Interview mit Bettina Warlits aus Oberpullendorf

Gibt es sie, die "ewige" Liebe?

Wir haben die Psychotherapeutin Bettina Warlits zum Interview gebeten. Gibt es den perfekten Partner? Welche Rolle spielen Dating-Apps heutzutage? Und: "Gibt es die ewige Liebe wirklich?"

REGIONALMEDIEN: Was ist der Hauptgrund warum Beziehungen nicht funktionieren? Bzw. warum kommen Pärchen zu Ihnen?
WARLITS: Das Grundproblem vieler Paare, die Unterstützung in Form von Psychotherapie suchen ist, dass der Partner zum Objekt ihrer Erwartungen und Vorstellungen gemacht wird. Er ist dazu da, alle Hoffnungen und Sehnsüchte zu erfüllen.
Ein Beispiel dafür wäre, dass man sich jemanden vorstellt, der alle seine Träume für dieses Leben wahr machen kann, vielleicht finanzielle Sorgenfreiheit – „eine gute Partie“- oder nach außen hin ein toller Partner ist. Dies hat zur Folge, dass man das Gegenüber nicht so sehen kann wie er oder sie ist, sondern man rennt dann immer seiner eigenen Vorstellung hinterher, die man sich selbst von einer Partnerschaft gemacht habe. Das muss letztendlich an der Realität scheitern. Sobald man anfängt zu bewerten bzw. konkret abzuwerten könnte die Liebe zu Ende sein, jedenfalls sehr bedroht. Distanz und Entfremdung löst Interesse und Unterstützung ab.

Haben sich die Beziehungsprobleme im Laufe der Pandemie geändert?
Die Pandemie wirkt in vielen Beziehungen wie ein Brandbeschleuniger und hat vielerorts ungelöste Konflikte hervorgebracht. Die Anzahl der Paare, die sich in der Coronazeit in psychotherapeutische Behandlung begeben, ist um rund ein Drittel gestiegen. Neben den Anstieg von Ängsten, ist aber auch eine deutliche Zunahme von Gewaltbereitschaft in den Familien und Paaren zu verzeichnen. 
Manche Paare nützen die Pandemie als Kuschelzeit. Die Zurückgezogenheit bedingt durch Homeoffice und der Rückgang an Möglichkeiten am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, wirken für manche Paare aber auch regelrecht als willkommener Beziehungsbooster, um einander wieder zu finden. 

Gibt es für jeden von uns den perfekten Partner?
Nein, man rennt seiner eigenen Vorstellung von Perfektion hinterher und scheitert letztendlich an der Realität bzw. macht sein Gegenüber zum Objekt seiner Vorstellungen und Erwartungen. Eine Vorstellung von dem perfekten Partner/der perfekten Partnerin, die man sich von anderen Menschen gemacht hat führt zu einer Bewertungssituation, da endet dann die Liebe.

Welche Rolle spielen Dating-Apps wie Tinder beim Thema Beziehung und Liebe?
Dating Apps verstärken oft auch die Idee davon, dass es in den unendlichen Weiten des Internets den „perfekten Partner“ gibt. Das kreiert oft eine utopische, überladene Vorstellung von Liebe. Dennoch lernen sich viele Menschen über Dating oder Freizeitapps kennen und das ist auch gut so, solange man ein paar Regeln befolgt. Wichtig wäre zum Beispiel, dass man sich nach einem schriftlichen Kennenlernen bald trifft, wenn auch nur kurz, um unrealistische Vorstellungen im Kopf zu vermeiden.

Was sind die häufigsten Trennungsgründe?
Eine Affäre oder Außenbeziehung ist oft das deutlichste Anzeichen, dass etwas in der Partnerschaft nicht stimmt und führt bei vielen Paaren zur Trennung. Viele finden spätestens dann den Weg in der Paartherapie. Wir versuchen dann gemeinsam herauszufinden, was in der Partnerschaft zu Distanz geführt hat. Oft geht es in diesen Paargesprächen auch darum welche Sehnsucht möglicherweise eine Außenbeziehung bedient, bzw. was ist das Ausgelassene in der Beziehung.
Auch Eifersucht sehe ich oft als Grund dafür, dass Beziehungen scheitern, ob sie nun berechtigt war oder nicht. Im Fall der krankhaften Eifersucht mache ich den Partner/die Partnerin zum Objekt für die Lösung meiner Verlassensangst. Dahinter verbergen sich oft sehr tiefsitzende, „alte“ Ängste aus der Kindheit, die es aufzuarbeiten gilt.

Wie kann man sich die Liebe zueinander bewahren?
Manchmal - in der Hektik des Alltages - hören wir auf, uns zu spüren und sich unserer Emotionen und Bedürfnisse bewusst zu sein. Da kann Beziehung dann ein Ort sein, an dem meine Partnerin/ mein Partner mir hilft zur Ruhe zu kommen und mich wieder zu spüren, wieder lebendig zu werden. Über das Feedback meiner Partnerin/ meines Partners kann ich wieder anfangen mich mehr zu spüren und aus dem heraus mehr zu wissen was ich eigentlich will. Auch bei sehr hitzig geführten Debatten und empfehle ich den Paaren sich auf eine gemeinsame partnerschaftliche Kampfeskunst zu einigen und einen sicheren Bezugsrahmen für das Streiten zu definieren. Tendenziell eher lieber mal den ersten Wind verfliegen lassen und dann aber trotzdem dran bleiben wäre da die Devise. Vor allem aber ist wichtig immer die Verantwortung für die eigenen Gefühle zu übernehmen.

Was meinen Sie? Gibt es die "ewige Liebe"?
Ja! Liebesfilme enden für gewöhnlich, wenn sich das Paar nach einer aufregenden Umwerbungsphase mit vielen Wirrungen findet. Leider gibt es für uns wenige gute Vorbilder für echte und authentische Beziehungen. Liebe ist ein leiseres Gefühl im Vergleich zur Verliebtheit. Sie entsteht und bleibt da, wo wir es schaffen, dass Partnerschaften nicht für alles herhalten müssen, sondern die PartnerInnen füreinander interessiert und neugierig bleiben. Dann kann in Beziehungen ein realistischer, fast schon vernünftiger Zugang gefunden werden, mit dem beide PartnerInnen glücklich werden.