Book Fairies: Ganz Wien wird zum Bücherregal
Statt gelesene Bücher daheim zu horten, setzen sie die "Book Fairies" einfach an öffentlichen Plätzen aus. Wir haben mit Wiens offizieller Fairy Luna Dietrich gesprochen.
WIEN. Angefangen hat alles mit den "Geschichten vom Franz": Die hat Luna Dietrich als Kind verschlungen – und das quasi fast sprichwörtlich. Ein Buch pro Tag, also knappe hundert Seiten, waren nämlich kein Problem für sie. Das hat sich aber schnell gesteigert – und im Nu waren die sechs Bücherregale in Dietrichs kleiner Wohnung im 6. Bezirk voll. Was tun? Aus der Not eine Tugend machen – und "Book Fairy" werden.
Das Prinzip der ursprünglich aus England stammenden Organisation: Bereits gelesene Bücher nicht daheim horten, sondern an andere weitergeben. In Dietrichs Fall heißt das: Die Werke mit einem Book Fairy-Sticker versehen, an einem öffentlichen Ort aussetzen und so anderen Leseratten zugänglich machen.
Die Generation Harry Potter
100 Book Fairies gibt es aktuell weltweit, in ganz Österreich sind es zehn. Am erfolgreichsten ist das Projekt in den USA und Amerika. Kein Wunder: Die bekannteste Book Fairy ist Emma Watson, bekannt als Hermine in den Harry Potter-Verfilmungen. So viel Aufsehen wie Watson, wenn sie ein Buch "aussetzt", bekommt Dietrich jedoch nicht. "Also noch nicht. Die Wiener sind auch prinzipiell eher vorsichtig. Da wird erstmal geschaut, gleich zugreifen tun die wenigsten." Den Büchern auf die Spur kommt man per Social Media: Auf Instagram oder Twitter werden alle Orte verraten, wo es Literatur abzustauben gibt – quasi eine kleine Schnitzeljagd.
Wer mitmachen und Book Fairy werden möchte, braucht – neben den Büchern natürlich – nur eines: offizielle Pickerl, um die ausgesetzten Bücher zu kennzeichnen. Die Sticker gibt's im Online-Shop – neun Stück um 1,80 Pfund. Dann kann's schon losgehen. Dietrichs Tipp: "Gerne in die Bücher auch eine persönliche Widmung reinschreiben oder die Aufforderung, den Fund per Foto auf Instagram mit anderen teilen."
Männer? Mangelware!
Die Community der Book Fairies selbst ist auf der ganzen Welt verteilt – von Indien bis Kenia – und bunt gemischt: "Ein Mutter-Tochter-Duo in den USA macht mit, unsere jüngste Fairy ist 14 Jahre alt. Die meisten sind jedoch zwischen 20 und 30 – quasi die Generation Harry Potter", so Dietrich. Männer sind bisher jedoch noch Mangelware: einen offiziellen männlichen Book Fairy gibt es bisher. "Wenn ein Mann Sticker bestellt, feiern wir das. Es ist ja jetzt auch nicht so, dass wir nur Liebessschnulzen aussetzen."
Aussetzen kann man prinzipiell nämlich jedes Buch: "Alles außer jene Werke, die eine bestimmte politische oder religiöse Richtung einschlagen. Wir wollen ja nicht vereinnahmt werden", so Dietrich. Und was ist mit "50 Shades of Grey"? "Das geht. Man sollte es aber vielleicht nicht unbedingt am Spielplatz aussetzen." Selbst hat Dietrich übrigens noch kein Buch gefunden: "Leider. Aber wenn ich drüberstolpern würde, würde ich's natürlich sofort mitnehmen."
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