Das namenlose 'Judengrab' in Emmersdorf
EMMERSDORF. Das Ende des Zweite Weltkriegs hat in vielen Orten - auch im Bezirk Melk - tiefe Spuren hinterlassen. In Emmersdorf etwa befindet sich seit dem Herbst 1945 ein - selbst den meisten Einheimischen und Ortskundigen nicht bekanntes - Judengrab.
Eine Erschießung im Wald
Im April 1945 wurde eine Gruppe von neun bis zehn ungarischen Juden sowie ein sowjetischer Kriegsgefangener in einem Wald im Raum Emmersdorf/Leiben von einer Gruppe SS-Angehöriger der SS-Panzerdivision "Das Reich" erschossen. Die Opfer wurden in von ihnen selbst geschaufelten Gräbern verscharrt. Im Herbst 1945 wurden die Leichen exhumiert und auf dem Friedhof in Emmersdorf beigesetzt, ein sichtbares Zeichen oder eine Kommentierung, etwa in Form einer Gedenktafel, gibt es nicht.
Ein unbeschildertes Grab
Elfriede Hochher, die Fotos für eine volkskundliche Datensammlung macht, und sich kürzlich auf die Suche nach dem Judengrab in Emmersdorf gemacht hat, meint dazu: "So eine Grabstätte sollte doch gekennzeichnet sein und keine Gstett'n werden."
Dass es zumindest vorerst zu keiner "Gstett'n" verkommt, verhindert derzeit Regina Hollnsteiner, die berichtet: "Ich habe irgendwann eine Grabeinfassung genommen und ein paar Blumen gepflanzt weil ich mir denke, diese Menschen haben genauso ein Recht auf ein schönes Grab."
Eine Tafel zum Gedenken
Eine Gedenktafel fände sie durchaus sinnvoll. "Ich habe mit meinem Mann schon öfter darüber geredet, dass da eine Tafel hingehört", erzählt Hollnsteiner. Gatte Karl ist als geschäftsführender Gemeinderat für Friedhofsangelegenheiten verantwortlich.
Entscheidungsträger sind dafür
Der Idee, eine Tafel anzubringen, die auf das Schicksal der Opfer hinweist, steht er ebenso aufgeschlossen gegenüber, wie Bürgermeister Josef Kronsteiner, der verspricht: "Wir werden das demnächst im Gemeinderat behandeln und einige Kostenvoranschläge einholen." Der Grüne Gemeinderat Helmut Paul Wallner ist ebenfalls dafür: "Obwohl ich Emmersdorfer bin, wusste ich bisher nichts von diesem Grab. Umso wichtiger ist es, dass wir eine Tafel anbringen." Mehr Fotos auf meinbezirk.at/melk.
Zur Sache
Nähere Infos zu den Todesmärschen ungarischer Juden im April 1945: Heinz Arnberger; Claudia Kuretsidis-Haider (Hg.): Gedenken und Mahnen in Niederösterreich. Erinnerungszeichen zu Widerstand, Verfolgung, Exil und Befreiung. Mandelbaum 2011.
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