Bezirk Oberpullendorf
Mann wollte Ex-Freundin vergiften, um sie dann retten zu können
Die Liebe seines Lebens. Gescheitert. Seine Traumfrau unerreichbar. Wollte nichts mehr von ihm wissen. Was tun? Aufgeben? Nein. Der irre und perfide Plan des Burgenländers: Ein Giftcocktail sollte die Angebetete wieder in seine Arme treiben. Also mixte er. Mal dies. Mal das. Insektizide, Fungizide, Lösungsmittel, Salzsäure und Pestizide. Füllte das „Hexengebräu“ in Trinkflaschen. Hoffte, dass seiner „Herzensdame“ - nach dem Genuss - schlecht wird. Sie ihn dann, unter Übelkeit leidend, um Hilfe anfleht. Er wie "Phönix aus der Asche" emporsteigt. Den Helden mimen kann. Die vergiftete Frau rettet. Sich um sie kümmert. Und - Simsalabim - die Beziehung gekittet ist. Unglaublich, aber wahr! Als Tüpfelchen am „i“: er gefährdete nicht nur das Leben der Frau, sondern auch das ihrer zwei kleinen Töchter...
BEZIRK OBERPULLENDORF. Das Drehbuch eines Hollywood-Streifens in der realen Welt des Landesgerichtes Eisenstadt. An Hülle und Fülle von Wahnsinn und Abartigkeit nicht zu überbieten. Mehr als fünf Stunden dauerte der Prozess, der - ob der Heimtücke - sprachlos machte. Anwesende ins Schaudern versetzte. Fassungslosigkeit erzeugte.
Mitleidsheischerei des Angeklagten
Mittig im Saal 1 der Angeklagte. Anfang 40. Österreicher. Ledig. Keine Kinder. Keine Vorstrafen. Schmächtig. Kurzhaarig. Berufstätig, bis zur Untersuchungshaft. Sitzt vor dem Schöffensenat wie das sprichwörtliche Häufchen Elend. Befragt zu den Vorfällen im März dieses Jahres schweift er aus. Redet herum. Widerspricht sich. Stolpert von einem Bla bla ins andere. Ausflüchte. Ausreden. Mitleidsheischerei. Gepaart mit Erinnerungslücken. Obwohl er viele Vorwürfe abstreitet, bekennt er sich teilweise schuldig. Gesteht zumindest das einmalige Einfüllen einer chemischen Mixtur in die Trinkflasche seiner Ex-Freundin.
Affäre beendet, weil es "zu eng" wurde
Das als Zeugin befragte Opfer, eine attraktive Burgenländerin, Mitte 30, bestätigte eine Affäre mit dem Angeklagten. Die sie aber wieder beendete, weil sie sich „eingesperrt“ fühlte, ihr alles zu eng wurde. Sehr zum Missfallen des verschmähten Liebhabers, der mit allen Mitteln Freundschaft und Kontakt aufrechterhalten wollte. So kam es zu gelegentlichen Besuchen in der Wohnung der Frau. Die sie mit ihren beiden kleinen Töchtern, 11 und 7 Jahre alt, bewohnte.
"Wer denkt denn an eine geplante Vergiftung"
An mehreren Tagen bemerkte die Frau "Eigenartigkeiten in Getränken". Milchig und trüb statt klar. Mit Schaum. Eigenartigem Geruch. „Ich dachte, die Kinder hätten beim Trinken unabsichtlich etwas hineingespuckt, deshalb sei es kaputt geworden. Daher habe ich alles weggeleert, ausgewaschen und mir nichts weiter gedacht. Mir wäre nie der Gedanke an eine geplante Vergiftung gekommen. Wer denkt denn an so etwas...?“ Erst, als eines Tages ihre Kinder von „komischem Mineralwasser“ sprachen, wurde sie hellhörig und wachsamer.
Getränk roch nach Desinfektionsmittel
Als sie dann bemerkte, dass der Deckel ihrer speziellen Trinkflasche falsch montiert und ihr darin befindliches Getränk eigenartig nach Desinfektionsmittel roch, läuteten alle Alarmglocken. Sie bat ihre Kinder, nichts mehr aus offenen Flaschen zu trinken. In Anbetracht der gehäuften, absonderlichen Vorfälle hegte die Frau zwar insgeheim einen Verdacht, konnte es aber trotzdem nicht wirklich glauben.
Täter vom Handy der Tochter gefilmt
Als der Mann im Rahmen einer Geburtstagsfeier wieder in der Wohnung erschien, versteckte die 11-jährige Tochter, auf Ersuchen der Mama, ihr Handy in der Küche und drückte die Video-Aufnahme. Und siehe da: in einem unbeobachteten Moment schlich der Angeklagte in die Küche, nahm ein mitgebrachtes „Fläschchen mit Totenkopf“ aus seiner Jacke und stellte es auf die Kredenz. Dann nahm er die Trinkflasche seiner Angebeteten, schraubte sie auf und schaute kontrollierend hinein, ob schon vom bereits zuvor eingefüllten „Giftcocktail“ getrunken worden sei.
Totenkopf-Fläschchen ging zu Bruch
Da das nicht der Fall war, verschloss er die Flasche wieder, warf dabei aber versehentlich das mitgebrachte „Totenkopf-Fläschchen“ auf den Boden. Es zerbrach, die Chemikalen verteilten sich am Boden. Hektisch wischte er die ausgelaufene Flüssigkeit auf und verschwand wieder. In der Meinung, nicht entdeckt worden zu sein. Als ihm aber kurz darauf sein auserkorenes Vergiftungs-Opfer das Handy-Video zeigte, zuckte er aus und bestritt alle Vorwürfe. Die alarmierte Polizei nahm den Täter fest. Bei der ersten Befragung gab er zu, in Kauf genommen zu haben, dass seine Geliebte auch sterben hätte können. Beteuerte aber, dass er lediglich eine Übelkeit bei ihr verursachen wollte...
Laut Chemiker auch Tod möglich
Die souveräne und umsichtige Richterin Dr. Karin Lückl befragte mehrere Zeugen, auch die 11-jährige Tochter. Das Mädchen bestätigte die Aussagen der Mama und schilderte ihre eigenen Erfahrungen mit einer milchigen Flüssigkeit in Mineral-Plastik-Flaschen. Zudem erklärte ein Chemiker als Gutachter, dass die Chemikalien, unter anderem ein Nervengift, sowohl Übelkeit, Erbrechen und Ohnmacht auslösen hätten können, bis hin zu Atemnot und auch den Tod. Als speziell toxisch entpuppte sich eine 1 : 1 Mixtur von Salzsäure mit einer Limonade. Generell waren alle nachgewiesenen Flüssigkeiten zumindest gesundheitsgefährdend, teilweise giftig bzw. krebserregend. Ein hoher Kriminalbeamter des LKA Burgenland schilderte danach die akribische Sicherstellung von Gift-Spuren und Behältnissen.
Glück, Zufall und Wachsamkeit
Die Staatsanwältin forderte in ihrem Abschlussplädoyer eine Verurteilung des Angeklagten. Führte aus, dass es einerseits Glück und Zufall sowie, im Laufe der Zeit, die erhöhte Wachsamkeit des Opfers waren, dass niemand die vergifteten Getränke konsumiert hat. Sonst hätte das alles ganz anders ausgehen können. Im schlimmsten Fall wäre das auserwählte Opfer, oder eines der Kinder, gar nicht mehr am Leben.
Eh nur ein paar Tropfen verwendet
Auf die unglaubliche Verantwortung des Angeklagten, dass er eh nur Tropfen der chemischen Flüssigkeiten verwendet hat und seine Verteidigerin auf breiter Front einen Freispruch einforderte, folgte sodann das Urteil: Schuldig im Namen der Republik. 3 Jahre Haft, davon 1 Jahr unbedingt und 2 Jahre bedingt, auf drei Jahre Probezeit.
3 Jahre teilbedingte Gefängnisstrafe
Zudem muss er seiner Ex-Geliebten 770 Euro Schmerzensgeld bezahlen. In einigen expliziten Punkten wurde der Angeklagte „im Zweifel“ freigesprochen. Änderte aber nichts daran, dass der Burgenländer von einem Justizwachebeamten Direttissima zurück ins Gefängnis gebracht wurde. Mit Tränchen in den Augen und einem „Entschuldigung“ in Richtung seiner Angebeteten, die bis zur Straf-Verkündung im Saal geblieben ist. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
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