Abschlussstatement Menschenrechtesymposium
Starkes Zeichen, klarer Appell und Tiefschlag danach
Engagierte Teilnehmer, spannende Themen und das verbindende Gemeinsame im Einsatz für Humanität im Fokus: Das 6. Internationale Menschenrechtesymposium ging am 9. November, dem 84. Jahrestag der Reichspogromnacht, mit der Verlesung des erarbeiteten Abschlussstatements und einer Lichtaktion in Langenstein zu Ende. Wie wichtig es ist, auf allen Ebenen jeden Tag aufs Neue Verantwortungsbewusstsein, Menschlichkeit und Zivilcourage ins Bewusstsein zu rufen, zeigte ein bundespolitischer Tiefschlag nur drei Tage danach.
LANGENSTEIN, MAUTHAUSEN, ST.GEORGEN. Es war eine bunte Gruppe, quer durch alle Alters- und Gesellschaftsschichten, Funktionen, Religionen und Parteien, die vor dem Gemeindeamt in Langenstein mit Worten, Musik und einem warm leuchtenden Friedenssymbol aus unzähligen Teelichtern auf ganz individuelle Weise ein Zeichen gegen grausame, erniedrigende und unmenschliche Handlungen setzten. Gegen Taten und Worte, welche den Boden für Folter, dem Schwerpunkt des diesjährigen Symposiums, seit Jahrtausenden aufbereiten.
Jugend zwischen Krise und Wertesuche
Lena Wagner und Manuel Hofstätter reflektierten in ihrem Statement auf treffende Weise aus jugendlicher Perspektive Irrwege, Verführungen, Populismus und Info-Overkill, die es jungen Menschen immer schwieriger macht, einen eigenen positiven Weg für sich selbst und die Mitmenschen zu definieren. In die gleiche Kerbe schlug auch Hip-Hopperin Snessia, die eine an unzähligen Stellen gleichzeitig aus den Fugen geratende Welt - Dauerkrisen, Krieg und Orientierungslosigkeit , Zukunftsangst und Wertesuche - in treffenden Worten rappend beschrieb. Aber ebenso kraftvoll Mut vermittelte, es jetzt erst recht besser zu machen.
Krieg, Revolution und WM-Sklaven
Drei Elemente prägten den humanitären Appell, der mit dem Entzünden eines großen Friedensymbols aus Teelichtern zum Ausdruck gebracht wurde: Krieg und Flucht - der Ukrainekonflikt bekam in der Schilderung von Anastasia Rakhimi aus der terrorisierten Millionenstadt Charkiv ein Gesicht und eine Stimme. Die Menschenverachtung eines der reichsten Länder der Welt, das "zur Abschreckung" und aus Mangel an politischem Lösungswillen Schutzsuchende in nassen, ungeheizten Zelten als Justament-Standpunkt demütigt, ist die hässliche Seite einer Haltung, die leider in Teilen Österreichs Usus ist.
Gleich zwei Schauplätze von Folter und Entwürdigung im Nahen Osten fanden symbolisch den Weg in die Mitte des Friedenszeichens: Die Fahne des Iran, wo eine begeisternd tapfere, junge und weibliche Protestbewegung den Folterknechten und religiösen Tyrannen die Stirn bietet. Und ein Fußball, der auf der anderen Seite des Persischen Golfes an eine gekaufte WM in Katar erinnert. Ein Land, bei dem die Welt jahrzehntelang vor Sklaverei und Ausbeutung von Millionen Fremdarbeitern die Augen verschloss. Wo jetzt offiziell politisch korrekt protestiert wird, während man sich zur gleichen Zeit Gas des gleichen Regimes sichert.
Selbe Ignoranz einst wie heute
Ein für viele Anwesende unbekanntes Faktum, aber eine in Bezug zum aktuellen Umgang der EU mit Flüchtlingen beschämende Parallele, vermittelte Historiker Christian Dürr, Kurator der KZ-Gedenkstätte Mauthausen, in seinem Input zu den Hintergründen der Reichspogromnacht 1938: Wenige Monate zuvor debattierten die wichtigsten Staaten Europas, die USA, Mexiko und mehrere lateinamerikanische Länder bei der Konferenz von Evian (Frankreich) über Aufnahmequoten für jüdische Flüchtlinge aus Deutschland. Kein Staat zeigte Haltung, keiner nahm die vom Tod Bedrohten auf - außer den beiden kleinen armen Inselstaaten Haiti und Dominikanische Republik, die anboten, 10.000 Juden Schutz und Hilfe angedeihen zu lassen. Die menschenverachtende Taktik der EU und auch Österreichs, 84 Jahre später wieder Schutzsuchende als Spielball populistischer Politik oder zur Ablenkung von aktuellen Problemen zu missbrauchen, zeigte die Notwendigkeit, Menschenrechte täglich neu zu schützen, einmal mehr eindringlich auf.
Tiefschlag: Menschenrechte in Frage gestellt
Wie eindringlich, zeigte sich nur drei Tage später: VP-Klubchef August Wöginger stellte unter dem Applaus der FPÖ die Gültigkeit und Aktualität der Erklärung der Menschenrechte in Frage. Man müsse sie anpassen, manches, was früher Gültigkeit hatte, müsse in heutigem Licht anders betrachtet werden. Es gibt angesichts der aktuellen Ereignisse wohl kaum einen unwürdigeren Zeitpunkt, um eine populistische Brandfackel wie diese auszupacken.
Leider ebenfalls ein Faktum: Auch wenn beim Symposium in Grußbotschaften und Reden Humanität, Solidarität und Zivilcourage groß gefordert und versprochen wurden - zu einer öffentlichen Distanzierung von dieser "Watsch'n" für die Anliegen des Menschenrechtesymposiums hat sich keiner von Wögingers Parteifreunden aus dem Bezirk bis Redaktionsschluss durchringen können....
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