Vor 100 Jahren
Männer der ersten Stunde
BEZIRK MISTELBACH. Zwei große Namen, die die Gründung der Republik mittrugen finden sich im Verzeichnis der Ehrenbürger der Stadt Mistelbach.
Karl Renner, der als Staatskanzler von 1918 bis 1920 als Geburtshelfer genannt werden darf und Theodor Körner, der nach dem ersten Weltkrieg mit dem Aufbau eines Heeres beschäftigt war. Nach dem zweiten stand er als Bundespräsident an der Spitze des Staates.
Lokalpolitik
Thomas Freud war als Sohn des Laaer Bürgermeisters die politische Karriere schon 1850 in die Wiege gelegt. Bei der Gemeinderatswahl im Juni 1885 zog Freund mit der deutschnationalen Bewegung erstmalig in den Mistelbacher Gemeinderat ein. 23 Jahre lang stand er Mistelbach als Bürgermeister vor. Im Laufe der Jahre wandte er sich von den Deutschnationalen ab und wandte sich den Christlichsozialen zu. Im provisorischen niederösterreichen Landtag (1918-1919) war Thomas Freud an der Geburtstunde der jungen Republik beteiligt. 1927 wurde er zum Ehrenbürger Mistelbachs ernannt.
Bienen & Musik
Doch neben den ganz Großen ehren die Mistelbacher vor allem Wissenschaftler und Künstler mit eigenen Straßenzügen. Die Guido Sklenar-Gasse erinnert an den 1953 in Mistelbach verstorbenen Bienenzüchter. 1923 schrieb er sein Hauptwerk Imkerpraxis, das in vielen Auflagen noch heute als Standardlehrbuch verbreitet ist.
Umstrittener ist die Rolle des Dirigenten und Komponisten Oswald Kabasta, der 1896 in Mistelbach zur Welt kam. In den frühen Republiksjahren unternahm er seine ersten beruflichen Schritte; 1923 als Dirigent des Gesangsvereines Badens; 1928 folgte der Ruf nach Graz zum Städtischen Generalmusikdirektor. 1931 wurde Kabasta Konzert- und Musikdirektor der Radio Verkehrs AG. Ab 1934 wurde er Chefdirigent der Wiener Symphoniker. Die Nazi-Zeit bescherte Kabasta ein Karrierehoch. Nach Kriegsende trieb ihn ein Berufsverbot wegen seiner nationalsozialistischen Belastung in den Selbstmord.
Widerstand
Auf der anderen Seite des Systems stand der Bauernbub Sebastian Lackner, der als Pater Pater Lucius 1929 Stadtpfarrer von Mistelbach wurde. Stiller Widerstand – er setzte eine Pfarrveranstaltung zeitgleich mit einer HJ-Treffen an – brachte ihm Vorladungen der GESTAPO ein. 1945 öffnete er die Tore für Schutzsuchende (vor allem Frauen) vor der Roten Armee. Heute trägt eine Straße bei der M-City seinen Namen.
Die Josef Strasser-Gasse erinnert an den Chefredakteur des sozialdemokratischen Blatts Freigeist in Reichenberg der sich zu einer zentralen Figur der deutschböhmischen Sozialdemokratie entwickelte. 1919 trat der der Kommunistischen Partei Österreichs bei und übernahm dort − mit Unterbrechungen – bis 1929 die Leitung der Parteipresse, bis er den stalinistischen Säuberungswellen zum Opfer fiel.
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