Wild-West bei Oberwart
Streit unter Nachbarn mit Rettungs-Sprung und Schüssen
Rauchend-quietschende Autoreifen. Aufheulender Motor. Vollgas im Rückwärtsgang. Ein zur Seite springendes Opfer. Mehrere Schüsse. Wild-West-Szenen unter Streit-Nachbarn in einer Wohnsiedlung bei Oberwart. Showdown der Kontrahenten im Gerichtssaal.
OBERWART. „Ja, ich hab es gemacht. Ich wollte, dass er sich fürchtet. Ich wollte Respekt. Es tut mir leid. Bis zu diesem Tag hatte ich mit dem Nachbarn gar keinen Streit!“ Aber am 20. Juni sei alles irgendwie aus dem Ruder gelaufen. Eskaliert. „Ich streite nichts ab. Weil ich schuld bin. Habe auch geschossen. Mit einer Gaspistole. So eine Schreckschusswaffe. Mehrmals!“
Mehrere Schüsse
Einsichtig zeigte sich der Angeklagte, 28, seit mehreren Jahren arbeitslos und von 800 Euro Mindestsicherung lebend, ebenfalls zum Vorwurf der gefährlichen Drohung. „Gebe ich zu. Hab ich gesagt. Ich hole mehrere Leute, meinen Onkel. Und dann passiert was!“ Ehe Richterin Mag. Karin Knöchl das Opfer aus dem Bezirk Oberwart in den Zeugenstand holte, setzte es für die im Zuschauerraum anwesende und mitredende Mutter des Angeklagten eine Verwarnung: „Sie sind jetzt ruhig. Noch eine Wortmeldung und sie verlassen den Saal!“
Vom 41-jährigen Burgenländer ließ sich die Vorsitzende dann die Situation vor Ort schildern. „Ich habe gehört, wie ein Auto mit rasender Geschwindigkeit durch die Siedlung donnerte. Da hier ja auch Kinder leben, bin ich nachschauen gegangen. Als der Mercedes an mir vorbei ist, bin ich mitten auf die Straße gesprungen und habe meine Hände gehoben. Sollte heißen, was soll das...?!“
"Auto raste auf mich zu"
„Das hat der Lenker im Rückspiegel gesehen. Stoppte seinen Wagen mit einer Vollbremsung. Legte den Retourgang ein. Gab Vollgas, dass die Reifen nicht nur quietschen, sondern auch rauchten und raste auf mich zu. Da war mir klar, dass das nicht gut ausgeht. Also bin ich auf die Seite. Ich musste springen, denn das Auto kam erst auf meiner Höhe zum Stehen!“ Nach einer verbalen Auseinandersetzung unter den Nachbarn mit Sprüchen wie: „Schleich di!“, „Gleich gibts a Watschn“ und „Ich fahre wie ich will!“, beruhigte sich die Situation. Vorerst.
Als das Opfer in sein Haus gehen wollte, fuhr der aggressive Autolenker vor und sprach massive Drohungen aus. „Zwei Minuten später hörte ich den ersten Schuss. Habe ich die Auseinandersetzung zuvor nicht wirklich ernst genommen, alarmierte ich dann sofort die Polizei. Kurz darauf gab es weitere Schüsse! Klar hab ich mich gefürchtet, dachte ja an eine echte Waffe. Also versperrte ich die Haustüre und wartete auf die Einsatzkräfte!“
Handschlag im Gerichtssaal
Plötzlich ergriff im Saal 6 des Landesgerichtes Eisenstadt der Angeklagte das Wort: „Du hast mich auf einen Fehler hingewiesen. Die Raserei. Das war Mega-Scheiße von mir. Meine Schuld. Ich verstehe dich. Es tut mir leid... Was da vorgefallen ist... Schon längst wollte ich mich entschuldigen!“ Im Einverständnis der Richterin gingen die beiden Kontrahenten aufeinander zu und gaben sich versöhnlich die Hände. Signalisierten, als Nachbarn wieder miteinander auskommen zu wollen.
Die Waffe des Beschuldigten wurde bereits von der Bezirkshauptmannschaft Oberwart eingezogen. In Anbetracht der reuigen Einsicht verdonnerte die Vorsitzende den Burgenländer zu einer Geldstrafe von 600 Euro mit dem Zusatz: „Es gibt keine Verurteilung. Ich will ihnen eine Chance geben, da sie bis jetzt unbescholten sind. Wenn sie die Geldbuße bezahlt haben, wird das Verfahren eingestellt!“ Spruch nicht rechtskräftig, weil die Staatsanwaltschaft keine Erklärung abgab.
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