Corona-Impfung
Frust unter impfwilligen Hausärzten
Während die einen Überstunden schieben, drehen die anderen Däumchen: Ein Blick in die Praxen.
BEZIRK MISTELBACH. Wenn Ärzte während einer Pandemie mehr Zeit mit administrativen Tätigkeiten als mit medizinischer Versorgung zubringen, führt das zwangsweise zu Frustration auf Seiten der Ärzte, wie auch der Patienten. Derzeit wollen praktische Ärzte ihre Funktion als dritte Säule des österreichischen Impfplans neben der von Landesseite organisierten Impfstraßen und den betrieblichen Impfstraßen wahrnehmen. Einziges Problem: Sie kommen nicht an den Impfstoff.
Katastrophale Kommunikation
Bezirksärztesprecher Oskar Kienast ist über die Behandlung der Ärzte, die ihren Beitrag in der Pandemie leisten wollen empört: "Die Kommunikation ist katastrophal. Mir wurde ein Impftermin gestrichen und ich bekam drei Tage lang keine Antwort warum." Ihm und vielen seiner Kollegen sei es vor allem darum gegangen, die eigenen Patienten zu impfen. "Das wäre gut planbar gewesen und ist es noch", erklärt Kienast und verweist auch darauf, dass Hausärzte über die Vorerkrankungen ihrer Patienten auch besser Bescheid wüssten und somit die Impftauglichkeit gut einschätzen könnten.
Ein Indiz, dass auch Impfwillige Hausärzte vorziehen, sieht Kienast in der Buchungslage. Während in den Impfstraßen nach wie vor Termine frei wären, sind jene der praktischen Ärzte im Juni völlig ausgebucht.
800 neue Patienten
"Manche Praktiker werden völlig überrannt, während andere Däumchen drehen müssen, weil sie keinen Impfstoff haben" berichtet Oskar Kienast. Ein der Glücklichen ist der Großkruter Arzt Ulrich Busch, der bereits sechs Wochen Biontech Pfizer geimpft hat. Das bedeutete neben der normalen Arbeitszeit zusätzliche 23 Stunden pro Woche, in der er nun insgesamt 2.400 Menschen gegen das Virus immunisiert hat. Möglich war das nur dank der Bereitschaft des Praxisteams und einigen logistischen und finanziellen Aufwands.
800 neue Patienten durfte er in dieser Zeit kennen lernen. "Wir haben deutsch, italienisch, tschechisch, aufgeklärt und informiert, ein Patient stammte sogar aus Alexandria, eine aus Purkersdorf, manche aus Wien, Tulln und Krems", bestätigt auch Busch den regen Binnen-Impftourismus. Kritik an der Kommunikation mit der Organisation kommt auch vom Großkruter Arzt: "Das verantwortliche Call Center konnte nur via e-mail in St. Pölten erreicht werden!"
Ende der Impfstraßen
"Die Erstimmunisierungskampagne welche über das Land NÖ läuft, wird bis Ende August mit den Zweitimpfungen eigentlich abgeschlossen sein. Aus heutiger Sicht kann bis dahin rund 80 Prozent der Bevölkerung geimpft werden. Wie die weitere Planung aussieht, ist derzeit noch offen" verrät Stefan Spielbichler vom Notruf NÖ über die ungewisse Zukunft der Impfstraßen.
Die Forderung der Hausärzte nach weniger bürokratischen Hürden und leichterer Verfügbarkeit des Impfstoffs wird man dann vielleicht erhören. Für die "Nachzügler" wird wohl der Hausarzt wieder Ansprechpartner werden.
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