Gedichte über Österreich von Maxi Herta Altrogge
Einige der nachfolgenden Gedichte veröffentlichte die Autorin bereits unter: Maxi Herta Altrogge: "Politische Lyrik", VINDOBONA Verlag Wien, 2001.
Sprachprobleme
Nach der Wende 1989
reisten wir
nach Westdeutschland -
und stießen
auf eine fremde Sprache.
Im November 1992
übersiedelten wir
nach Retz in Niederösterreich.
Die Menschen sprachen tiefstes Weinviertlerisch -
und wir verstanden uns.
(Thematisierung von Mentalitätsunterschieden und daraus resultierenden Konflikten in den alten deutschen Bundesländern und Österreich.)
Die Österreicher
Sie haben Augen,
die sehen.
Sie haben Herzen,
die mitfühlen.
Sie haben Hände,
die helfen!
Sprachvergleich Deutsch-Österreichisch
Holzfällerarbeiten
mit
Vogelgezwitscher.
Deutsche Seele, österreichische Seele
"Yorkscher Marsch"
in Gala-Uniform
am Potsdamer Platz.
Schrammeln
in Trachten
im Heurigen.
Probleme mit einer DDR-Vergangenheit
Mitten in Österreich.
Ich liege mit Freude
wie ein bissiger Schäferhund
als ehemaliger "Staatsfeind"
auf einer über und über
mit Blumen bedeckten Wiese
und bewundere
die fröhliche Schar
bunter Schmetterlinge.
Aber
ich kann nicht mit ihnen
in der Sonne tanzen.
Geschlagener Hund
bleibt
geschlagener Hund.
Unterschied zwischen Österreich und der DDR
In Österreich
sagt
jeder
jedem
alles
und das
laut.
Die Österreicher
(Nach fünf Jahren Aufenthalt)
Wenn mir dieser Vergleich
aus dem Tierreich
gestattet ist:
Sie haben das Kuschelige
und die Ausdauer
eines Bernhardiners,
in der Arbeit
die Präzision
eines Adlers,
der am Abend
doch lieber
als Bernhardiner
beim Heurigen sitzt.
Deutsche Rose
Die Österreicher
bewundern
die perfekt gezüchtete
deutsche Edelrose
und fürchten sich gleichzeitig
vor ihren Dornen.
Frühjahrs-Wahl-Brunch 1998
(Wortspielereien)
Gediegenes Flair,
in der Tischdekoration
ein Bundesfrauenstiefel.
Im Angebot
Meister-Super-Bau-Intendenten-Salat,
warme Seminaristensuppe,
Fisch und Kren-Pfeffer-Sauce,
Schwarzbrot,
Rotkraut,
Grünkerne
und Haidelbeeren,
dazu Wähltliner,
die Kellner in LIFres.
Ratlosigkeit bei den Gästen.
(Ein sehr kompaktes Wortspiel mit jenen innenpolitischen Themen, die während der Wahlkampfzeit des Jahres 1998 zur Sprache kamen.
In der dritten Zeile befindet sich eine Synthese aus den Begriffen "Bundesfrauen" und "Frauenstiefel". Es ist dies eine Anspielung auf die Aktivitäten von diversen Frauenorganisationen in den Parteien, welche feministische Themen in die Wahldebatten bringen wollten.
"Meister-Super-Bau-Intendenten-Salat" bezieht sich auf zwei der damaligen Kandidaten um das Amt des Bundespräsidenten, die evangelische Superintendentin Gertraud Knoll und den vor allem in Society-Kreisen bekannten Bauunternehmer Richard Lugner.
Die nächste Zeile erinnert an zu diesem Zeitpunkt ans Licht gekommene homosexuelle Handlungen in Priesterseminaren – Vorfälle, die ebenfalls zu einem Politikum wurden, da teilweise Minderjährige an ihnen beteiligt waren.
In der Zeile darauf findet sich eine Anspielung auf den damaligen St. Pöltner Diözesan-Bischof Kurt Krenn, in dessen Wirkungsbereich sich die zuvor beschriebenen sexuellen Handlungen abspielten – Kren mit nur einem "n" ist die österreichische Bezeichnung für Meerrettich.
Die nächsten Zeilen spielen an auf die politischen Farben von drei der wahlwerbenden Parteien.
Die Bezeichnung "Haidelbeeren" bildet ein Wortspiel mit dem Namen des sehr bekannten seinerzeitigen FPÖ-Politikers Jörg Haider.
In der Zeile darauf findet sich eine Anspielung auf die bekannte Weinsorte Veltliner.
Die vorletzte Zeile beinhaltet ein Wortspiel mit der Abkürzung der inzwischen in der Öffent-lichkeit nicht mehr präsenten Partei "Liberales Forum", welche sich 1993 von der FPÖ abspaltete.)
Heurige in Österreich
Frischzellenkuren
für jedermann!
Parlament
H i e r
hört das legendäre
österreichische
Harmoniebedürfnis
auf!
Nationalratssitzung
KRIEG
der Farben.
Wahlkampf in Wien
Heftige Balz-Rituale,
um das Weibchen "Wähler"
einzufangen.
Österreichischer Supermarkt 2005
Man kauft
rote,
schwarze,
grüne
und blaue Früchte.
Nur
die Orangen
schmecken etwas bitter.
(Parodie auf die im Jahre 2005 vor sich gegangene Abspaltung des "Bündnis Zukunft Österreich" {BZÖ} mit der Parteifarbe Orange von der "Freiheitlichen Partei Österreichs" {FPÖ}, was innenpolitisch einen kleinen Skandal auslöste – ausgedrückt durch das "bitter schmecken".)
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