Malfahrt nach Tamsweg
Malfahrt? Nie gehört! Was soll das sein?
Ganz einfach: Es handelt sich um eine einmalig schöne, vom ausgiebigen Gebrauch der Dampfpfeife, sowie von Klängen aus einer steirischen Harmonika untermalte Reise mit dem historischen Dampfbummelzug der Murtalbahn durch die malerische Landschaft am Oberlauf der Mur.
Vier Stunden dauert allein das Anheizen der aus den Anfangsjahren der Murtalbahn stammenden, mittlerweile hundertzwölf Jahre alten Dampflok, die erste Wasseraufnahme, das erste Stillen ihres Hungers nach Kohle. Dann kann die Fahrt auf der "Bosnischen Spurweite" von 760 mm, auf welche man seinerzeit aus der Haupt- und Residenzstadt Wien bei Schmalspurbahnen bestanden hatte, beginnen.
Von Murau aus geht es mit neun Waggons zunächst in zwanzig Minuten nach St. Lorenzen ob Murau. Materiell mögen ja viele ihrer Passagiere seinerzeit, in den ersten Jahrzehnten des Bestehens dieser Bahn, wesentlich schlechter gestellt gewesen sein, als wir es heute sind. Wovon man aber sicherlich wesentlich mehr hatte, das war Zeit, und die nahm man sich damals auch. Was eine solche Reise zu einem völlig anderen Erlebnis macht, als wir es in der Gegenwart üblicherweise gewohnt sind. Fernab von Hektik und Stress heutigen Verkehrsgeschehens, mutet einem das gelegentliche Erreichen der Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h in diesem Zug fast überraschend schnell an. Damals hat man die auf der ganzen Strecke erreichten Geschwindigkeiten wohl eher als Sensationen und Vorboten eines Lebensgefühls kommender Zeiten wahrgenommen.
Stell dir vor, es geht das Licht aus: Auf dem ersten Teilstück liegt nämlich auch das mit 120 Metern längste Tunell der ganzen Strecke, während später noch mehrmals kürzere Tunnels durchfahren werden. Wie viele Male mögen diese wohl schon, in ihrer über hundertjährigen Geschichte und in weniger freizügigen Zeiten, verliebten Paaren Gelegenheit zum Austausch erster, heimlicher Busserl geboten haben?
Nach einer weiteren halben Stunde vorbei am Kreischberg, an St. Ruprecht, Falkendorf, Hagendorf und anderen Ortschaften, folgt der nächste Halt in Stadl an der Mur. Hier darf das alte Dampfross wieder seinen immensen Durst stillen. Mittels eines alten Wasserkrans wird Wasser zur Dampferzeugung aufgenommen. Damit die Lok - selbst in ihrem hohen Alter - die Gelenke etwas weniger schmerzen, werden hier und bei weiteren Aufenthalten die Lager der Treibstangen durch die Lokmannschaft mehrmals tüchtig geölt. Die Passagiere haben ja die ganze Fahrt über die Möglichkeit, sich im mitgeführten Waggon "Murtalbar" mit Getränken, Snacks und Süßigkeiten zu versorgen, für die jüngsten Fahrgäste steht im Wagen "Sagenhafte Murtalbahn" auch Platz für etwas mehr Bewegung zur Verfügung. Während der gesamten Fahrt unterhält ein Musikant auf seiner Knöpferlharmonika in den Waggons und auf den Bahnsteigen die Reisenden mit steirischen Weisen, darunter auch einem eigenen Murtalbahnlied.
Erfrischt durch diese Rast geht es dann weiter, vorbei an Einach und Predlitz, über die Landesgrenze hinüber nach Salzburg. Vom Oberlauf der Mur aus grüßen aus Rafting-Booten oftmals jene herüber, welche die Gegend lieber vom Wasser aus erkunden, als vom stählernen Band der Murtalbahn-Geleise.
Nach knapp 37 Kilometern, einer Reisezeit von einer Stunde und vierzig Minuten, sowie nach der Überwindung von 203 Höhenmetern, erreicht der Bummelzug schließlich sein Ziel Tamsweg im Salzburger Lungau. Dort ist Gelegenheit für ein ausgiebiges Mittagessen, oder eine zünftige Jause, ehe sich der Zug wieder auf den Weg macht, zurück in die Steiermark, hinunter nach Murau. Nicht nur, weil es nun leicht bergab geht, sondern auch, weil auf der Rückfahrt kein Wasser aufgenommen zu werden braucht, dauert die Rückfahrt nur eineinhalb Stunden. Geölt werden muss trotzdem, jedes Mal, wenn ein Halt erfolgt. Hier gilt der Spruch "Wer gut schmiert, fährt gut" noch in seiner ursprünglichsten Form. Wie eine Zeitreise in die Vergangenheit, so wirkt es oftmals, das tolle Erlebnis einer Fahrt durch das obere Murtal mit dem Dampfbummelzug der Murtalbahn.
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