1920-2023
Ottakring trauert um Komponist und Musikkritiker Walter Arlen
Komponist und Musikkritiker Walter Arlen ist im Alter von 103 Jahren verstorben. Der gebürtige Ottakringer wurde von den Nationalsozialisten vertrieben und später in Wien gewürdigt. Der Bezirk gedenkt dem Musikwissenschaftler.
WIEN/OTTAKRING. Walter Arlen wurde am 31. Juli 1920 als Walter Aptowitzer in Ottakring geboren. Seine Eltern und Großeltern betrieben das Warenhaus Dichter in der Brunnengasse. Den ersten Klavierunterricht erhielt er im Alter von fünf Jahren. Grund dafür war sein absolutes Gehör. Dieses wurde von Schubert-Forscher Otto Erich Deutsch bei Arlen erkannt.
1938 wurde das Warenhaus Dichter "arisiert". Arlens Vater wurde von den Nationalsozialisten festgenommen und seine Mutter in eine Nervenheilanstalt eingeliefert. Walter Arlen schaffte es 1939 das Land zu verlassen und wanderte zu Verwandten nach Chicago aus. Erst 1946 sah er seine Familie (Eltern und Schwester) in London wieder. Ihnen gelang ebenfalls die Flucht.
Gründer einer Musikabteilung
In Amerika angekommen, ließ der Wiener seinen Namen auf Arlen ändern und arbeitete in einem Kürschnergeschäft in Chicago. Nebenbei studierte er Komposition bei Leo Sowerby. 1952 bekam Walter Arlen ein Angebot der berühmten "Los Angeles Times". Gesucht wurde ein Musikkritiker. Für diesen Job übersiedelte Arlen nach Kalifornien. Diese Tätigkeit sollte er bis 1980 ausüben. Vorher, 1969, gründete er an der Loyola Marymount University in Los Angeles eine Musikabteilung. Dieser stand er bis 1990 vor.
2011 übergab Walter Arlen im Rahmen einer Gedenkmatinee im Volkstheater seinen Vorlass der Wienbibliothek im Rathaus. Walter Arlen erhielt in diesem Jahr das Goldene Verdienstzeichen des Landes Wien, 2015 wurde ihm beim Ottakringer Vernetzungscocktail der Goldene Rathausmann verliehen.
"Walter Arlen war nicht nur ein ausgezeichneter Musiker und Musikkritiker sondern auch eine herausragende Persönlichkeit, die sich Zeit seines Lebens für Miteinander und Versöhnung stark gemacht hat. Er selbst hat sich immer als Wiener gesehen und war als Zeitzeuge für viele Projekte eine Schlüsselrolle. Walter Arlen bleibt in Ottakring unvergessen", sagt Bezirksvorsteher Franz Prokop (SPÖ) zu dessen Ableben.
Arlen in Ottakring
Im März 2008 wurde am Yppenplatz im 16. Bezirk die Installation "Säulen der Erinnerung" eröffnet. Bei diesem Kunstprojekt wurden Künstlerinnen und Künstler eingeladen, drei Litfaßsäulen für einen bestimmten Zeitraum zu gestalten. Grundlegendes Thema war die Verbindung von Zeitgeschichte und Erinnern im öffentlichen Raum. Der Kontext der Kunstinstallationen wird durch folgende permanente Inschrift verdeutlicht: "Walter Arlen PIAZZA Edith Arlen, Im Zeichen der Erinnerung an alle Opfer des Nationalsozialismus - Säulen der Erinnerung"
Am 22. Oktober 2013 wurde an der Fassade des Dichterhofs in Ottakring, Ecke Grundsteingasse/Brunnengasse, eine Gedenktafel enthüllt, die an das Wirken und Schicksal der jüdischen Familie Dichter erinnert. An diesem Ort betrieb die Familie bis 1938 ein Warenhaus. Ebenfalls 2013 erschien das Buch „Jüdisches Leben in der Wiener Vorstadt – Ottakring und Hernals“ von Evelyn Adunka und Gabriele Anderl in dem Arlens Leben ausführlich porträtiert wird.
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