Sanitärhaus in Togo in Betrieb
SchülerInnen der HTL Pinkafeld setzten ihr Projekt fort. Professor stellte sich einem Interview.
Dass Maturanten ihre Diplomarbeiten nicht nur verfassen, sondern die darin enthaltenen Pläne gemeinsam mit ihren Lehrern auch in die Tat umsetzen, mag noch gar nicht so verwundern. Geschieht dies aber in den Weihnachtsferien, weit weg von zuhause in Afrika und aus humanitären Gründen, dann ist das doch außergewöhnlich.
Über das Togo-Projekt der Abteilungen für Bau- und Gebäudetechnik der HTL Pinkafeld ist bereits mehrfach in diversen Medien berichtet worden. An der Umsetzung der nunmehr zweiten Projektphase waren Professor Wolfgang Leeb, dessen Lebensgefährtin Gyöngyi Fettik, die beiden Bautechnik-Maturanten Patrick Hutterer und Bernhard Käfer sowie der Gebäudetechnik-Absolvent Matthias Pajek beteiligt.
Interview mit Prof. Leeb
Zurückgekehrt nach Pinkafeld stellte sich Professor Leeb folgendem Interview, in dem er seine Eindrücke von diesem intensiven freiwilligen Arbeitseinsatz Revue passieren lässt.
Herr Professor, was konnten Sie von Ihrem geplanten Vorhaben, ein komplettes Sanitärhaus mit Duschen, WCs und Kläranlage für die Schule in Togo zu errichten, in den vergangenen Weihnachtsferien umsetzen?
Leeb: "Alles, was geplant war, bis auf sechs der zwölf Handwaschbecken. Das Objekt steht, die Installationen sind verlegt, das Wasser fließt. Der Außenestrich, als auch die Außenstufen sowie das Entfernen des restlichen Aushubes wurde nach unserer Abreise fertiggestellt, was auch dokumentiert ist. An den fehlenden Handwaschbecken wird seit 21. Jänner gearbeitet, wobei diese wahrscheinlich auch schon fertig sind. Die Pflanzen der Pflanzenkläranlage können erst in einem Monat angepflanzt werden, wenn der Boden durch die Versickerung von Wasser bereits gut durchtränkt ist. Dies ist aber auch schon organisiert und finanziert."
Was waren die größten Schwierigkeiten bei der Umsetzung?
Leeb: "Das Umgehen mit dem Mangel, der für uns kaum vorstellbar ist. Regelmäßige Stromausfälle, Wassermangel, wenn am Turm gearbeitet wurde, kaum funktionierende Maschinen und Werkzeuge, keine passenden Installationsmaterialien, sogar die Mauersteine und Deckenträger mussten selbst vor Ort hergestellt werden. Es dauerte eine Woche bis in Lomé 24 selbstschließende Ventile gekauft werden konnten und diese mussten dann noch mit einer Vielzahl teils selbst gebastelter Teile modifiziert werden, um ihren geplanten Zweck zu erfüllen. Selbst Holz in der gewünschten Größe zu bekommen, war trotz Vorbestellungen unmöglich, aber auch unsere mitgebrachten Schrauben und Werkzeuge hatten mit dem Tropenholz ihre liebe Not. Aber mit Flexibilität, Einsatz und Kreativität lässt sich alles lösen, getreu unserem Motto: Geht nicht - gibt´s nicht."
Ist die Anlage jetzt in Betrieb und funktioniert sie auch? Werden Sie sich noch einmal persönlich vor Ort davon überzeugen?
Leeb: "Die Anlage funktioniert im Moment, wobei aber noch keine Aussage über die Reinigungsleistung gemacht werden kann. Ich bin aber frohen Mutes, dass sich die Anlage in Anbetracht des bisherigen Engagements und der guten E-Mail-Kommunikation auf Jahre bewehren wird. Ein reiner Kontrollbesuch wäre meiner Meinung nach ineffizient, da der damit verbundene Ressourcenaufwand nicht in Relation zum Nutzen steht. Nachhaltige Hilfe ist außerdem nur eine zur Selbsthilfe. Ich bin überzeugt, dass die Togolesen in der Lage sind, die Anlage in Betrieb zu halten, wenn nicht sogar zu verbessern. Wir haben sie gut vorbereitet, die Verantwortlichen vor Ort sind engagiert und stehen mit uns in Kontakt."
Wie viel hat dieser zweite Projektschritt nach der Errichtung des Wasserturmes gekostet und wie haben Sie das finanziert?
Leeb: "18.305 Euro inklusive 1.000 Euro für den Erhalt und Betrieb der Anlage und inklusive der Hälfte der Flugkosten der Schüler, die wir auf diese Weise unterstützen. Die Schüler zahlen sich den Rest ihrer Kosten nämlich selber. Die Gesamtkosten werden durch unsere großzügigen gewerblichen und privaten Sponsoren und durch engagierte Aktionen von Schülerinnen und Schülern gemeinsam mit Lehrerinnen und Lehrern abgedeckt. Beispielsweise waren einige mit einem Punschstand am Pinkafelder Adventmarkt vertreten, organisierten ein Adventbuffet an der Schule, verkauften Kalender, führten Klassenspendenaktionen durch und so weiter. Sofern alle Zusagen auch eingehalten werden, ist die zweite Projektphase ausfinanziert."
Wer betreut künftig diese neue Wasserversorgung für das Lycée de Lomé-Port? Braucht es noch Schulungen für Lehrer, Personal oder Schüler?
Leeb: "Der Vizerektor Solé Kossi Komla Assogba oder kurz Ephrem ist die treibende Kraft vor Ort und steht mit uns fast täglich in Kontakt. Er als auch die Hausmeister betreuen die Anlage und sind eingeschult, sie zu betreiben. Darüber hinaus hat ein englisch-sprachiger Installateur aus der Umgebung aus Eigeninteresse und unentgeltlich die letzte Woche mitgeholfen, die Anlage fertig zu stellen. Er kennt diese jetzt in- und auswendig. Er ist gerade dabei, die fehlenden Handwaschbecken zu installieren und wird sich auch weiter um die Anlage kümmern."
Wie wird der laufende Betrieb der Anlage finanziert?
Leeb: "Im Moment haben wir 1.000 Euro in der Obhut von Ephrem gelassen, der das Geld verwaltet. Jede seiner Ausgaben belegt er mit einem Foto der Rechnung und mehreren über die Umsetzung. Darüber hinaus hat der Pinkafelder Selbstbesteuerungsverein das Projekt adoptiert und sich dankenswerterweise bereiterklärt, es jährlich finanziell zu unterstützen. Das gilt es noch zu verifizieren."
Haben Sie weitere Pläne für dieses Schulprojekt? Denken Sie an einen weiteren Ausbau?
Leeb: "Es bestünde dank eines modularen Aufbaus die Möglichkeit, die Kapazitäten der Anlage zu erhöhen. Vom Prinzip wurde das auch schon angedacht, aber im Moment ist es vorrangig, Erfahrungen mit dem jetzigen Betrieb zu sammeln und diesen langfristig zu gewährleisten, bevor an eine Duplizierung gedacht wird."
Wie bewerten Sie den Arbeitseinsatz der beiden Bautechnik-Maturanten und des Absolventen der Gebäudetechnik-Abteilung der HTL Pinkafeld?
Leeb: "Ich war und bin begeistert. Die Schüler waren unermüdlich, engagiert und haben wirklich jeden Tag, auch sonntags, teils sogar über 14 Stunden lang in der Hitze gearbeitet. Am meisten überrascht war ich aber von ihrer Kommunikationsfähigkeit. Sie haben sich sofort integriert und mit Deutsch, Englisch, Gestik, Händen und Füßen verständlich gemacht und auch kompliziertere technische Informationen erfolgreich vermittelt. Was ihnen wohl am schwersten gefallen ist, war, sich durchzusetzen, wenn einmal nicht alle an einem Strang gezogen haben."
Wie gestaltete sich die Zusammenarbeit vor Ort zwischen Lehrern und Schülern, togolesischen und österreichischen?
Leeb: "Unter den gegebenen Voraussetzungen, sprich den sprachlichen und kulturellen Barrieren und der unterschiedlichen Vorbildung, hervorragend. Wie gesagt, war ich erstaunt, wie meine Schüler so gut wie alles ohne Ephrem mit ihren Arbeitspartien kommunizieren konnten. Natürlich gab es auch Missverständnisse, die vor allem auf einer falschen Erwartungshaltung beruhten, nämlich dass das Gegenüber ja eigentlich wissen sollte, was man meine. Wobei diese Missverständnisse ebenso zwischen uns Österreichern als auch zwischen den Nationalitäten bestanden. Ich glaube, es sind durch das Projekt viele Freundschaften entstanden und einiges an Bewusstsein, guten Erfahrungen, Kompetenz und Verständnis ist gewachsen. Gemeinsam kann man immer mehr schaffen als alleine."
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.