Beate von Harten: Die hohe Kunst des Webens
Seit 34 Jahren fertigt die Beate von Harten in ihrem Neubauer Atelier Textlikunst vom Feinsten.
NEUBAU. Beate von Harten stammt eigentlich aus Neumünster in Schleswig Holstein, einer kleinen Stadt mit großer Textiltradition. „Das Geräusch des Webens und der säuerliche Geruch beim Färben waren allgegenwärtig in meiner Kindheit, Wollflusen tanzten auf den Straßen. Das hat mich nach der Matura an einer Schule mit textilem Schwerpunkt geradewegs zum Texildesignstudium an der Fachhochschule Hamburg geführt“, so von Harten.
Ein Innenarchitekturstudium an der Akademie der bildenden Kunst in Stuttgart und das der Textilrestaurierung in London 1983 folgten. 1984 dann die Entscheidung, nach Wien zu gehen und dort gleich ein eigenes Textil-Atelier aufzubauen. „Wien war für mich die Vision der Wiener Werkstätten, kleiner Ateliers und großer Künstler“, erinnert sie sich. „Die ersten zehn Jahre hier waren extrem hart für mich als Norddeutsche, schon aus sprachlichen Gründen“, lacht sie heute.
Aber sie hielt sich wacker, lebte sich in die Wiener Mentalität ein und – hatte Erfolg. Sie bekam öffentliche und private Aufträge für Restaurierung und Konservierung kostbarer Textilien wie Tapisserien, Teppiche, Kelims, Stickereien, Tapeten und Kostüme. „Das Restaurieren alter Textilien ist eine großartige Schule, nicht nur, was die verwendeten Materialien und Techniken betrifft, auch geschichtlich“, sagt sie. So wären Tapisserien früher Statussymbol der Herrscher gewesen, die Mythologie und zeitgenössische Traditionen darstellten. „Karl V. etwa hatte auf seinen Reisen 700 Tapisserien mit, Heinrich der VIII. besaß 2.000 davon.“
Wissen und Begeisterung, das von Harten auch gerne in Vorträgen zum Besten gibt. Und dabei einen Bogen durch die gesamte Menschheitsgeschichte spannt. Daneben stellte Beate von Harten rund um den Globus aus, erhielt zahlreiche Preise, vom europäischen Designpreis 1991 bis hin zum international Carpet Design Award 2015. Auf einen Preis ist die Textilkünstlerin allerdings besonders stolz: Den Sonderpreis für ihre Serie „Leinenteppiche“, die beim KLIP7 Klimaschutzpreis Neubau 2016 ausgezeichnet wurde.
Mutter und Tochter
Von Hartens Liebe zu Ästhetik, Struktur und ungewöhnliche Farbschattierungen und -Muster teilt seit sechs Jahren auch ihre Tochter Celine. „Es ist für mich ungeheuer spannend mit ihr zu arbeiten. Sie bringt mit ihren 24 Jahren ja nicht nur 24 Jahre Berufserfahrung in der Textilkunst mit ein, schließlich ist sie hier im Atelier aufgewachsen, sondern ihren ganz persönlichen Zugang zum kreativen Schaffen“, erklärt Beate von Harten.
„Es war 2011, als sie bei einer Projektarbeit mithalf und plötzlich von sich aus meinte, 'Mir macht das Weben riesigen Spaß!'“ Seither – damals war sie gerade 18 Jahre alt – plant, entwirft und realisiert Celine eigene textilen Werkstücke und meint zur Zusammenarbeit mit der Mutter: „Wir erfinden uns beide ständig neu, alles andere wäre ja auch nicht spannend für uns und unsere Kunden.“
Was ihre Mutter begeistert, ist Celines Talent und ihre Konsequenz – so sitzt sie an die 200 Stunden am Webstuhl, um eine Tapisserie zu weben, die im fertigen Zustand dann ein derart schönes Farben- und Formenspiel vermittelt, dass man beim Betrachten meint, die Meereswellen rauschen zu hören. Davor liegt wochenlanges Planen mit Zeichnungen und Fotomontagen, die oft gemeinsam entstehen und dann natürlich die sorgfältige Auswahl der Fäden, deren Zusammenspiel erst die großartigen Verläufe im Bild ergibt. „Wir schaffen Kunst und unser Pinsel ist dabei der Faden“, sagt von Harten. So entstehen Unikate, meist in Auftragsarbeit, die Wände gleichermaßen schmücken wie Fußböden. Und weil soviel Leidenschaft und Können auch für andere ansteckend ist, kann man hier in Webkursen und Praktika Textildesign, Restaurierung und Konservierung auch erlernen und perfektionieren.
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