber dieses Gutachten wird als Beweis nicht zugelassen!“
"Schauspiel" der Richterin
Dann machte der Star-Verteidiger klar, dass wegen seiner nach dem ersten Urteil eingebrachten Rechtsmittel der Oberste Gerichtshof in seiner Stellungnahme aufgelistet hat, was das Landesgericht Eisenstadt im ersten Prozess „alles falsch gemacht hat. Weil es eben keine Täuschung und keinen Vorsatz und keinen Betrug gibt. Alles in dieser Causa ist rechtlich unbedenklich!“ Speziell mit seinen Abschlussworten wandte er sich an die beiden Laienrichterinnen: „Gott sei Dank leben wir in einem halbwegs funktionierenden Rechtsstaat. Fakt ist, dass die Anklage nicht rechtens ist. Nur dann, wenn sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, also sich ganz sicher sind, dass meine Mandanten eine Straftat begangen haben, müssen sie einen Schuldspruch fällen. Sonst muss es einen Freispruch geben!“ Ähnlich argumentierte der zweite Verteidiger, Dr. Andreas Radel, für seine Klienten.
Nach siebenstündiger Verhandlung fällte der Schöffensenat sein Urteil mit Schuldsprüchen wegen schweren Betruges gegen alle Angeklagten. Für das Ehepaar und dessen Sohn gab es eine bedingte Haftstrafe von je 18 Monaten, für die restlichen fünf Beschuldigten je 6 Monate bedingt. Zudem muss der Gesamtschaden von rund 350.000 Euro an die Einlagensicherung binnen 14 Tagen, bei sonstiger Exekution, zurückbezahlt werden. Seitens der Staatsanwaltschaft gab es keine Erklärung. Die beiden Verteidiger legten sofort Berufung und Nichtigkeitsbeschwerde ein. Somit geht diese Causa wieder zum Obersten Gerichtshof. Urteil nicht rechtskräftig. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Commerzialbank Mattersburg / Neuer Prozess um 350.000 Euro-Betrug an Einlagensicherung
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