Aufregung um EMS Oberwart
Ausschluss vom Unterricht und Ausflugsverbot für "Autismus-Kind"
Einer der Klassenbesten mit fallweiser Verhaltensauffälligkeit. Nicht bösartig oder frech, sondern schlichtweg Autist. So die Beschreibung eines Mittelschülers, der von manchen in der EMS Oberwart wie ein „Aussätziger“ behandelt wird. Unter einem Direktor, der den Buben vom Turn-, Werk-, Zeichen- und Musikunterricht ausschloss und auch die Teilnahme an Veranstaltungen verbot. Die Bildungsdirektion ist eingeschaltet.
OBERWART. Bei dem Jungen aus einer 4. Klasse der EMS (Europäische Mittelschule) in Oberwart gibt es eine Doppeldiagnose von "Asperger Syndrom" und "ADHS". "Kinder mit dieser Diagnose haben unter anderem fallweise Probleme mit der Impulskontrolle. Wird ihnen der Unterricht zu viel, erzeugt das Druck und Stress", berichtet Mag. Elke Kovacs, Klinische Psychologin und Gesundheitspsychologin vom "Verein Autismus Burgenland" im Interview mit den RegionalMedien Burgenland.
"Dafür hat der vorherige EMS-Schulleiter eine 'KOOP'-Klasse eingerichtet, mit dem Ziel, dass sich dort ein überforderter Schüler unter Lehreraufsicht für kurze Zeit zurückziehen und runterkommen kann. Um dann, so schnell wie möglich, wieder in seiner Klasse am Unterricht teilnehmen zu können. Eine geniale Idee des damaligen Direktors!" Jetzt, so haben unsere Recherchen in Lehrerkreisen ergeben, wird der Bub teils stundenlang in die "KOOP" (Kooperations-Klasse) abgeschoben, damit er nicht stört.
Psychologin: "Kein Kontakt zum Direktor"
Mag. Elke Kovacs weiter: "Zudem hat sich der vorherige EMS-Direktor für Entwicklung und Bedürfnisse von Kindern mit ASS, also Autismus Spektrums Störung, interessiert und deshalb laufend mit unserem Verein Kontakt gehalten. Leider gibt es zum jetzigen Schulleiter seit mehr als einem Jahr keinen Kontakt!"
Dabei gäbe es viele Anregungen und Aufklärungen, die man aus psychologischer Sicht an den Direktor weitergeben wollte. Etwa die, dass eine Aussage wie "Reiss dich zusammen" für einen "Autisten-Bub" gleichbedeutend ist, als würde man zu einem Rollstuhlfahrer im Turnunterricht sagen "Steh auf und turne mit!" Wissen sollte man als Schulleiter auch, dass Kinder mit Autismus Spektrum nicht lügen können. "Weil sie das vom Denken her nicht schaffen. Leider gab es mit dem Buben einen Vorfall in der EMS, den man sich bei Interesse an Kindern mit ASS ersparen hätte können!", so die Psychologin.
Ausschluss von Turnen, Werken, Musik...
Schlimm auch, dass der Direktor den Jungen genau von jenen Fächern ausschließt, die für ihn punkto Abwechslung und Bewegung wichtig wären. Wie Turnen, Werken, Zeichnen und Musik. "Absolut falsch und dem Kind gegenüber unfair!", resümiert Mag. Elke Kovacs. Die Mutter des "Autisten-Jungen" ergänzt, dass "der Direktor auch eine besondere Meinung zum Thema Mobbing hat, denn, so seine Aussage, beginnt das bei den Dummen zu Hause, nicht in der Schule. Und in Sachen Ausschluss vom Musikunterricht sagte er zu mir, dass mein Bub dort eh nichts Wichtiges versäumen würde!"
Verbot für Skiwoche, Ausflug, Wandertag
Die Mama weiter: "Der Direktor hat meinem Kind auch die Teilnahme an einem Wandertag, einem Ausflug zur Schokoladenfabrik Zotter sowie einer Skiwoche verweigert und verboten. Erst als ich mich bei der Bezirkshauptmannschaft, dem Schulqualitätsmanager, beschwert habe, musste er zurückrudern und meinen Sohn mitfahren und mitmachen lassen. Leider ist das immer wieder und seit Jahren ein ständiger Kampf mit dem Schulleiter, der mir während einer Beschwerde, wenn ich weiterrede, sogar mit Gesprächs-Abbruch drohte!"
"Haben wir das bis jetzt durchgehalten, halten wir das bis Ende Schuljahr auch noch aus. Übrigens wird mein Sohn in Deutsch, Englisch und Mathematik nach dem AHS-Standard benotet, in den restlichen Fächern hat er überall ein "sehr gut", ist also einer der Klassenbesten. Aufgrund der guten Zeugnisnoten verfügt er über die Berechtigung, ohne Aufnahmeprüfung in eine höhere Schule zu gehen. Mein Kind ist also kein Trottel, wie ihn ein Lehrer vor versammelter Klasse bezeichnet hat. Fairerweise sei angeführt, dass er sich im Nachhinein dafür entschuldigte!", schildert die engagierte Mama des Buben.
"Krasses Fehlverhalten"
Abschließend erläuterte die Mutter, warum sie mit ihren Sorgen an die Öffentlichkeit ging: "Man darf mit Autisten-Kindern so nicht umgehen. Deshalb wollte ich diese Gemeinheiten und Demütigungen meinem Sohn gegenüber aufzeigen, um das künftig anderen beeinträchtigten Buben und Mädchen zu ersparen. So ein krasses Fehlverhalten muss verhindert werden. Aus diesem Grund wurden bereits viele der Vorfälle dem zuständigen Schulqualitätsmanager gemeldet!" Kommende Woche findet ein weiteres Treffen Mutter/Behörde statt.
Schulbehörde bereits aktiv
"Nachforschungen sind eingeleitet", heißt es aus der Bildungsdirektion. Man möchte den Abschluss der Erhebungen vorerst abwarten, ehe es in dieser Causa weitere Statements gibt. Daran ist auch der EMS-Schulleiter gebunden.
Bezüglich Weiterbildung für Schulleiter und Pädagogen weist Mag. Elke Kovacs daraufhin, dass es seitens des Vereins "Autismus Burgenland" und auch durch andere Träger ein breites Angebot an Fortbildungen gibt. "Die Diagnose Autismus wird immer häufiger! Es muss hier ein Umdenken durch Aufklärung erfolgen. Wenn Inklusion gelebt werden möchte, muss das Schulsystem angepasst werden - an die aktuellen Gegebenheiten!"
Die Psychologin resümierend: "Wir sehen viele Fortschritte durch die Therapie, besonders dann, wenn die Kooperation zwischen Pädagogen, Eltern und Therapeuten funktioniert. Kinder mit dieser Diagnose können durch gezielte Förderungen sehr viel erreichen und ihr Leben sehr gut meistern, wie zahlreiche Bespiele von Ärzten, Wissenschaftlern, Therapeuten, Autoren usw. belegen. Dies sollte doch das Ziel sein!"
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