Florian 2023
Die Pragmatikerin mit dem großen Herzen

Gemeinde-Buchhaltungschefin Imen Plank, selbst mit tunesischen Wurzeln, und die Syrerin Nermin wissen Hildegard Straussbergers Pragmatismus im Umgang mit verschiedensten Kulturen zu schätzen. | Foto: Eckhart Herbe
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  • Gemeinde-Buchhaltungschefin Imen Plank, selbst mit tunesischen Wurzeln, und die Syrerin Nermin wissen Hildegard Straussbergers Pragmatismus im Umgang mit verschiedensten Kulturen zu schätzen.
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Nahezu ihr ganzes Leben hat Hildegard Straussberger damit verbracht, Menschen in sozialer Not im Beruf und im Ehrenamt beizustehen. Mit einem beeindruckenden Pensum an Projekten und Kompetenzen hilft sie bis heute Einheimischen wie Fremden, wieder im Alltagsleben Fuß zu fassen. Eine starke Frau, die stets hinschaut und hilft, ohne zu diskutieren. Und eine würdige Kandidatin für den Florian 2023.

ST.GEORGEN/GUSEN.

"Arbeit für und mit Menschen am sozialen Rand ist nichts für Romantiker. Mit Blauäugigkeit und gut gemeintem, aber unreflektiertem Aktionismus wird man nicht erfolgreich sein, wenn man den Betroffenen wirklich helfen will!" 

Wenn Hildegard Straussberger scheinbar taff und pragmatisch über jenes Genre spricht, das beruflich seit 1972 und seit 2015 im Ruhestand ihr Leben prägt , dann muss man dazu unbedingt das warme Leuchten in ihren Augen sehen. Etwa, wenn sie, wie beim Termin mit der BezirksRundSchau, mit der Syrerin Nermin beim St. Georgener Genussmarkt Kuchen und Teigtascherl verkauft. "Die Nermin trainiert ihr Deutsch und lernt dabei auch die Leute kennen - immer gut, um schnell Teil von St. Georgen zu werden", verrät sie, während sie ihren Schützling anstrahlt und ein ebensolches Lächeln als Erwiderung erhält. 
Hinter der resoluten 70-Jährigen steckt eine hochkompetente, vielfach engagierte Verbündete für Menschen in Not. Eine Anpackerin, die gerade in unserer zunehmenden Ellbogengesellschaft unverzichtbar ist. Egal ob Flüchtlinge aus aller Herren Länder, ob Frauen in Ausnahmesituationen oder an der Bürokratie verzagende Mindestpensionisten - Hilde hilft.

"Finde rasch Zugang zu Wildfremden"

Begonnen hat ihre soziale Laufbahn in der Sanitätsabteilung der BH Linz-Land. "Wir hatten damals anlässlich der Großbaustelle des Donaukraftwerks Ottensheim-Wilhering viele Gastarbeiter aus aller Herren Länder zu betreuen - etwa bei Untersuchungen für Gesundheitszeugnisse oder um die Hygiene in den Massenunterkünften sicherzustellen. Da galt es, unterschiedlichsten Kulturen viel zu erklären. Man hat mir dabei attestiert, dass ich mit wildfremden Leuten schnell gut ins Gespräch finde. So bin ich nach den nötigen Dienstprüfungen hausintern in die Sozialhilfeabteilung  gewechselt und dort bis zur Pension geblieben", erzählt Hilde.

Zweifellos ein harter Job, dem sie sich als erste Frau in dieser Position stellte: Soziale Brennpunkte wie die früheren gigantischen Wohnsilos am Harter Plateau, Haftentlassene, Prostitution, Drogen und Delogierungen aus vermüllten Wohnungen - alles hat sie erlebt. Sie wurde im Büro mit einem Messer attackiert und fungierte im gleichen Raum sogar als Hebamme, als bei einer Asylwerberin aus Ex-Jugoslawien plötzlich die Wehen einsetzten. "Bis die Rettung gekommen ist, war das Baby schon da. Was hätte ich tun sollen? Lang reden hilft nichts. Ich habe einen Arbeitsmantel untergelegt und bin der Frau beigestanden. Mit 'meinem' längst erwachsenen Bürobaby hab' ich noch immer Kontakt", verrät Hilde augenzwinkernd.

Pragmatismus und Tatkraft als Markenzeichen

Menschlich handeln statt lange diskutieren und das mit einem realistischen Plan: So werkte die Powerfrau nahtlos seit ihrer Pensionierung ehrenamtlich in St. Georgen weiter. Bei der großen Fluchtbewegung aus Syrien 2015 marschierte sie mit Hilfs- und Hygienepaketen durch die Flüchtlingszüge der ÖBB, erlebte mit allen Sinnen die individuellen Tragödien jedes Einzelnen. Daheim im Ort half sie dem Koordinator der Volkshilfe, einst selbst Flüchtling im Bosnienkrieg, eine große Zahl Asylwerberfamilien menschenwürdig unterbringen und dabei von Anfang an Netzwerke mit den Einheimischen aufzubauen. Zugute kommt Hilde bis heute dabei, dass sie ein wenig Arabisch kann, "allerdings nur sprechen". Das hilft enorm, um Vertrauen aufzubauen und kulturelle Missverständnisse zu vermeiden. Und als Frau gerade Asylwerberinnen aus streng patriarchalisch geprägten Ländern wie Afghanistan Mut zur Selbstbestimmtheit zu geben. "Frauen, die durch Unterordnung und Abhängigkeit vom Mann von Kindheit an geprägt wurden, ist für uns Österreicherinnen Selbstverständliches nur mit viel Geduld zu vermitteln. Da wird selbst ein Gynäkologentermin zur Mutter-Kindpass Untersuchung eine Herausforderung", so eine oft erlebte Erfahrung.

Asyl, Wohnung, Job, Integration

Die ausgewiesene Expertin ist im Arbeitskreis Integration, im Sozialausschuss als SPÖ-Gemeinderätin, im SP-Bezirksbüro und bei der Mobilen Flüchtlingsbetreuung der Volkshilfe beratend für in- und ausländische Hilfesuchende aktiv. Rat und Tat für verzweifelte Mindestpensionisten gehören ebenso dazu wie Job- und Wohnungssuche oder Vorbereitung und Begleitung bei Asylverfahren für Flüchtlinge. Dafür übt sie mit ihren Schützlingen Bewerbungen und Vorstellungsgespräche, initiiert Kontakte zu potentiellen Arbeitgebern. Hilft leistbare Wohnungen nach Erteilung des Bleiberechts zu finden und dabei gleich gute Nachbarschaften aufzubauen. Ebenso beim Projekt der SPÖ und des GVV "Gemeinsam in voller Vielfalt", wo Einheimische und Neubürger aus verschiedensten Herkunftsländern und Kulturen bei vielen Gelegenheiten entspannt mit- und übereinander kommunizieren. Alles wichtige Bausteine zu nachhaltiger Integration.

Herzensprojekt Kinderschwimmkurs

Auf den Sommer freut sich Hilde Straussberger immer besonders: Denn da gibts von der fünffachen Oma (Über)Lebenshilfe auf ganz anderer Art: Sie bringt ihren großen und kleinen "Klienten" im Freibad Schwimmen bei. Schon bei uns nicht mehr selbstverständlich, ist diese Fertigkeit bei Menschen aus kargen Wüstenländern, die weder Meer noch See oder gar einen Pool vor der Haustür haben, völliges Neuland. So ist sie im Becken meist von einer fröhlich kreischenden Kinderschar aus aller Herren Ländern umgeben, die dann auch so manchen Elternteil animiert, sich ins nasse Element zu wagen. Dann ist es wieder besonders gut zu sehen: Das Leuchten in Hildes Augen.

Zur Sache – jetzt nominieren!

• Der "Florian – Preis fürs Ehrenamt" wird alle zwei Jahre vergeben.

• Die BezirksRundSchau holt in Kooperation mit dem Land Oberösterreich, der Oberösterreichischen Versicherung und dem ORF Oberösterreich jene Menschen vor den Vorhang, die sich im Bereich Ehrenamt besonders engagiert haben.

• Im Rahmen des „Florian – Preis für Ehrenamt“ wird eine Jury alle eingereichten Bewerbungen und Nominierungen beurteilen und Bezirkssieger sowie einen Landessieger küren.

• Nachwuchs-Helfer bis 25 Jahre werden mit dem Sonderpreis "Jung & Engagiert" gekürt. Das Online-Voting findet von 1. bis 16. April statt.

• Sie kennen jemanden, auf der sich für seine Mitmenschen engagiert oder sind selber ehrenamtlich tätig? Dann nominieren beziehungsweise bewerben Sie sich jetzt bis 26. März unterMeinBezirk.at/Florian

Gemeinde-Buchhaltungschefin Imen Plank, selbst mit tunesischen Wurzeln, und die Syrerin Nermin wissen Hildegard Straussbergers Pragmatismus im Umgang mit verschiedensten Kulturen zu schätzen. | Foto: Eckhart Herbe
Pragmatisch, menschlich, erfolgreich: Hildegard Straussberger (links), hier mit der Syrerin Nermin, weiß auch den St. Georgener Genussmarkt für ihre humanitäre Arbeit zu nutzen. | Foto: Eckhart Herbe
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