Vienna Business School Augarten: Exil-Literaturpreis für das nickende Nein
SchülerInnen der Vienna Business School Augarten erhielten den Exil-Literaturpreis 2016. Sie erzählen von der Bedeutung von Ohrläppchen und Spucken und einem Leben zwischen den Kulturen.
WIEN. “Exil” klingt nach einem Ort der unfreiwilligen Verbannung. Doch es ist immer auch ein Ort der Begegnung mit einer neuen Kultur. Der Exil-Literaturpreis prämiert seit 1997 Autor/innen, die aus anderen Ländern und Kulturen stammen und ihre Erfahrungen in deutscher Sprache verarbeiten. So auch die Schüler der 1 CK Handelsakademie der Vienna Business School Augarten, die mit ihrem Projekt „Sprachbarrieren brechen“ in der Kategorie Schulklassen gewonnen haben. In ihrer Klasse “versammle sich die ganze Welt”, meint Deutschlehrerin Katharina Demmlbauer, die den Wettbewerb vorgeschlagen hatte. “Bei so vielen Unterschieden kann in der Kommunikation schnell etwas schief gehen. Aber meine Schüler gehen im Alltag sehr gut damit um.”, zeigt sie sich stolz.
Auf die Frage, wer nicht aus Österreich kommt, reißt die versammelte Klasse die Hände in die Höhe. Ihre Eltern stammen aus Serbien, Rumänien, Russland, der Türkei bis hin nach Indien. Als Österreicher verstehen sich trotzdem die meisten, zumindest “zur Hälfte”, wie Irina, 16, aus Mazedonien erklärt. Der Umgang mit zwei Welten ist nicht immer leicht. Wenn man in der Straßenbahn seine eigene Sprache spricht, gibt es immer wieder blöde Kommentare. Dennoch wirkt die bunte Truppe Unterschieden gegenüber offen eingestellt, schließlich erleben sie sie in ihrer Klasse jeden Tag.
Besonders viel Spaß scheinen missverständliche Gesten zu machen, die auch die 17jährige Iva in ihrer Geschichte “Das Supermarktregal” beschreibt: Eine alte Frau mit schlechten Deutschkenntnissen bat sie, ihr ein Getränk aus dem Regal zu holen. Das Mädchen zeigte auf die einzelnen Flasche, um herauszufinden, welche die Dame wollte. Diese nickte bei jeder. “Ich hab nicht kapiert, was sie wollte.” erinnert sich Iva und klärt dann auf: die Frau stammt aus Bulgarien und “anders als in Österreich, bedeutet bei den Bulgaren das Nicken ein Nein und das Schütteln des Kopfes ein Ja.”
Der Exil-Literaturpreis rückt Themen wie Integration und Identität in der Vordergrund. Doch mehr noch als beim Lesen der Texte, erfährt man im Austausch mit der Klasse 1 CK selbst. Denn dort hört man nicht nur, wie über diese Themen geredet wird, sondern, viel wichtiger, man sieht, wie die Schüler und Schülerinnen sie positiv miteinander leben.
Eine kleine kulturelle Gestenlehre
Wenn man die Augen nach oben dreht, den Kopf anhebt und “tz” macht, bedeutet das in der Türkei “Nein”. (Benal, 16, Türkei)
Wenn man jemandem seine gerade Faust entgegenstreckt, würde jeder Österreicher kumpelhaft einschlagen. In Ägypten ist es eine Aufforderung zum Kampf. (Georg, 16, Ägypten)
Wenn man in der Türkei erschreckt wird, fasst man sich automatisch mit dem Daumen an die Innenseite der oberen Zähne, um sich wieder zu beruhigen. (Selenay, 16, Türkei)
In Serbien beruhigt man sich, indem man sich gleichzeitig an beiden Ohrläppchen zieht. (Iva, 17, Serbien)
Wenn man in der Türkei eine hübsche Frau sieht, sagt man als Ausdruck der Bewunderung “Maschallah” und deutet ein Spucken an, das ihre Schönheit schützen soll. - Sollte das nicht helfen, möge sich die schöne Frau unauffällig am Hintern kratzen. (Benal, 16, Türkei)
Auch in Serbien beschützt einen angedeutetes Spucken - diesmal “spuckt” man in den eigenen Kragen. (Iva, 17, Serbien)
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