100-Jahre-Burgenland
Die List mit Zurndorfer Kanonen

MIt hölzernen Kanonen überlisteten die Zurndorfer ihre Feinde, trotz deren Überzahl. | Foto: Andrea Glatzer
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„Reit Veidl reit, der Türk is niama weit“, so lautet der Vers eines alten aus dem Ödenburger Raum stammenden Scherzliedes. Es entstand vermutlich in der Zeit nach den Türkenbelagerungen von 1529 oder 1683.

AUTORIN ANDREA GLATZER

ZURNDORF. Viele Erzählungen und Mythen ranken sich um jene dunkle Zeit, als die Osmanen auf Eroberungszügen in Europa waren. Eine davon handelt von einem schlauen Zurndorfer Zimmermann, die vom Gattendorfer Historiker Ewald Metzl neu überarbeitet wurde. Mit List und Tücke gelang es dem pfiffigen Zimmermann die feindlichen osmanischen Heerscharen zu täuschen. Damit konnte er die Zurndorfer weitgehend vor Mord und Plünderung retten.
Die Sage vom listigen Zimmermann fällt in die Zeit der 2. Türkenbelagerung und hat eine spannende Vorgeschichte. Die Osmanen hatten bereits 1529 erfolglos versucht, den Goldenen Apfel, wie das christliche Wien von ihnen bezeichnet wurde, zu erobern. 1663 probierten sie es noch einmal bis Wien vorzustoßen, wurden jedoch von den kaiserlichen Truppen Leopolds I. in Ungarn zurückgedrängt.

Kruzitürken
Das Osmanische Heer wurde von kaiserlichen Truppen unter dem Oberbefehl des Feldherren Raimondo Fürst di Montecuccoli in der Schlacht bei Mogersdorf an der Raab besiegt. Dies war von fundamentalem Interesse für den Habsburger Leopold I., der nicht nur Kaiser des Heiligen Römischen Reiches war, sondern auch Erzherzog von Österreich und König von Ungarn mit Regierungssitz in Wien. Danach wurde der Friedensvertrag von Eisenburg (Vasvàr) ausverhandelt, der für die nächsten 20 Jahre Gültigkeit haben sollte. Die Osmanen konnten aber den Ablauf der Frist nicht mehr erwarten. Zwischendurch hatte es immer wieder feindliche Überfälle gegeben. Ein Jahr vor Vertragsablauf setzten sie zum Großangriff an, indem Sultan Mehmet IV. dem Heiligen Römischen Reich, namentlich dessen Kaiser Leopold I., den Krieg erklärte. Die Osmanische Armee setzte sich im Sommer 1683 mit einem 150.000 Mann starken Heer in Bewegung. Angeführt wurde das Heer vom Großwesir Kara Mustafa.
Zu dessen Verbündeten zählten die Kuruzen, die von dem gegen die Habsburger aufständischen Emmerich Graf Thököly befehligten wurden. Die Kuruzen, verarmte ungarische Adelige und Bauern, hatten sich auf die Seite der Osmanen geschlagen und eroberten von Siebenbürgen aus weite Teile Ungarns. Ihre Aufstände wurden zeitweise von den Türken unterstützt. Der Name Kuruzen leitet sich vom ungarischen „kuruc“ ab, und bedeutet „widerborstig, aufrührerisch“. Damit ist jetzt auch klargestellt, wenn jemand lautstark den Fluch ausstößt: „Kruzitürken“.

Der Rote Hahn brannte über die Heide
Die Osmanische Armee marschierte im Sommer 1683 über Belgrad und Raab, entlang der Leitha in Richtung Wien. Versprengte, plündernde Reiterschwärme waren bis zu den Schüttinseln, in der Nähe der damaligen ungarischen Krönungsstadt Preßburg vorgestoßen. Sie hinterließen lichterloh brennende Dörfer. Der „Rote Hahn“, wie man zu sagen pflegte, loderte über die ganze Heide. Auch die Zurndorfer hatten die lodernden Feuer von der Ferne gesehen und die Kirchturmglocke warnte die Dorfbewohner vor der Gefahr. Doch wer sollte ihnen zu Hilfe kommen? Jeder musste sich selbst helfen. Die Frauen und Kinder schütteten in aller Eile hohe Erdwälle rings um das Dorf auf und befestigten sie mit Palisaden und Verhauen, während die Männer Spieße, Äxte, Schwerter und Sensen schärften. Der Zimmermann von Zurndorf (ungarisch Zurány) hielt von alledem nichts. Er hatte einen besseren Einfall. Er wusste von der abschreckenden Wirkung des bloßen Anblicks von Kanonen auf den angreifenden Feind, da er selbst vor Jahren bei den kaiserlichen Truppen bei der Artillerie gedient hatte. Er rief den Leuten zu: „Wir brauchen Kanonen, um den Feind abzuschrecken“. Er konnte seine Mitbewohner überzeugen, und in Windeseile wurden nach den Angaben des Zimmermannes über zwanzig Kanonen aus Holzstämmen und alten Wagenrädern gebaut. Diese falschen Geschütze stellten sie auf den Wällen gut sichtbar auf. Der Zimmermann wies sie auch an, Schanzkörbe zur Stützung der Befestigungsanlage zu flechten. Sie wurden zu beiden Seiten jeder Holzkanone zur Deckung angebracht. Und er sollte recht behalten. Als die vorbeisprengenden Reiterschwärme die vielen, auf sie gerichteten Kanonenrohre sahen, schwenkten sie ab, um andererorts leichter zu Beute zu kommen. Die List des Zimmermanns hat die Zurndorfer vor großem Übel bewahrt und sie feierten ihn und überschütteten ihn mit Lob. Die hölzernen Kanonen aber, die so guten Dienst geleistet hatten, wurden so lange in Ehren gehalten, bis sie vermoderten.
Am 4. Juli 1683 überschritten die Osmanischen Truppen, verstärkt von 40.000 Krimtataren, die österreichische Grenze. Das Heilige Römische Reich war durch Religionskriege, dem Dreißigjährigen Krieg sowie durch die Pestepidemie stark geschwächt.

Der Großvater von Joseph Haydn
Am 11. Juli 1683, so steht es im Tagebuch des Zeremonienmeisters der Hohen Pforte, wurde die nahe, stark befestigte Festung Hainburg nach vermutlich dreitägiger Belagerung erobert und niedergebrannt. Rund 8000 Menschen aus Hainburg und den umliegenden Dörfern wurden getötet oder verschleppt. Unter den ca. 100 Überlebenden von Hainburg war der damals 20jährige Thomas Haiden [sic], ein Wagnergeselle, Joseph und Michael Haydns Hainburger Großvater.
Unaufhaltsam rückte die osmanische Armee in Richtung Wien vor.
Kaiser Leopold I. und seine Familie verließen Wien, um in Passau Zuflucht zu finden. und um das Entsatzheer zu organisieren. Graf Ernst Rüdiger von Starhemberg übernahm die militärische Führung in Wien. Alle kaiserlichen Truppen wurden alarmiert und nach Wien berufen. Die Bewohner in den Vorstädten wurden aufgefordert alles, vor allem Lebensmittel, in die Stadt zu schaffen. Am 11. September besetzten die alliierten christlichen Verbündeten den Kahlenberg. Am 12. September griff das Entsatzheer mit Truppen aus Venedig, Bayern, Sachsen, Franken, Schwaben, Oberhessen, Baden und Polen die türkischen Belagerer an. Die gesamte christliche Streitmacht ging zum Generalangriff über. Als Retter von Wien zeichnete sich der Polenkönig Jan Sobieski aus, der als Oberbefehlshaber den Befreiungsschlag vom Wienerwald her, anführte. Das Osmanische Heer flüchtete überstürzt. Wien war gerettet und damit der „Goldene Apfel“ für die Osmanen verloren.

Todesurteil Seidenschnur
Am 25. Dezember 1683 wurde Kara Mustafa in Belgrad wegen der verlorenen Schlacht am Kahlenberg auf Befehl Sultan Mehmets IV. mit einer Seidenschnur erdrosselt.

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