Parndorf: Brief von Gemeinde
PARNDORF. Die Causa "Beten und Traditionen im Kindergarten" geht in die nächste Runde. Der Gemeinderat von Parndorf hat in seiner Gemeinderatssitzung vom 29.
April 2015 einstimmig beiliegende Resolution beschlossen, die an den
burgenländischen Landeshauptmann, Hans Niessl, seinen Stellvertreter, Mag.
Franz Steindl, sowie den beiden Landesrätinnen Verena Dunst und Mag.
Michaela Resetar verschickt wurde.
Hier die Resolution
Sehr geehrter Herr Landeshauptmann Niessl!
In der letzten Zeit waren einige Medienberichte über unseren Kindergarten in der Schulgasse in Parndorf im Umlauf. Zur Ausgangslage: Die Eltern eines Kindes fühlten sich durch Bräuche und Mittagsgebete in der freien Religionswahl eingeschränkt. In diversen Medien - ZIB Magazin, BVZ-Artikel, Kurier und Kronen Zeitung – wurde das Thema ausgiebig und oft falsch dargestellt!
Der Gemeinderat der Großgemeinde Parndorf hat in der Sitzung vom 29.04.2015 zu diesem Thema folgende Stellungnahme einstimmig verfasst.
Die Gemeinde Parndorf ist ein Parade-Beispiel an Integration. 50 Nationen leben in unserem Dorf gemeinschaftlich zusammen. Vier Religionen haben in Parndorf Örtlichkeiten, wo sie sich zur gemeinsamen Religionsausübung treffen können - - der Islam, die Rumänisch-Orthodoxe Kirche, die Baptisten, die Römisch-Katholische Kirche. Im vergangen Jahr feierte die Gemeinde das 750 Jährige Bestehen. Im Rahmen von „Pannonia Sounds - Ein Fest der Vielfalt“ waren alle Bevölkerungsgruppen zur aktiven Mitarbeit eingeladen. In der Geschichte von Parndorf ist die Integration von Menschen, woher auch immer sie kommen immer beispielhaft vonstatten gegangen. Diese jahrelangen Anstrengungen lassen wir uns durch diesen Vorfall nicht zerstören.
Jede Bürgerin und jeder Bürger soll frei wählen können, ob sie oder er einer Religion angehören möchte, und wenn ja, welche das sein soll. Selbstverständlich ist für uns auch die Trennung von Religion und Staat. Wir leben jedoch in einem christlich geprägten Land, in welchem gewisse Werte, unserer Meinung nach, ab dem Kindesalter vermittelt werden sollten. Bräuche, wie der Martiniumzug zu Ehren unseres Landespatrons und der Besuch des Nikolos sind gelebtes Brauchtum, welches wir uns nicht schlecht reden lassen möchten. Ein Beispiel für das Zusammenleben ist die Tatsache, dass unsere Muslimischen Gemeindebürger ebenfalls an all diesen Aktivitäten teilnehmen. Gerade um den Kindern eine offene Weltanschauung zu vermitteln wünschen wir uns die Beibehaltung der Traditionen im Kindergarten, denn was wäre eine Gesellschaft ohne Werte?
Beispiellos solidarisch agieren auch die Mütter und Väter der andern Kindergarten Kinder. Sie stellen sich geschlossen hinter unsere pädagogische Leitung und das Personal. Gerade wenn „sogenannte“ Missstände aufgezeigt werden, zeigt sich das „wahre“ Gesicht der Gesellschaft. Jedoch haben andere Eltern keinerlei Missstände bemerkt oder aufgezeigt. Nein, sie wollen die Wertevermittlung in der vorliegenden Form beibehalten, wie dies aus einem Elternbrief hervorgeht.
Wir sind uns sicher, dass kein Kind gezwungen wird an irgendeiner Aktivität, die der Kindergarten setzt, teilzunehmen. Die Eltern können frei entscheiden was das Beste für Ihr Kind ist! Wir bieten den Kindern, die an Aktivitäten nicht teilnehmen wollen, ein entsprechend Ersatz-Betreuungsangebot an – jedoch ist anzumerken, dass sich dadurch das Kind ausgeschlossen fühlen kann. Hier wird seitens der Leitung immer versucht die bestmögliche Lösung für das Kind zu finden – auch wenn dies bedeutet, dass die betroffenen Kinder vielleicht einmal früher aus dem Kindergarten abzuholen sind.
Auf jeden Fall stellt sich der Gemeinderat unmissverständlich und eindeutig hinter das Personal in unseren Kindergärten. Unserer Meinung nach wird in den Kindergärten Parndorfs ausgezeichnete Arbeit – auch für die Integration – geleistet.
Wir erwarten uns seitens der Landesregierung, Landeshauptmann, Landeshauptmann-Stv. und der zuständigen Landesrätin eine eindeutige Linie und ein öffentliches Bekenntnis zur unseren gesellschaftlichen Werten und unserem Kulturgut. Auch Ihnen sollte es ein großes Anliegen sein Integration in unserer Gesellschaft zu fördern und andere Gruppen darauf hinzuweisen mit anders Denkenden offen und unvoreingenommen umzugehen.
Mit freundlichen Grüßen, der Gemeinderat von Parndorf
Unterschriften sammeln
Währenddessen sind die Eltern des besagten Kindergartens nicht untätig und sammeln Unterschriften, weil sie sich ihre Traditionen nicht verbieten lassen möchten.
Landesrätin Michaela Resetar hat indessen schon auf die Aufruhr reagiert.
"Weiter Werte vermitteln"
„Als Kindergartenreferentin habe ich vollstes Verständnis für den offenen Brief des Parndorfer Gemeinderates“, sagt Mag. Michaela Resetar und betont voll hinter den Kindergartenpädagogen des Kindergartens Parndorf zu stehen. „Mein Standpunkt dazu war von Anfang an klar. Solange ich für den Kinderbetreuungsbereich Verantwortung trage, sind der Nikolaus, die Ostereiersuche und das Laternenfest in unseren Kindergärten gerne gesehen. Das sind wesentliche Werte und Bräuche unserer Gesellschaft und unserer Kultur“, sagt Resetar
„Das Burgenland ist geprägt vom Zusammenleben verschiedener Volksgruppen und Religionen. Gerade deshalb ist es wichtig, dass unsere Kleinsten nicht nur die eigene Religion und die damit verbundenen Feste kennenlernen, sondern wissen, dass es auch Menschen mit anderen Bekenntnissen gibt. Nur wenn sie früh genug einen respektvollen und offenen Umgang mit anderen Religionen erfahren, werden sie als Erwachsene Andersgläubige oder Menschen ohne Bekenntnis respektieren.“
Es sei aber auch selbstverständlich, dass kein Kind zur Teilnahme an religiösen Festen oder Ritualen gezwungen werde. „Vielmehr öffnen wir den Kindern Türen, um ihnen einen Zugang zu religiöser Bildung zu ermöglichen und sie zu Toleranz zu erziehen.“
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