Einwanderer aus dem Süden
Schönes Detail des Klimawandels: Blaue Holzbienen erobern das Mühlviertel

- Keine blaue Hummel, sondern die prächtige Große Holzbiene ist immer öfter in unseren Gärten zu sehen.
- hochgeladen von Eckhart Herbe
Ein prächtiges, ausgesprochen friedliches und nützliches Insekt erobert zunehmend das Mühlviertel. Früher nur im Süden zuhause ist die riesige Große Holzbiene immer öfter auch bei uns als fliegender blauer Edelstein zu sehen.
St.Georgen/Gusen. "Schau mal Papa, da bohrt irgendwas Großes in unserem Baumstamm!" Was Livia, die kleine Tochter des St.Georgener Ortsberichterstatters am Schwemmholzensemble, das neben dem Hauseingang als Blumenständer dient, entdeckt hat, ist in der Tat eindrucksvoll. In hohem Bogen fliegen Holzspäne aus einem Astloch, in dem ein dumpfes Brummen deutlich hörbar ist. Wenig später hat dann die Bauherrin ihren großen Auftritt. Eine fast hornissengroße, metallisch blau schimmernde Biene verlässt ihr neues Eigenheim und hebt zum Nektarsammeln ab. Sie erinnert mit ihrer dichten schwarzen Körperbehaarung eher an eine Hummel, ist aber ein geschickter Flieger. Eine imposante Erscheinung ist die Große Holzbiene (Xylocopa violacea) allemal. Mit bis zu 28 mm Körpergröße ist sie größer als alle heimischen Bienen. Beim Fliegen entsteht ein dumpfes Brummen, das oft für entsprechendes Aufsehen sorgt.
Einwanderung übers Donautal
Grund zur Panik vor Stichen besteht nicht. Gegenüber Menschen sind diese Bienen völlig harmlos , nur in größter Gefahr verwendet sie ihren Stachel zur Verteidigung. "Die Große Holzbiene ist wärmeliebend, dementsprechend liegt ihr Hauptverbreitungsgebiet in Süd- und Südosteuropa. Mit der zunehmenden Klimaveränderung breitet sie sich zusehends auch nach Norden aus. Bei uns wandert sie entlang der Donau aus Pannonien ein. Sonnenbeschienene Lebensräume mit entsprechenden Nistmöglichkeiten in Totholz werden bevorzugt. Die Große Holzbiene zählt zu den Wildbienen und steht unter Naturschutz", weiß der St. Georgener Wissenschaftler Fritz Gusenbauer, Entomologe (Insektenkundler) am Linzer Biologiezentrum.
Totholz als Kinderstube
Große Holzbienen freuen sich über blüten- und totholzreiche Waldränder und Gärten. Sie bevorzugen Schmetterlings- und Lippenblütler als Futterpflanzen. Beide Geschlechter überwintern an geschützter Stelle, verlassen oft schon im März ihr Winterquartier, paaren sich im Frühjahr und leben dann noch bis etwa Jahresmitte. Die Weibchen nagen eine bis zu 30 cm lange Brutröhre in sonnenwarmes trockenes Totholz. Sie tragen einen Pollen- und Nektarvorrat in die Röhre, legen ein Ei darauf und verschließen sie durch mit Speichel verleimte Holzspäne. Bis zu 15 "Kinderzimmer" entstehen so. Die geschlüpften Larven sind schon nach drei Wochen ausgewachsen und verpuppen sich dann. Insgesamt dauert die Entwicklung zum flugbereiten Tier rund zehn Wochen. Bereits im Sommer kann man diese nächste Generation beobachten. Meist ist sie standorttreu, das heißt die Bienen kehren als "Eltern" dorthin zurück, wo sie geschlüpft sind.
"Etwas Wildnis lockt viele Besucher"
In Insektenhotels zieht die Große Holzbiene kaum. "Do it youself" ist angesagt, der Gang wird persönlich genagt. "Wer ihr und vielen anderen, meist bodenbrütenden Wildbienenarten etwas Gutes tun will, platziert an geeigneten Stellen Totholz, lässt einen abgestorbenen Ast bestehen, sorgt für offene trockene Böden oder warme Erdwände, wo sie Bruthöhlen anlegen können. Und natürlich für ein reiches Blütenangebot, denn viele Bienen haben nur ganz bestimmte Pflanzen als Nahrungsquelle. Von dieser Vielfalt profitieren letztendlich alle im Garten - auch wir Menschen" bricht Gusenleitner die Lanze für zumindest einige Flecken "echte" Natur rund ums Haus.



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