Gesundes Vergnügen oder gefährliches Radeln?
Fluch und Segen auf dem E-Bike

- Adolf Habetler aus Hochstraß fährt täglich 40 bis 50 Kilometer auf dem E-Bike.
- Foto: Ingrid Ruf
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So viele E-Biker wie noch nie waren in den letzten Monaten unterwegs. Gesundes Vergnügen oder gefährlicher Trend?
Die Vorteile überwiegen
Primar Dr. Dieter Pertl, Vorstand der Unfallchirurgie im Krankenhaus Oberwart: „Meiner Meinung nach überwiegen die Vorteile, der Wert der körperlichen Betätigung ist hervorzuheben. Aber natürlich sind die Verletzungszahlen durch den E-Bike-Boom in den letzten Jahren deutlich gestiegen.“ Bei Unfällen sind hauptsächlich Hand, Ellbogen, Schulter verletzt, oft mit Frakturen. „Schwere Hirn- oder Schädelverletzungen bleiben im Hintergrund, die Menschen sind sehr diszipliniert, es ist inzwischen normal, einen Helm beim Radfahren zu tragen.“
Täglich 40 bis 50 Kilometer
Adolf Habetler wohnt in Hochstraß bei Lockenhaus. „Ich bin immer schon gerne mit dem Rad gefahren, aber bei uns geht’s in jede Richtung bergauf. Seit drei Jahren habe ich mein E-Bike, ich fahre jetzt deutlich mehr als früher!“ Er meint, das Radnetz im Bezirk ist „nicht so schlecht.“ Doch es gibt Abschnitte, wo die Landes- oder Bundesstraße genutzt werden muss, das kann auch zu gefährlichen Situationen führen.
Schwerer Unfall
Gefährliche Situationen, das hat auch Karl L. aus dem Bezirk erlebt. Er begann vor einem Jahr, E-Bike zu fahren. "Ein Sturz auf Asphalt in einer Kurve, die plötzlichen Schotterzustand aufwies." Das schildert er zu seinem Unfall - er brach sich das Schlüsselbein, mehrere Rippen sowie erlitt Prellungen und einige Schnittwunden. Das Ganze ist einige Monate her, "leider dauert der Heilungsverlauf etwas länger als gewünscht," erzählt Karl L. im Gespräch.
Nicht auf dem Gehsteig
Die Polizei – Ronald Subosits vom Polizeikommando Oberpullendorf – warnt: „Gerade in der Bezirkshauptstadt sind Radfahrer immer wieder auf dem Gehtsteig unterwegs, das ist verboten, auf dem Gehsteig muss das Rad geschoben werden!“ Viele E-Biker hätten zudem das Problem, mit der Geschwindigkeit nicht umgehen zu können. „Egal, welches Alter, man sollte diese Trendsportgeräte nutzen, aber gefahrlos und unfallfrei,“ so Subosits.
Reaktionszeit
Dietmar Rainer ist Inhaber eines Fahrradgeschäftes, er weiß um die Gefahren: „Mit dem E-Bike können auch Ungeübte auf die Alm, aber wenn sie runterfahren sind die Muskeln nicht entsprechend vorbereitet.“ Probefahrt, Hinweis, dass permanent 25 km/h gefahren werden kann, das ist bei ihm selbstverständlich. Auch merkt er, dass ältere Personen eine andere Reaktionszeit als junge haben.
Die verschiedenen Systeme sind unterschiedlich zu bedienen. „Die Räder, die ich verkaufe, reagieren sehr flott, es ist wie natürliches Radfahren mit Unterstützung. Wichtig ist dabei, dass es sofort stoppt und nicht nachläuft.“
Ein großes Problem ist der Lieferengpass. Früher war das E-Bike ein Nischenprodukt, inzwischen hat es eine Reichweite von über 100 km, dadurch ist der Boom erst richtig groß geworden. „Die Leute haben investiert in hochwertige Räder, weil durch Corona Urlaub nicht möglich war,“ so Dietmar Rainer.
Fahrtechnikprüfung?
Wäre ein „Führerscheingesetz“ für E-Bikes eine Lösung? Primar Pertl hält es nicht für sinnvoll und appelliert an die Eigenverantwortung der Biker. „Ich würde es jedoch befürworten, dass der Handel in die Pflicht genommen wird! Hier sollte der Verkäufer definitiv auf die Eigenheiten des Bikes hinweisen, gerade ältere Menschen können leicht überfordert sein.“
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